Essen. .

Sie sieht sich als Botschafterin des Ruhrgebiets und bringt mit ihrer Protagonistin Karo Rutkowsky Spannung und Blut nach Essen: Krimi-Autorin Gesine Schulz erklärt, wie eine arbeitslose Lehrerin zur Nobel-Putzfrau und Privatdetektivin avancierte.

Stellen Sie sich vor, Sie sind arbeitslose Lehrerin. Das Arbeitsamt setzt Ihnen ziemlich zu. Eines Tages finden Sie sich im Wartezimmer einer vornehmen Arztpraxis in Bredeney zwischen zwei gut betuchten Frauen wieder, die lauthals über ihre Putzfrauen schimpfen. Da kommt die zündende Idee: Warum nicht die Lofts und Villen in Essen auf Hochglanz polieren und damit reich werden? Gesagt, getan. Damit das Arbeitsamt keinen Wind davon bekommt, eröffnen Sie kurzerhand noch ein Privatdetektiv-Büro in der Lichtburg - anfangs mit mäßigem Erfolg, allerdings schlittern sie parallel zum Putzen in die spannendsten Kriminalfälle.

Das ist in wenigen Sätzen die Vita von Karo Rutkowsky, einer Kunstfigur, die die Essener Autorin Gesine Schulz geschaffen hat. Für Aufsehen sorgte sie unter anderem 2008 mit der Anthologie „Der Beuys von Borbeck“. In 13 spannenden Kurzkrimis löst die Protagonistin Fälle in Essen und dem gesamten Ruhrgebiet. Mittlerweile gehört „Karo“ zum Alltag der Autorin dazu. Gesine Schulz schlüpft jeden Tag über den Kurznachrichtendienst Twitter virtuell in die Rolle ihrer Krimi-Heldin und erreicht so ihre Leserschaft. „Die Resonanz ist super. Die Essener VHS hat Karo sogar schon Putzkurse angeboten“, sagte Gesine Schulz und lacht.

Schreiben mit Blick aufs Meer

Ein herzliches, zufriedenes Lachen. Nach zehn Jahren Weltenbummlerei und diversen Jobs als Bibliothekarin von Südamerika bis New York hat Gesine Schulz vor zehn Jahren das Schreiben zu ihrem Lebensinhalt gemacht. „Schon als Kind habe ich geschrieben. Erst vor kurzem habe ich eine Geschichte wiedergefunden, die ich mir als Zwölfjährige ausgedacht habe. Das war aber eher etwas im ,Rosamunde Pilcher-Stil’“, sagt Gesine Schulz. Mit dem Kinderbuch „Eine Tüte grüner Wind“ landete sie 2002 ihren bislang größten Erfolg. Die Handlung spielt in Irland, der zweiten Heimat der Autorin, an die sie ihr Herz verloren hat. Bis zu vier Mal im Jahr fliegt sie auf die grüne Insel, vor allem, um dort in ihrem kleinen Häuschen mit Blick aufs Meer zu schreiben.

Ihrer Wohnung im Essener Südosten könnte sie aber nie den Rücken zukehren, schließlich sieht sie sich auch ein wenig als „Botschafterin des Ruhrgebiets“. Das wird vor allem bei den verrückten Krimi-Fällen deutlich. Egal, ob die unbefleckte Empfängnis einer Schlagersängerin in Werden oder das jüngste Werk „Blutmahlzeit“, dessen Schauplatz die Ambulanz für traditionelle Chinesische Medizin (TCM) des Essener Knappschaftskrankenhauses ist - Essen nimmt in den Kurzkrimis eine bedeutende Rolle ein. Im kommenden Frühjahr erscheint der nächste Band unter dem Titel „Grab mit Aussicht“, der auf dem Hallo-Friedhof spielt. „Ich lebe einfach gerne hier. Das Ruhrgebiet hat vor allem im Bereich der Krimi-Autoren eine Menge zu bieten“, ist Schulz überzeugt. Unter anderem gehört sie den „Mörderischen Schwestern“ an, einem Verein deutschsprachiger Krimi-Autorinnen.

Was Karo und Gesine gemeinsam haben - die Leidenschaft für Lakritz und Schokolade

Und obwohl der nächste Krimi-Band noch nicht im Buchhandel ist, hat sich die Autorin schon an ihre bislang wohl größte Herausforderung gewagt. „Nach all den Kurzgeschichten schreibe zurzeit ich an meinem ersten Krimi-Roman. Das ist eine unglaublich spannende Erfahrung für mich“, sagt Gesine Schulz. Karo-Fans muss sie allerdings enttäuschen. „Karo löst ihre Fälle viel zu schnell, als dass sie einen ganzen Roman füllen könnte“, erklärt die Autorin das Fehlen ihrer prominentesten Figur in dem neuen Roman. Was sie mit Karo gemeinsam habe? „Eigentlich nur die große Leidenschaft für Lakritz und Schokolade“, sagt Gesine Schulz. Davon werden bis zur Fertigstellung ihres Romans wohl noch Massen auf ihrem Schreibtisch landen.