Essen. .

Über 22 Millionen Deutsche sind schon im sozialen Netzwerk Facebook angemeldet – unter ihnen auch unzählige Volksvertreter. Viele von ihnen nutzen das Internet enthusiastisch, doch Facebook hat auch seine Schattenseiten.

Dass Kontakte über das Netzwerk Karrieren beenden können, hat nicht zuletzt die Liebschaft des CDU-Politikers Christian von Boetticher mit einer 16-Jährigen gezeigt. Die WAZ hat die Facebook-Seiten Essener Politiker unter die Lupe genommen.

Reinhard Paß: Der Oberbürgermeister hat eine eigene Fanseite im Online-Netzwerk. Resonanz und Aktivität sind jedoch bescheiden. Der letzte Eintrag auf seiner Pinnwand, so etwas wie ein virtuelles Gästebuch, stammt vom 19. Juli. Nur wenige Einträge weiter und man kann sogar noch Glückwünsche zum Wahlsieg aus dem Jahr 2009 finden. Hier ist wenig los. Für seine Fans hält Paß einige Fotos aus dem Wahlkampf bereit. Privates erfährt man nicht.

Hiltrud Schmutzler-Jäger: Die Ratsfrau der Grünen zeigt sich deutlich offenherziger. Auf ihrem Profilbild empfängt sie die virtuelle Öffentlichkeit voller Freude. Lachend ist sie an einer Bar zu sehen – höchstwahrscheinlich in Südeuropa – und genießt bei einem Getränk ihre Zigarette. Auf einem weiteren Foto sieht man sie gemeinsam mit einer Freundin beim Tanzen. Der Bildhinweis erläutert: „Ibiza am Bora Bora Strand im Mai - chillen - tanzen - usw.“ Ansonsten erfährt man über Schmutzler-Jäger, dass sie gerne Schach spielt, die Frauenfußballerin Linda Bresonik mag, sich gegen Atomkraft einsetzt und ihren Parteivorsitzenden Cem Özdemir schätzt.

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Hans-Peter Schöneweiß: Der FDP-Ratsherr ist ebenfalls bei Facebook vertreten. Zwar verzichtet der Liberale auf ein Profilbild, trotzdem gewährt er der Internetgemeinde private Einblicke. So hat sich Schöneweiß entschieden, einen fast lückenlosen Lebenslauf offenzulegen. Facebook-Nutzer erfahren auf diese Weise, dass der 58-Jährige vor seiner Zeit bei der Bundeswehr und Polizei von 1968 bis 1970 eine Ausbildung als Koch-Azubi und Geselle im Hotel „Zum Ritter Essen“ und im Restaurant „Alt München“ in Essen absolviert hat. Außerdem ist Schöneweiß nach eigenen Angaben zugleich Anhänger von Borussia Dortmund, Rot-Weiss Essen und dem VfL Kupferdreh 85/62. Auch sein Musikgeschmack ist äußerst vielfältig: Neben André Rieu und Johann Strauss steht der Tatort-Fan auch auf deutsche und englische Schlagermusik.

Hans Peter Leymann-Kurtz: Bei Facebook kommt der Ratsherr der Linken betont lässig rüber. Das Profilbild des 47-Jährigen schmückt ein Affe in Denkerpose – ein Graffiti aus der Calle Augusto Figueroa in Madrid. Leymann-Kurtz verrät, dass er auf die britische Folk-Rock-Band Mumford & Sons steht und ihm das Satiremagazin Titanic gefällt. In seinem Fotoalbum ist außerdem zu sehen, wie er entspannt in seiner Lederjacke auf einer Bank sitzt und genüsslich an einer Zigarette zieht.

Rolf Hempelmann: Schon auf den ersten Blick ein echter Facebook-Profi. Der Bundestagsabgeordnete der SPD hat immerhin knapp 800 Freunde und ein durch und durch seriöses Online-Profil. Der Nutzer erfährt, dass der Sozialdemokrat ein Freund der Kulturhauptstadt ist und sich zugleich für das Kinderfest im Krayer Volksgarten interessiert. Privates ist bei Hempelmann tabu.

Jens Geier: Der Europaabgeordnete der SPD ist mit gleich drei Seiten bei Facebook vertreten. So kann man nachlesen, dass er an der Bochumer Ruhr-Uni studiert hat, gerne Bob Dylan hört und ihn die Neuauflage des Science-Fiction-Klassikers Kampfstern Galactica begeistert. Geier, der 1233 Menschen bei Facebook zu seinen Freunden zählt, überrollt die Besucher seiner Seite jedoch mit über 80 aufgelisteten Aktivitäten und Interessen. Unter anderem verrät er, dass er gegen ein Comeback von Karl-Theodor zu Guttenberg ist, sich gegen Atomkraft ausspricht und für Mindestlohn einsetzt und außerdem Frank-Walter Steinmeier für kanzlerfähig hält. Auf 89 Fotos lässt sich Geiers Engagement in Schulen oder im Parlament verfolgen. Auch Impressionen aus Brüssel lassen sich auf der Seite des Esseners finden.

Britta Altenkamp: Bei der Landtagsabgeordneten erkennt jeder sofort, dass sie Politikerin ist. Gestikulierend am Rednerpult empfängt sie die Besucher ihrer Seite. Über 100 Aktivitäten und Interessen, die ihr am Herzen liegen, teilt sie den Nutzern mit. Unter anderem ist sie Mitglied in Gruppen, die gegen Atomkraft und nationalsozialistisches Gedankengut sind. Dass es bei Facebook immer auch darum geht, wie viele Freunde oder Fans man selbst oder eine Gruppe hat, zeigt die Sozialdemokratin durch eine ganz besondere Mitgliedschaft: „Kann dieser herzlose Streuselkuchen mehr Fans haben als Guido Westerwelle?“ - eine von über 17 000 Befürwortern dieser These ist Britta Altenkamp. Fotos und weitere Informationen hat sie für die Öffentlichkeit gesperrt.

Thomas Kutschaty: Der NRW-Justizminister kommt smart und seriös daher. Mit Anzug und Krawatte lächelt er den Besuchern seiner Seite zu. Knapp über 1100 Freunde hat der Sozialdemokrat bislang gesammelt. Außer zwei Fotos, die ihn mit Britta Altenkamp und Dieter Hilser sowie im Jugendparlament zeigen, gibt Kutschaty nichts von sich preis.

Manfred Kuhmichel: Der Landtagsabgeordnete ist ähnlich wie Hans-Peter Schöneweiß mit einem lückenlosen Lebenslauf auf seiner ausschließlich politisch geprägten Seite vertreten. Interessant sind vor allem die emotionalen Wahlkampffotos des Essener CDU-Manns.

Mehrdad Mostofizadeh:
Hat immerhin 564 Freunde, gibt aber ansonsten wenig preis. Immerhin erfährt man über den Grünen-Politiker, dass auch er dem fiktiven Stück Streuselkuchen mehr zutraut, als Guido Westerwelle.