Essen. .
Der Familienbericht, den Experten jetzt der Bundesregierung vorlegten, zeigt: Eltern wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder, nähmen dafür auch Gehaltseinbußen hin. Nun gilt: „Wissen heißt handeln.“ Doch können Bund, Land, Kommunen überhaupt am Faktor Zeit schrauben?
Alexander Mishin, Vater zweier Kinder (7 und 17 Jahre) bezweifelt das. „Das Problem kann nur durch andere Arbeitszeiten gelöst werden.“ Den Vorschlag der Experten, Kitas länger zu öffnen, mehr Ganztagsschulen einzurichten, findet er absurd. „Es geht doch darum, dass ich mehr Zeit mit den Kindern verbringen will und nicht ein Betreuer.“ Anna und Alexander Mishin sind sich einig: Weniger Gehalt ist akzeptabel – wenn dafür unter dem Strich mehr Familienzeit herausspringt. Ob Essen eine kinderfreundliche Stadt ist? „Es gibt zu wenig Parks und Spielplätze und zu wenig Freizeitangebote für Jugendliche.“
Forderungen, die nicht über die Bundesregierung gelöst werden können, sondern nur in der Kommune. Ebenso die Forderungen von Heike und Michael Weidenfäller. Drei Kinder hat das Ehepaar (4, 7 und 11 Jahre). „Damit liegen wir über der Norm“, sagt Heike Weidenfäller, und das bedeute, dass Familienvergünstigungen oft tabu sind, gelten Ermäßigungen doch häufig nur für je zwei Erwachsene und zwei Kinder. „Für größere Familien müsste mehr getan werden.“ Noch ein Wunsch: „Ein Hallenbad mit Sportschwimmbecken, das am Tag für Familien öffnet.“
Auf ein zweites Einkommen verzichtet die Familie bewusst. „Wir haben uns für die traditionelle Rollenverteilung entschieden“, sagt Michael Weidenfäller. Er verdient das Geld, während seine Frau die Kinder betreut. „Bei drei Kindern ist das kaum anders machbar.“ Auf eine Ganztagsbetreuung wollen sie nicht setzen. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei so großen Gruppen jedes Kind individuell gefördert werden kann“, sagt Heike Weidenfäller. Auf Gehalt verzichten könnte die Familie damit nicht – obwohl auch Michael Weidenfäller gern mehr Zeit mit seinen Töchtern verbringen würde: „Aber das wird nur mit einem flexiblen Arbeitszeitmodell funktionieren.“
Sascha Größchen und seine Lebensgefährtin Nina Böckler sind seit sieben Wochen Eltern. Eineinhalb Jahre will die Mutter zu Hause bleiben, „danach werde ich wieder Geld verdienen müssen.“ Sie setzt auf Großeltern, eventuell soll eine Tagesmutter sie unterstützten. Flexible Arbeitszeiten würden sich die jungen Eltern wünschen – eine Ganztagsbetreuung streben sie für ihren Sohn zunächst nicht an. „Wichtig ist, dass wir Zeit mit ihm verbringen.“ Wünsche? „Mehr Unterstützung für unverheiratete Paare.“ Der Geburtsvorbereitungskurs etwa werde nur Ehepaaren von den Krankenkassen gezahlt.
Auch interessant
So sind die Bedürfnisse von Familie zu Familie verschieden. Insgesamt: Mehr Zeit für Kinder wünschen sich die Eltern. Für die Umsetzung sind Chefs gefragt, nicht die Politik.