Essen. .
Polizei und die Stadt Essen haben mit einer Razzia auf dem Kirmesplatz ein Signal gegen den unkontrollierten Zuzug von Prostituierten vom ehemaligen Dortmunder Strich gesetzt. Bei den Stamm-Frauen kam die Aktion gut an, sie wollen keine Konkurrenz.
Polizei und Ordnungsbehörden haben mit einer Razzia auf dem Straßenstrich ein Signal gesetzt. Die Botschaft, die sie senden wollen, formuliert Hartmut Peltz so: „Essen soll nicht zu beliebt werden“, sagt der Referent von Sozialdezernent Peter Renzel mit Blick auf die Ausweichbewegung osteuropäischer Prostituierter. Seitdem Dortmund am 16. Mai die gesamte Stadt zum Sperrbezirk gemacht hat, weichen die Prostituierten aus der Dortmunder Nordstadt auch nach Essen aus.
Aufklärer in Zivil hatte die Polizei schon am Nachmittag an die Gladbecker Straße geschickt; sie sollten eine passende Zeit für den Zugriff ausmachen, damit möglichst viele Freier und Prostituierten kontrolliert werden konnten. Gegen 18.20 Uhr rückt der Polizeikonvoi aus, gefolgt von Fahrzeugen der Verkehrsüberwachung und der Feuerwehr. Zehn Minuten später haben Polizeifahrzeuge auf dem ehemaligen Kirmesplatz die Ein- und Ausfahrten zugestellt. Per Funk kommt das Kommando: „Go!“ für die Beamten der Einsatzhundertschaft.
Einige der Freier hatten noch Gas geben wollen, als sie die ersten Polizeiwagen erkannten. Jetzt stehen sie in ihren Wagen aus Essen, Bochum, Herne, Recklinghausen und den Niederlanden in einer Warteschlange vor der gesperrten Ausfahrt und warten auf die Kontrollen; mit Gesichtsausdrücken zwischen verschreckt und resigniert.
„Handy können Sie ausmachen. Telefonieren ist nicht“
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Bei den 30 bis 40 Stamm-Frauen auf dem Kirmesplatz kommt die Razzia deutlich besser an. Sie haben seit der Schließung des Dortmunder Straßenstrichs mit Drohungen Zuzügler aus Dortmund abzuschrecken versucht. Demonstrativ halten sie auch jetzt Distanz zu den Neuzugängen wie Svetlana, die nach eigenen Angaben „gerade aus Dortmund nach Essen gezogen“ ist. „Ich habe vergessen Anmeldung, aber ich habe Mietvertrag“, erklärt sie der Polizistin, die ihre Personalien überprüft. Ihren Namen buchstabiert sie lieber sofort: „Für Deutsche zu kompliziert.“ Als sie ihr Telefon zückt, wird sie von einer Beamtin gestoppt: „Handy können Sie ausmachen. Telefonieren ist nicht.“
Nebenan steht Tanja und erklärt den Polizisten: „Wir in Polen haben Vater- und Mutternamen.“ Die Kontrolle, sagt sie, findet sie gut. „Hier können wir sicher fühlen. Polizei ist oft da.“ Eine Kollegin ergänzt: „Wenn eine Frau Hilfe ruft, laufen alle sofort hin.“ Eine Stunde nach Beginn der Kontrollen zieht die Polizei eine erste Zwischenbilanz . 27 Prostituierte haben sie überprüft, „mehrere Damen aus Dortmund sind dabei“, sagt Polizeisprecher Peter Elke. 15 männliche „Gäste“ auf dem Kirmesplatz sind ebenfalls überprüft worden. In einem der Wohnwagen haben die Beamten einen Schlagstock gefunden.
„Wir wollen, dass diese stabilen Verhältnisse bleiben, und werden sie schützen“
Die Polizei wollte keine Anzeigen schreiben, sie wollte abschrecken. Polizeisprecher Ulrich Faßbender stellt klar: Die Aktion soll als Signal verstanden werden. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Zustand, den wir seit dem Umzug des Straßenstrichs vor zwei Jahren auf den Kirmesplatz haben. Wir wollen, dass diese stabilen Verhältnisse bleiben, und werden sie schützen.“
Kuriosum am Rande: Die Razzia hätte bereits am Donnerstag letzter Woche stattfinden sollen. In letzter Minute hielt die Leitstelle den bereits angefahrenen Konvoi der Einsatzfahrzeuge auf. Grund: In Norddeutschland hatte ein Zuhälter eine Prostituierte entführt. Fahnder orteten ihn ausgerechnet auf dem Essener Straßenstrich. Es wäre unberechenbar gewesen, so die Polizeiführer, wie der Entführer auf ein Polizei-Großaufgebot reagiert hätte. Beamte des Spezialeinsatzkommandos nahmen ihn abends in Gelsenkirchen fest.