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Neue Raumnot: Ab dem Wintersemester finden viele Vorlesungen der Uni Duisburg-Essen im Cinemaxx am Berliner Platz statt. Die Kooperation soll andauern, bis das neue Hörsaalzentrum mit rund 1200 Sitzen gebaut ist.

Nein, Popcorn wird es nicht geben. „Das ist ja keine Verkaufs-Veranstaltung hier“, sagt Meinolf Thies, der Chef des Cinemaxx-Kinocenters am Berliner Platz. „Und eine Zumutung für die Dozenten wäre es auch.“ Zum zweiten Mal haben die Uni und das benachbarte Multiplex-Kino eine Kooperation vereinbart, zunächst formal nur für das kommende Wintersemester. Vorlesungen werden in bis zu sechs Kinosälen abgehalten, zwischen 8 und 16 Uhr. Eine Veranstaltung kann - bei Bedarf - per Beamer in die benachbarten Kinosäle übertragen werden, ebenso die Projektion der Powerpoint-Folien. „Damit“, so Thies, „können maximal 2000 Studenten gleichzeitig erreicht werden.“

Mit dieser Maßnahme reagiert die Hochschule auf die neuerliche, akute Platznot. „Die Umstellung der Lehramts-Studiengänge auf das Bachelor-/Master-Prinzip zwingt uns dazu“, erläutert Franz Bosbach, Prorektor für Studium und Lehre.

Mit 8000 Lehramts-Studenten zählt die Uni Duisburg-Essen zu den größten Lehrer-Ausbildungsstätten in NRW. Mitte Oktober beginnen erstmals die reformierten Lehramts-Studiengänge. Die Uni richtet sich auf einen entsprechend starken Andrang ein – auch im Hinblick auf den doppelten Abiturjahrgang 2013. Bei der Fakultät für Erziehungswissenschaften wurde eine nennenswerte Zahl von neuen Professuren eingerichtet.

„Mitte ‘92 meldete sich der Uni-Rektor, die Uni hatte damals schon Raumnot“

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In den Kinosälen würden vor allem jene Grundvorlesungen abgehalten, die alle Lehramts-Bachelor-Kandidaten durchlaufen müssten – obligatorische Kurse mit entsprechend hohen Teilnehmerzahlen, etwa in Pädagogik, Didaktik oder Psychologie.

Man wolle so lange ins Kino ausweichen, kündigt Bosbach an, „bis das neue Hörsaalzentrum gebaut ist.“ Bis dahin vergehen, schätzt der Prorektor, noch zweieinhalb Jahre. In der Nähe des Rheinischen Platzes soll ein neues Gebäude errichtet werden mit zwei Hörsälen, mit einer Kapazität von bis zu 1200 Sitzen. Auch in Duisburg entsteht ein neues Hörsaalzentrum.

Das Cinemaxx am Berliner Platz feiert im Dezember seinen 20. Geburtstag. Thies war damals schon da, erinnert sich: „Mitte ‘92 meldete sich der Uni-Rektor, die Uni hatte damals schon Raumnot.“ Man beschloss eine Kooperation, Thies war mit seinem Cinemaxx der erste bundesweit, der die Uni in sein Haus ließ: „Die Medienresonanz auf dieses Thema war größer als bei der eigentlichen Eröffnung.“ Fernseh- und Zeitungsteams aus ganz Deutschland interessierten sich für Studenten in Kinosesseln, hofften – hurra, Klischee! – auf schlafende Jungs und Mädchen in Plüschsesseln.

„Die Security hab’ ich nach zwei Monaten wieder abbestellt“

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    „Ich hatte damals eine Heidenangst, dass die Studenten was kaputt machen“, erinnert sich der Kino-Chef, „jeden Morgen kam ich persönlich, um eine Ansprache zu halten.“ Einen Appell an die Vernunft, nach dem Motto: Wenn hier Sitze mit Edding bemalt werden, dann ist alles ganz schnell vorbei. Thies schaltete auch Security-Teams ein am Anfang, zur Sicherheit. Und was passierte? „Nichts“, grinst Thies. „Die Security hab’ ich nach zwei Monaten wieder abbestellt.“ Und die Kooperation mit der Uni hielt Jahre, bis zum Jahr 2000, da eröffnete an der Segeroth-/Ecke Grillostraße das neue Audimax mit gut 800 Plätzen. Damit hatte sich die Raumnot der Uni Essen damals erledigt. Zumindest vorübergehend, wie man heute weiß. Andere Cinemaxx-Häuser waren dem Essener Beispiel übrigens gefolgt, auch in Würzburg und Wuppertal gab es Vorlesungen im Kinosaal.

    In die Übertragungstechnik investiert Thies nach eigenen Angaben „eine fünfstellige Summe“ - und gibt freimütig zu, dass das Kino die Kooperation „nicht aus reiner Menschenliebe“ eingegangen sei. Nein, Thies will auch was verdienen: An der Saalmiete, schließlich laufen normalerweise ab 14 Uhr die ersten Filme des Tages, und auch wenn es kein Popcorn gibt: Die Bar im Obergeschoss wird umgewidmet in die „Cinemaxx-Mensa“, so der offizielle Titel. „Es wird Kaffee und Brötchen geben zu sehr, sehr günstigen Preisen“, kündigt Thies an.

    Studis reden Klartext

    Cem (28), 8. Semester VWL:
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    Simon (30), 6. Semester WiWi:
    Simon (30), 6. Semester WiWi: "Das Bachelor-Studium lässt keinen Platz für etwas anderes. Man muss kontinuierlich lernen, auch am Wochenende, auch abends. Aber ich habe es so gewollt, aus meinem früheren Beruf als Bankkauffrau wollte ich ‘raus." © WAZ FotoPool
    Mneg (22), studiert Germanistik in Peking:
    Mneg (22), studiert Germanistik in Peking: "Ich bin seit Herbst 2010 hier als Austausch-Studentin. Mir gefällt die Uni gut. Die meisten Kommilitonen sind nett. Also, fast alle. Am besten finde ich die Mensa, das Essen ist spitze." © WAZ FotoPool
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