Es kommt Großes auf die Kreativen im Ruhrgebiet zu, und das ganz ohne den Deckmantel der Kulturhauptstadt: Am Wochenende startet das Festival „Extraklasse“, zu dem sich mehr als 160 Veranstalter in zehn Städten zusammengetan haben.
Judith Haselroth überschlägt sich ein wenig, beim Sprechen ebenso wie in ihren Gesten. Es kommt Großes auf die Kreativen im Ruhrgebiet zu, und dafür war nicht einmal der Deckmantel der Kulturhauptstadt notwendig. Überschwänglich hüpft Judith Haselroth die Stufen zum Büro von Alexander Steuer und Michael Göke hinauf. Der Rechtsanwalt und der Fachmann für visuelle Kommunikation und Corporate Design teilen sich seit Kurzem ein Büro, haben die Worthülse „Co-Working“ mit Leben gefüllt. Göke designt, Steuer berät passend dazu in allen rechtlichen Fragen wie Patenten. Ein Beispiel, wie Kreative voneinander profitieren können.
Die Drei gehören zum Vorstand der Kreativen Klasse e.V., einem Verein, der sich die Vernetzung der Kreativwirtschaft in Essen und dem Ruhrgebiet auf die Fahnen geschrieben hat. Ein erstes Ergebnis ist das dicke Programmheft, das druckfrisch auf dem Schreibtisch von Alexander Steuer liegt: „Extraklasse!“ haben sie ihr Festival genannt, an dem sich mehr als 160 Veranstalter in zehn Städten von Dortmund bis Wesel beteiligen. Vom 17. bis 25. September präsentieren sich Designer, Musiker, Architekten, Künstler, ja sogar die Unternehmenskommunikation der Essener Verkehrs AG. In Mülheimer Schaufenstern, auf einem violetten Teppich vor dem Einkaufszentrum Limbecker Platz, in der Dortmunder Pauluskirche, in Ateliers und Büros. Aber der Reihe nach.
„Wir wollten weitermachen, dafür ist ein Netzwerk schließlich da“
Die Idee, eine Plattform der Kreativwirtschaft zu schaffen, ist nicht neu. Keimzelle war das Festival Essens Kreative Klasse, das seit 2007 vier Mal von der Stiftung Zollverein veranstaltet wurde. Mit Blick auf die Kulturhauptstadt entstand dann die Kreative Klasse Ruhr. Auch die Vereinsvorsitzende Judith Haselroth profitierte damals, wurde für ihren innovativen Souvenir- und Geschenkeshop „Wohngemeinschaft“ ausgezeichnet.
„Ende 2010 hieß es dann aber, dass man erst mal durchatmen, sich neu aufstellen wolle. Wir aber wollten weitermachen, dafür ist ein Netzwerk schließlich da“, sagt Haselroth. Kurzerhand gründete der „harte Kern“ einen Verein. Essener und Mülheimer Wirtschaftsförderung, IHK, sie alle sitzen schnell im Boot, schwärmen von der Kreativwirtschaft als „Impulsgeber“. Wo genau aber diese Kreativwirtschaft eigentlich beginnt und aufhört, darauf wissen auch Haselroth und ihre Mitstreiter keine hundertprozentige Antwort.
Strand in der Stadt
1/30
Das Festival „Extraklasse!“ soll immerhin einen Einblick in diese Arbeit der Dichter und Denker der Neuzeit geben. Da ist das Konzert „HalleluYeah“, bei dem neun Dortmunder Bands in der Pauluskirche alles zwischen Folk, Garage und Indie aufs Trommelfell geben. Oder der Schaufensterwettbewerb „Ruhrfenster“, bei der sich jeweils ein Einzelhändler und ein Kreativschaffender zur Gestaltung der Fenster zusammengeschlossen haben. Beim Pixelprojekt_Ruhrgebiet stellt Julia Köppen im Wissenschaftspark Gelsenkirchen das „regionale Gedächtnis“ vor, das 27 Fotografen in 31 Serien abgebildet haben.
Pixelprojekt Ruhrgebiet
1/15
Violetter Teppich für Kreative zwischen Unperfekthaus und Limbecker Platz
Mit dem „Kleinen Markt“ krempeln Designer aus der Region den typischen Wochenmarkt auf der ehrwürdigen Essener Margarethenhöhe am 24. September komplett um, bieten Kunst und Accessoires statt Fisch und Gemüse. Vom Unperfekthaus bis zum Einkaufszentrum Limbecker Platz wird am 24. September ein violetter Teppich ausgelegt, auf dem sich Künstler und Kreative mit ihren Arbeiten vorstellen können. Damit soll ein Brücke zwischen Kreativ- und Konsumwirtschaft geschlagen werden.
„Zu Beginn haben wir uns nicht richtig Ernst genommen gefühlt, schließlich mussten wir alles mit Bordmitteln auf die Beine stellen. Was jetzt daraus geworden ist, überwältigt uns“, resümiert Judith Haselroth.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.