Bochum. .

Eigentlich sollte der Gottesdienst am Sonntag in der Pauluskirche aus Anlass des Internationalen Hurentages 2011 an 100 Prostituierte erinnern, die 1975 eine Kirche in Lyon besetzt hatten. Doch die Ereignisse in der Dortmunder Nordstadt in diesen Tagen ließ die Geschichte in den Hintergrund rücken. Dabei sind es gerade die Parallelen, die beides verknüpfen: Damals in Lyon waren die Huren von Ordnungskräften vertrieben worden, um den Straßenstrich zu schließen – genau wie jetzt im Mai auf der Dortmunder Ravensberger Straße.

Das evangelische Frauenreferat und die Bochumer Prostituierten-Beratungsstelle Madonna hatten den Gottesdienst vorbereitet, zu dem mehrere Dutzend Besucher kamen. In einer Lesung stellten sie deshalb Schilderungen aus Lyon von damals und aus Dortmund von heute gegeneinander. Die Französinnen hatten sich in ihrer Not irgendwann in eine Kirche geflüchtet, bis sie auch von dort vertrieben wurden. Begleitet wurde der Gottesdienst von Fotos, die Maren Wandersleben vom Dortmunder Straßenstrich gemacht hatte.

Heimliche Arbeit in Wohngebieten

Elke Rehpöhler von der Dortmunder Beratungsstelle Koba: „Wie in Frankreich ist es auch bei uns passiert, dass Frauen mit Einkaufstaschen von den Ordnungskräften angehalten wurden.“ In Dortmund hatten die Frauen – überwiegend aus Bulgarien – in Holzverschlägen ihre Dienste anbieten können.

„Unsere Beobachtung ist: Die meisten Frauen sind in Dortmund geblieben; viele arbeiten jetzt heimlich in Wohngebieten in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden.“ Und gerade das stößt den Nordstädter inzwischen sauer auf.

Konkurrenz

Viele Nachbarstädte hatten im Vorfeld der „Säuberungsaktion“ befürchtet, der Straßenstrich würde sich über die Stadtgrenzen verlagern, so auch Bochum. Von einer „Schwemme“ könne indes nicht die Rede sein. Mechthild Eickel von Madonna: „Wir wissen von 70 bis 100 Prostituierten pro Tag. Die kann eine Stadt verkraften.“

Mit der Solidarität Bochumer Huren mit den Frauen in Dortmund sei es übrigens nicht weit her. Straßenstrich werde anders angesehen als Bordelle, überdies würden diese Frauen als Konkurrentinnen angesehen. „In Bochum haben wir keinen Straßenstrich. Ein paar Dortmunderinnen haben sich bei uns im Bordell eingemietet. Doch die meisten können sich das gar nicht leisten; ein Zimmer kostet rund 140 Euro pro Tag.“