Essen. Schriftstellerin Gesine Schulz trug ihre Idee bei Wikipedia in die Liste der Gedenktage ein. Inzwischen reagieren Politik und Gewerkschaften. Bei Twitter ist sie selbst als Karo Ruthkowsky unterwegs, Protagonistin ihrer Krimis und - natürlich - Putzfrau.
Gesine Schulz putzt gar nicht gern. Dennoch verdanken die Reinigungskräfte der Schriftstellerin aus dem Südostviertel den heutigen internationalen Tag der Putzfrau.
„Sie leisten harte, körperliche Arbeit, sind oft schlecht bezahlt und werden von oben herab angeschaut“, argumentiert die Autorin. Die den Ehrentag samt Eintrag im Internet zwar nicht mit großem Ehrgeiz anging, sagt sie heute. Mit dem Hinweis auf die Situation vieler Putzfrauen habe sie es aber durchaus ernst gemeint. Ihr Motto sei „Eine Rose für die Putzfrau“ gewesen, eine rein weiße natürlich.
Zweites Standbein
Bis 2004 existierte der Welt-Putzfrauentag nicht. Damals recherchierte Gesine Schulz im Internet für einen Roman und blieb bei Wikipedia, der Internet-Enzyklopädie, hängen. Auf der Liste der Gedenktage fand sie da schon den Tag des Butterbrotes. Die gelernte Bibliothekarin fragte sich, ob man Bundeskanzler oder UN-Mitglied sein müsse, um solche Tage auszurufen. Muss man nicht, fand sie heraus und trug am 8. November den Tag der Putzfrau ein.
An dem Tag ist ihre Krimi-Figur Karo Rutkowsky geboren. Die ist nicht nur Privatdetektivin mit schäbigem Büro in der Lichtburg, sie ist auch Putzfrau, die schwarz arbeitet und die Villen der Reichen im Süden der Stadt säubert.
Warum Karo Rutkowsky gerade diese beiden Jobs hat? „Ich habe eine Privatdetektivin gewählt, um glaubhaft zu machen, warum sie ständig in Kriminalfälle stolpert“, erklärt Gesine Schulz. Weil die Krimifigur aber nicht gleich als erfolgreiche Detektivin durchstarten konnte, brauchte sie ein zweites Standbein.
Großes Fachwissen
Zu der Zeit kam Gesine Schulz ins Gespräch mit einer Putzfrau. Einer, die ihre Putzkunden im Griff hat. Selbstbewusst sei sie gewesen, auf Augenhöhe mit ihren Arbeitgebern. Von ihr hat die Schriftstellerin auch diskrete Dönekes erfahren. Immerhin arbeiten Putzfrauen auch in ganz privaten Bereichen in einer Vertrauensstellung. Der Beruf passte zu Karo Rutkowsky, die verdeckt ermittelt. So gab es erst den Krimi und später die Idee zum Ehrentag.
Die Schriftstellerin hat bei ihrer Arbeit an den Krimis weitere Putzfrauen kennengelernt. Es sind Rentnerinnen, die stolz auf ihre Tätigkeit seien. Studentinnen oder Frauen mit halber Stelle, die nebenbei putzen. Die typische Putzfrau wie sie zu Karneval auf der Bühne stehe, gebe es nicht, sagt die Autorin. Auch wenn manche durchaus mit Kittel und Kopftuch arbeiten. Und mit großem Fachwissen. „In Krankenhäusern hängen Leben von ihnen ab.“
Statistisches Bundesamt
Dass sich Gesine Schulz dann mit ihrem Gedenktag durchgesetzt hat, daran ist wohl auch ihre Hartnäckigkeit Schuld. Denn den ersten Eintrag löschte Wikipedia gleich. Sie trug ihn wieder ein und erzählte vielen Leuten von ihrer Idee. Es brauchte ein paar Anläufe, bis der Tag in der Liste stehen blieb. „Vielleicht hat jemand recherchiert und schon etwas dazu gefunden“, vermutet Gesine Schulz.
Heute steht auch ihr Name als Erfinderin bei Wikipedia. Im Internet schlüpft sie selbst in die Rolle der Privatdetektivin und Putzfrau und twittert als Karo Rutkowsky.
Auf den Gedenktag hat inzwischen das Statistische Bundesamt reagiert und Zahlen zum Anteil der Putzmänner herausgegeben. Lob für die Idee gab es für die Essenerin von Politikern aus Berlin. 2010 wurde der Tag auf Mallorca begangen. Die Baugewerkschaft ruft für den heutigen Tag der Putzfrau zu Wertschätzung, gerechter Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen auf.
Stärkeres Selbstbewusstsein
Mit solchen Auswirkung habe Gesine Schulz nicht gerechnet. Glaubt auch nicht, dass irgendeine Firma ihn zum Anlass nimmt, um zum Beispiel Mitarbeiterinnen den enormen Zeitdruck zu nehmen. Aber es freue sie natürlich, dass sich im Laufe der Jahre so viele des Themas angenommen haben. Das stärke mancher Reinigungskraft vielleicht das Selbstbewusstsein, hofft sie. Vielleicht gibt es irgendwann dann auch eine Blume zum Tag der Putzfrau.
Apropos putzen: „Fenster mag ich am wenigsten“, verrät Gesine Schulz. Wenn sie aber erstmal anfängt, sei das gar nicht mehr so schlimm: „Eine Putzfrau habe ich nicht.“