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Die Stadt will Hausbesitzern in Karnap erlauben, was viele bereits tun, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen: Sie sollen Grundwasser aus ihren unter Wasser stehenden Kellern in die Kanalisation ableiten dürfen. Ausnahmsweise.

Der Mann hat Humor. „Wir feiern hier ständig Beachparty“, sagt Andreas Lochthowe und lacht. Dann steigt er die Kellertepper hinab. Zur Strandparty trägt der 47-Jährige Gummistiefel. Unten im Keller steht das Wasser knöcheltief. Vor zwei Wochen hat es das letzte Mal geregnet.

Andreas Lochthowe wohnt an Berswortschanze in Karnap, wo Hausbesitzer unter steigendem Grundwasser leiden. 580 Häuser sind akut betroffen. Die Stadt hat die Zahl ermittelt. „Nebenan ist es nass, daneben ist es nass und zwei Häuser weiter ist es ganz nass“, sagt Lochthowe und zeigt die Straße entlang.

Vor fünf Jahren hat die Frührentner die Doppelhaushälfte Baujahr 1936 gekauft. „2006 war ein pulvertrockener Sommer“, erinnert er sich. Im Winter darauf bemerkte der neue Hausherr, dass sein Keller feucht wird. „Seit dem ist es immer schlimmer geworden.“

Aus dem Nachbarhaus klingt ein dumpfes Dröhnen. „Das ist die Pumpe“, sagt Lochthowe. Alle fünf bis sieben Minuten springt das Gerät an und pumpt das Grundwasser in die Kanalisation. An der Berswortschanze, und nicht nur dort, wissen sie sich nicht mehr anders zu helfen.

Was viele längst tun, ist verboten

Wie lange soll das noch so weiter gehen? Wie es aussieht, müssen sich die Karnaper noch gedulden. Gestern hat die Emschergenossenschaft zwar der „Grundwasserplanung“ zugestimmt und Karnap zum Pilotprojekt erklärt. Bis zum Frühjahr sollen technische Lösungen vorliegen für Brunnen, Drainagen und Pumpen. Aber planen heißt nicht bauen. „Wir brauchen einen verbindlichen Zeitplan“, sagt SPD-Ratsherr Guido Reil, der Grundwasser-Problem in die Öffentlichkeit getragen hat. Doch um Zusagen drücken sich die verantwortlichen Stellen herum.

Die Stadt will betroffenen Hausbesitzern erst einmal per Ausnahmegenehmigung erlauben, das Grundwasser in die Kanalisation zu leiten. Eine Frechheit sei das, schimpft SPD-Mann Reil. Der Status quo werde lediglich legalisiert. Denn was viele längst tun, ist verboten. Ja, streng genommen müsste die Stadt Verstöße ahnden und die Verursacher zur Kasse bitten. Aber das sollte sich in Karnap mal einer wagen. Nicht nur Andreas Lochthowe macht die Faust in der Tasche. Längst ziehen sich Risse durchs Mauerwerk.

Technische Lösungen benötigen Zeit, heißt es. Hausbesitzer könnten die Ausnahmegenehmigung nutzen, um Drainagen auf ihrem Grundstück legen zu lassen. Die Emschergenossenschaft spricht von „dezentralen Lösungen“, um die man in Karnap wegen der Bodenverhältnisse wohl nicht herumkommt. Die Investitionskosten dürften sich deshalb eher bei den von der Emschergenossenschaft geschätzten 81 Millionen Euro bewegen als bei der günstigeren Variante von 44 Millionen.

Wer zahlt die Zeche?

Andreas Lochthowe hat schon mal Angebote eingeholt. Zwischen 25 000 und 45 000 Euro soll ihn Drainagen und das Abdichten seines Kellers kosten. Ob er wenigstens einen Teil des Geldes wiedersehen würde, steht in den Sternen. Die Stadt baut darauf, dass die Ruhrkohle sich als Verursacher von Bergsenkungen an den Kosten beteiligt und dass die Landesregierung Fördertöpfe üppig füllt. Die Stadtwerke bleiben nach Lesart der Verwaltung außen vor. Deren Kanalsanierung habe das Grundwasserproblem zwar verschärft, sei aber nicht dessen Ursache.

Offen bleibt auch, wer für Grundwasserbewirtschaftung in Zukunft aufkommt. Eine direkte Finanzierung über die Abwassergebühren scheidet ebenso aus wie eine indirekte über die Verbandsumlage der Emschergenossenschaft. Auch für einen Anschluss- und Benutzerzwang - ähnlich der Müllabfuhr - besteht keine rechtliche Grundlage. Alles deutet daraufhin, dass Landeswassergesetz geändert werden muss, um die Bürger zur Kasse zu bitten. Bis zu eineinhalb Jahren dürfte sich ein solches Verfahren hinziehen. „Das macht alles keinen Spaß mehr“, sagt Andreas Lochthowe und steigt die Kellertreppe hinauf. So langsam vergeht ihm der Humor.