Essen. . Casting im Delta-Musikpark: Für „Unser Star für Baku“ standen rund 200 Nachwuchssänger an. Jury-Mitglied Thomas D. war allerdings nicht vor Ort. Die aufgezeichneten Konzerte schaue sich der Hip Hop-Star zu Hause an, hieß es.

Live im Radio. Bis zu 3,3 Millionen Zuhörer. In weniger als einer Minute. „Wer hätte heute Morgen gedacht, dass wir auf Eins Live zu hören sein werden?“, fragt Sven Baumgarten und grinst seine Kollegen von der Rockband „Extended“ an. Die vier Musiker zucken erfreut mit den Achseln: Mit so einer Chance hatte keiner von ihnen gerechnet.

Rückblende: Am Samstagmorgen, 10 Uhr, tragen der Essener Baumgarten und seine Freunde und Bandkollegen aus Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum ihre Instrumente über den Geröllplatz vor dem Delta Musik Park. Am Eingang der Diskothek stehen bereits rund 200 junge Menschen in einer langen Schlange, Gitarrenkoffer geschultert, die Melodien bekannter Pop-Lieder auf den Lippen.

200 Künstler pro Tag

Sie alle warten auf ihre große Chance: Die TV-Produktionsfirma Brainpool soll im Auftrag von ProSieben und ARD und in Kooperation mit dem Radiosender Eins Live junge Talente für eine Casting-Show suchen. Allerdings nicht irgendeine: Der Gewinner der für 2012 angesetzten Sendung „Unser Star für Baku“ könnte Deutschland beim „Eurovision Songcontest“ in Aserbaidschan vertreten und an die Erfolge von Lena Meyer-Landrut anknüpfen. Die Konkurrenz ist groß: 24 Castings haben während der vergangenen Wochen stattgefunden, pro Tag sollen sich bis zu 200 Künstler im Internet angemeldet haben.

Beim Vorentscheid sind sie erst einmal nur eine Nummer: 43056 oder 43121 - in kleinen Gruppen ruft Produktionsleiter Thomas Pardella die vielen Hobby-Stimmchen um die Anfang 20 und einige wenige hauptberufliche Sängern auf, die das Bistro des Delta füllen. Anderson Woiwode aus Dorsten ist beim nächsten Schwung dabei. „Ich werde etwas von Xavier Naidoo singen“, sagt der 20-Jährige, wippt dabei nervös mit den Füßen. Zur Unterstützung hat er zwei Rapper seiner Hip-Hop-Band mitgebracht. „Hoffe, das gefällt Thomas D..“

Thomas D., Mitglied der Hip-Hop-Gruppe „Fanta Vier“ und Juryvorsitzender bei „Unser Star für Baku“, ist allerdings gar nicht da: Stattdessen erwartet die aufregten Künstler in einem Anbau auf dem Hinterhof des Delta eine Filmkamera, davor ein Stern, auf den grelle Scheinwerfer gerichtet sind. Die aufgezeichneten Mini-Konzerte von rund einer Minute schaue sich Thomas D. zu Hause an, heißt es, gemeinsam entscheide die Jury bis Dezember, welche 20 Sänger sie zur Sendung einlädt.

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Sarah Millan zittert noch immer, als sie die Tür zum Casting-Raum ins Schloss fallen lässt. „Vor dem Singen muss man etwas über sich sagen, ich war so aufgeregt, da habe ich richtigen Mist erzählt.“ Eine Blondine eilt mit ebenso finsterer Miene vorbei: Weil sie noch nicht volljährig ist, durfte sie gar nicht erst singen.

„Der Kameramann hat mit dem Fuß gewippt“

Derweil kichern Konkurrentinnen miteinander, während sich Lisa Honemann, Frontfrau der Ruhrgebiets-Gruppe „Extended“, einsingt. „Wir treten mit unseren eigenen Stücken auf, damit wollen wir uns von der Masse abheben.“ Eine Minute später ist das geschafft: Entspannt marschieren die Fünf aus dem Casting. Gut gelaufen? „Der Kameramann hat mit dem Fuß gewippt“, sagt Baumgarten.

Damit nicht genug: Weil die Mitglieder von „Extended“ aus dem ganzen Revier und damit Sendegebiet von „1Live“ stammen, will sie der Reporter Peter Schultz interviewen. Live sollen sie spielen. Für bis zu 3,3 Millionen Zuhörer. In weniger als einer Minute - ist alles vorbei. „Macht weiter“, lobt Schultz. „Das war wirklich gut.“