Essen. . Vor fünf Jahren nahm Essen in der Unfallstatistik im bundesweiten Vergleich einen traurigen Spitzenplatz ein. Nun schnellen die Zahlen wieder nach oben: 2011 wurden bislang 194 Kinder, die als Fußgänger im Straßenverkehr unterwegs waren, bei Unfällen verletzt.

Es schien so, als hätten sie die Kurve gekriegt. Als hätten sie die Zeiten endgültig hinter sich gelassen, als Essen in der Unfallstatistik im bundesweiten Vergleich einen traurigen Spitzenplatz einnahm. Fünf Jahre liegt es nunmehr zurück, dass in keiner anderen Großstadt in Deutschland so viele Kinder verunglückten wie in dieser. Doch als hätte jemand das Steuer wieder herumgerissen, schnellen die Zahlen wieder nach oben. 2011 wurden bislang 194 Kinder, die als Fußgänger im Straßenverkehr unterwegs waren, bei Unfällen verletzt, berichtet Uwe Rippke, Polizeihauptkommissar und Leiter der Verkehrssicherheitsberatung.

Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies schon jetzt einem Plus von 24 Prozent. Da notierten die Polizeistatistiker 154 verletzte Kinder im Alter bis 15 Jahren.

Noch hat das Innenministerium für das Land NRW keine Zahlen für 2011 veröffentlicht. So viel aber lasse sich sagen, berichtet Rippke: Die Essener liegen im Trend. Landesweit steigen die Unfallzahlen, das gelte für Blechschäden wie für folgenschwere Unfälle mit Verletzten oder gar Toten. „Warum, weiß niemand“, zeigt sich der Verkehrssicherheitsexperte ratlos.

Zunehmende Zahl an Geschwindigkeitsüberschreitungen

Für die Ursachenforschung liefert das Ordnungsamt ein Indiz: „Wir stellen fest, dass die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen steigt“, berichtet Rüdiger Wittkat, Leiter der Verkehrsüberwachung. Rund 130.000 Autofahrer wurden in diesem Jahr auf städtischen Straßen geblitzt, weil sie zu schnell unterwegs waren - ohne, dass die Verkehrsüberwacher ihren Aufwand übrigens im Vergleich zu 2010 erhöht hätte, wie Wittkat betont. Zum Jahresende dürfte die Zahl der Verkehrssünder nach Einschätzung des Ordnungsamtes um 7000 bis 10.000 über der des Vorjahres liegen.

Auch hier sei Essen statistisch betrachtet kein Ausreißer nach oben. Im Innenministerium in Düsseldorf denken sie eifrig darüber nach, wie die Polizei Raser bremsen kann.

Da mag es trösten, dass in Essen in diesem Jahr bislang weniger Kinder auf dem Schulweg verunglückten. Im Vergleich zu 2010 ging deren Anteil von 23 Prozent auf 18 Prozent zurück - was die Polizei nicht den 72 Spannbändern der Verkehrswacht mit der Aufforderung „Tempo runter, bitte! Schulanfang!“ zuschreiben will, die zum Beginn eines jeden Schuljahres angebracht werden.

Problembereich Schulen

Die letzten Spannbänder wurden gestern wieder entfernt. Prävention tut dennoch nach wie vor Not. Das gelte leider nach wie vor ausgerechnet für Eltern, die ihren Nachwuchs mit dem Auto zur Schule bringen, bedauert Karl-Heinz Webels, Leiter der Verkehrswacht. Sie führen vor der Schule häufig viel zu schnell oder ließen Kinder zur Fahrbahn aussteigen. Nicht selten seien Kinder im Auto nicht ausreichend gesichert.

Die Verkehrswacht setzt auf bessere Einsicht und auf ehrenamtliches Engagement - und tut sich doch gerade bei Schulen schwer: Nur noch an zwei Schulen in der Stadt gibt es Schülerlotsen.