Essen. .
Mit der Zunahme des Fahrradverkehrs wächst der Bedarf an Abstellplätzen. Nun kommt auch in Essen die Forderung nach einer „Fahrradabstellplatzsatzung“ auf. Hier verlässt man sich bislang auf die Regelung, Plätze für Räder in „ausreichendem Maße“ vorzuhalten.
Mit der wachsenden Anzahl von Radlern tritt ein neues Phänomen auf: Radfahrer haben Parkplatzprobleme. Das erleben sie nicht nur an Bahnhöfen, Einkaufscentern und Kneipen, sondern vor allem zu Hause, wo sie die Räder – bestenfalls – in beengten Kellerräumen unterbringen können. Nun kommt auch in Essen die Forderung nach einer „Fahrradabstellplatzsatzung“ auf.
In "ausreichendem Maße"
Hilden erließ im Mai eine solche Satzung, in München gibt es einen grünen „Radl-Bürgermeister“, der Bauherren per Satzung verpflichten will, pro 40 qm Wohnfläche einen Stellplatz fürs Rad einzuplanen. In Essen verlässt man sich bislang auf die NRW-Bauordnung, die vorschreibt, Plätze für Räder in „ausreichendem Maße“ vorzuhalten.
„Wir schauen da hin“, sagt Detlef Robrecht, Abteilungsleiter im Amt für Stadtplanung. Die Regelung lasse indes Ermessensspielraum, so seien Radplätze für Gebäude an einem Berg eher verzichtbar.
Laternen sind oft belegt
Der Vorsitzende des örtlichen Fahrradclubs ADFC, Jörg Brinkmann, teilt Robrechts Einschätzung nur bedingt: „Es gibt Tausende von Radständern an Kitas, Schulen und Einkaufsmeilen, aber in Wohngebieten hapert es oft. Wenn Sie abends ihr Rad in Holsterhausen anschließen wollen, ist jede Laterne schon belegt.“
Als Brinkmann kürzlich nach Borbeck zog, spielte der ebenerdige Fahrradraum bei der Wohnungswahl eine große Rolle. Diesen Standard per Satzung vorzuschreiben, hält er für sinnvoll; zumal das Ausklammern von Hanglagen überholt sei: „Schon jetzt ist jedes zehnte Rad ein E-Bike, bald wohnen auch an den steilsten Straßen Radfahrer.“
Große Menge an Pendlern
Auch interessant
Geplant hat Brinkmanns Wohnanlage die Firma „MB Wohnbau“, dort bezeichnet man Fahrradplätze als eine „Selbstverständlichkeit“, und Architekt Ralf Lübeck betont: „Wir achten stets darauf, dass man nicht über eine Treppe in den Radraum gelangen muss.“
Solchen Komfort bieten inzwischen auch einige Arbeitgeber. Eon Ruhrgas und ThyssenKrupp haben an ihren neuen Standorten auch Spinde, Umkleiden und Duschen für den Wechsel von Sport- in Business-Dress. Je 40 Radstellplätze halten beide Konzerne vor.
Angesichts von rund 500 Kollegen, die allein im Hauptgebäude Q1 tätig sind, erscheine das nicht viel, sagt eine Sprecherin, aber man müsse bedenken, „dass wir einen hohen Anteil an Pendlern haben“. Und nicht jeder von ihnen ist so fit wie Simon Feismann, der als Manager New Market Development in dem für Aufzüge zuständigen Konzernbereich arbeitet. Er radelt nach Dienstschluss regelmäßig ins heimische Düsseldorf.
„Wir nutzen oft vorhandene Dächer“
Soweit hat es Essens Fahrrad-Beauftragter Christian Wagener nicht, doch auch er freut sich, dass er sein Rad am Deutschlandhaus geschützt abstellen kann: Unter dem Vordach des Parkhauses stehen einige der 4000 Fahrradbügel vom Typ „Rhein Ruhr“, die über das Stadtgebiet verteilt sind. „Wir nutzen oft vorhandene Dächer oder bringen Radbügel unter Brücken an.“ Die Extra-Anfertigung von Überdachungen sei zu teuer.
Ein Bekenntnis zur Fahrradabstellplatzsatzung habe Essen übrigens schon vor Jahren abgelegt: als Mitglied der AG fahrradfreundlicher Städte, die dieses Ziel ausgegeben hat. „Vielleicht ist es nun doch nicht politisch gewollt, weil es Investoren abschrecken könnte“, mutmaßt Wagener. Und so rufen Radler mit Parkplatznöten häufig bei ihm an und bitten, vor ihrer Haustür Radständer aufzustellen.
Es werde dann geprüft, ob der Platz geeignet, der Bürgersteig breit genug sei: „Wir wollen ja nicht so einen Ärger wie die Evag mit ihren Strommasten.“ Oft stehen Radler-Wünsche in Konkurrenz zu denen von Fußgängern - oder Autofahrern. In der Rathaus-Garage mit zwei Dutzend Radplätzen etwa komme es im Sommer zu Engpässen. „Wenn wir da einen Pkw-Platz umwidmen, gibt es Unmut“, so Wagener.
Ladestation für E-Bikes
Essens radelnder Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne) nähme diesen Unmut in Kauf: Kürzlich hat er in der Kreisverwaltung Düren eine Tiefgarage mit reichlich Radplätzen sowie Dusche gesehen. „Zudem gab es da eine Ladestation für E-Bikes. Sowas brauchen wir auch, dann können auch Rathaus-Mitarbeiter radeln, die in topographisch anspruchsvollen Gebieten wohnen.“
In Zukunft solle eine Satzung alle Bauherren radtechnisch in die Pflicht nehmen, fordert Fliß. Er selbst wohnt im Altbestand: „Ich muss mein Rad in den Keller tragen.“