Essen-Altenessen. . Der Stadtteil Altenessen ist unsicherer geworden - das hat eine Befragung der Arbeiterwohlfahrt belegt. 130 Bürger diskutierten nun auf der Zeche Carl über Probleme und Lösungswege. Integrationsrat Ahmad Omeirat warb für mehr Dialog im Stadtteil.
„Ich wohne gerne in Altenessen“, sagt Friedel Frentrop. So sehen es die meisten, die sich auf der gut besuchten Bürgerversammlung zu Wort melden. Dass ihr Stadtteil ins Gerede gekommen ist, weil sich Bürger nicht sicher fühlen, gefällt niemandem der rund 130 Anwesenden. Wegdiskutieren wollen sie es nicht. „Ja, es gibt Probleme“, sagt Frentrop.
Die Arbeiterwohlfahrt hatte das diffuse Gefühl zum Jahresende mit einer aufsuchenden Befragung in Zahlen gefasst. Fast jeder zweite äußerte sich kritisch zum Thema Sicherheit. Unter jenen, die in Altenessen wohnen waren es sogar 57 Prozent. Viele der Befragten beschwerten sich über Pöbeleien, über aggressives Verhalten, oft von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. 16 Prozent gaben an, sie hätten ihren Alltag dem längst angepasst.
Schwerwiegende Fehler der Stadtentwicklung
Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, aber so besorgniserregend, dass die Stadt Handlungsbedarf erkannt hat. Und falsch, so der Eindruck der Bürgerversammlung, liegt die Awo mit ihrer Analyse nicht. Was ist zu tun? Und wo liegen die Ursachen? Über letzteres gingen die Meinungen auf Carl auseinander.
Schwerwiegende Fehler lasten Bürger der Stadtentwicklung an. Das Forum vor dem Allee-Center, von der Awo in Interviews als einer von mehreren unsicheren Orten identifiziert, sei, was es nie hätte werden dürfen: ein toter Raum. „Mehr Leben auf den Straßen, dafür müssen wir sorgen“, so eine Meinung.
Erst bei „Gefahr im Vollzug“ dürfe das Bauordnungsamt einschreiten
Schlimmer noch das Umfeld am Bahnhof Altenessen: Eine Bauruine beherrscht den Vorplatz. Auch das Gelände des ehemaligen Schweinemarktes wirkt alles andere als einladend. Seit Jahren sei nichts geschehen, lautet die Kritik an die Adresse der Stadt.
Was die Ruine des nie vollendeten Wohn- und Geschäftshauses am Bahnhofsplatz angeht: Es wird wohl noch Jahre vor sich hin gammeln müssen. Erst wenn der Beton bröselt und „Gefahr im Vollzug“ sei, dürfe das Bauordnungsamt einschreiten. Stadtentwicklung und Wohnumfeldgestaltung spielen eine Rolle für das Sicherheitsgefühl, die Probleme lösen sie nicht, zumindest nicht so schnell wie nötig.
Sperrpfosten mit der Flex abgeschliffen
Nicht nur in der Awo-Befragung wünschen sich Bürger mehr Präsenz von Polizei und Ordnungsamt. Mark Münstermann schilderte anschaulich, welche Erfahrungen er als Eigentümer eines Grundstücks in Bahnhofsnähe macht, auf dem sich ein Discountmarkt angesiedelt hat. Gebrauchtwagenhändler nutzten den Platz als Bremsteststrecke. Immer wieder stellten Gäste eines benachbarten libanesischen Restaurants dort am Abend ihre Autos ab. Er habe resigniert, das Tor bleibe auf. Vor einem anderen Parkplatz, so wusste ein Bürger zu berichten, wurden Sperrpfosten auch schon mal mit der Flex abgeschliffen.
Es gehe eben nicht nur um Jugendliche, die Probleme machten, sagt Münstermann. Den Hinweis des Ordnungsamtes, er könne doch Anzeige erstatten, konterte er so: „Ich weiß gar nicht, wen ich anzeigen soll. Es ist immer ein Cousin.“
Libanesische Großfamilien waren auch in der Awo-Befragung zur Sprache gekommen. Auf der Bürgerversammlung bot sich die „Familien-Union“ als Vermittler an. Ahmad Omeirat, Mitglied des Integrationsrates, warb eindringlich für einen Dialog. „Wir sind gekommen, um uns die Sorgen der Altenessener Bürger anzuhören.“ Warum erst jetzt, lautete sinngemäß eine Replik. Der Platz des Integrationsrates in der Bezirksvertretung bleibe leider meist leer.
Libanesische Jugendliche im Visier
„Einen eigenen Beitrag in die Gesellschaft haben wir noch nicht erbracht“, sagt Omeirat später im Zwiegespräch. Dennoch wirbt er auch für Verständnis. Libanesische Jugendliche würden häufig aufgrund ihrer Herkunft stigmatisiert, hätten es schwerer bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, fühlten sich ausgegrenzt. „Gebt ihnen eine Chance“, sagt Omeirat.
Das Angebot zum Dialog wird die Stadt annehmen. Welche Alternativen hätte sie? Es wird viel übereinander geredet, aber zu wenig miteinander, so ein Teilnehmer nach der Versammlung.
Zuvor hatte Andreas Bomheuer, Dezernent für Integration, zugesagt, man werde Probleme offensiv angehen. Die Stadt steht bei den Bürgern im Wort.