Essen. Sie tragen T-Shirts als Zeichen des Zusammenhalts: "Engagierte Jungs" steht drauf. Unter diesem Banner marschieren junge Libanesen durch Altendorf, um Gutes zu tun. Gewürdigt nun mit dem "Goldenen Hammer" für den "vorbildlichen Einsatz für ein friedliches und gewaltfreies Zusammenleben".
Vor fünf Jahren begann das Ganze mit einer eher unangenehmen Geschichte: Ein frisch gestalteter Spielplatz in Altendorf wurde über Nacht schwer verwüstet. Die Verursacher wurden schnell ausfindig gemacht: eine Gruppe junger Libanesen aus dem Stadtteil rund um den jungen Ali Remmo, bloße "Langeweile" habe ihn und seine Kumpel damals getrieben, berichtet Remmo heute: "Wir hatte ja auf der Straße nichts zu tun." Kurz nach der Zerstörungsaktion spaziert der Teenager mit seiner Nichte über den Spielplatz. "Wer macht so was?", fragt die Kleine den Großen und bei dem legt sich ein Schalter um: "Man schämt sich schon."
Unter der Anleitung des städtischen Eigenbetriebs Grün und Gruga stellen die libanesischen Jugendlichen den Spielplatz wieder her - eine Wiedergutmachung und die Geburtsstunde der "Engagierten Jungs" im Stadtteilprojekt Altendorf. Der Name war auch dank des Pioniers Ali Remmo schnell gefunden: "Das ist einfach und das versteht jeder." Fünf Jahre nach der Gründung der "Jungs" gibt es den "Goldenen Hammer" für den Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und für interkulturelle Verständigung. Der "Hammer" ist eine Auszeichnung des Landesjugendrings NRW. Landes-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) hat Remmo und seinen Freunden in Bochum den Preis überreicht.
"Die haben keine Perspektive gehabt"
Glückwunsch vom Bürgermeister
Bezirksbürgermeister Rolf-Dieter Liebeskind hat den "Engagierten Jungs" zu ihrer Auszeichnung gratuliert - ein Auszug: "Altendorf, ein Stadtteil voll vitaler Urbanität, ist Lebensmittelpunkt von Menschen vieler Nationalitäten. Dass diese mit ihren unterschiedlichen Kulturen einvernehmlich miteinander leben, dazu tragen auch die verschiedenen Aktivitäten der ,Engagierten Jungs' bei. Die Bezirksvertretung Essen West dankt den ,Engagierten Jungs' und ihren Mentorinnen im Treffpunkt Altendorf für die geleistete Arbeit."
Jugendamtsmitarbeiter Khaled Saado ("ich kenne die kulturellen Hintergründe") hat das Projekt mit ins Leben gerufen. Saado kennt auch die Probleme der Jungen und ihrer Familien: "Viele haben keine gesicherte Aufenthaltsgenehmung", sondern sind ausländerrechtlich lediglich in Deutschland "geduldet". Das bedeutet: es gibt keine Chancen auf eine Berufsausbildung, noch nicht einmal die Möglichkeit, einen Führerschein zu machen. Das Land NRW zu verlassen ist ihnen auch untersagt. "Die haben keine Perspektive gehabt", klagt Saado. Seit fünf Jahren haben sie zumindest die "Jungs". "Wir haben sie auf die richtige Schiene gebracht", ist Saado überzeugt.
Die "Jungs" sind präsent in Altendorf: Als Betreuer von Spielplätzen und "Greenkeeper", als Streitschlichter an Schulhöfen und an diversen Orten im Stadtteil. "Wir zeigen, dass Gewalt keine Lösung ist", sagt Ali Remmo, "die Leute sollen mit Worten streiten, nicht mit Fäusten." Die "Jungs" sind auch schon kollektiv mit Greifer und Mülleimer über die Haus-Berge- und die Altendorfer Straße gezogen und haben gezielt die Einzelhändler angesprochen: "Heute machen wir mal den Müll vor eurer Tür weg, aber beim nächsten Mal kümmert ihr euch bitte selbst drum." "Es wird anerkannt, dass wir uns engagieren", sagt Ali Remmo, der gern eine Ausbildung zum Bank- oder Einzelhandelskaufmann machen würde. Wenn er denn dürfte.
"Bitte, macht so weiter"
"Bitte, macht so weiter", endet das Dankesschreiben von Bezirksbürgermeister Rolf-Dieter Liebeskind. Erstmal werden sich die "Engagierten Jungs" aber selbst belohnen. Einen Scheck über 300 Euro gab es bei der Verleihung des "Goldenen Hammers" als Zugabe. Einen "Ausflug" wollen sie davon machen, erzählt Ali Remmo. Einmal raus aus Altendorf. Aber bloß nicht jenseits von NRW. "Geduldet" sind sie im Land. In Altendorf werden sie gebraucht.