Essen. . Die Allbau AG in Essen berät Menschen, die alternative Wohnprojekte planen - von der Senioren-WG bis zum Mehrgenerationenhaus. Mit der Beratungsstelle will sie helfen, solche Wohnformen anzuschieben - die sie bisher noch gar nicht anbietet.

Mögen andere vom beschaulichen Lebensabend träumen oder sich vorm Pflegeheim fürchten, umwirbt die Allbau AG die ältere Generation jetzt mit der kecken Aufforderung: „Wähle den Nachbarn, wähle die Wohnung - lebe außergewöhnlich“. Am Dienstag wird im Kundencenter am Kennedyplatz die neue Kontaktbörse „für gemeinschaftliches Wohnen“ eröffnet: Hier berät dann die junge Sozialwissenschaftlerin Anna Heimansberg (27) bei der Planung der Alten-WG.

22 Prozent der Essener sind älter als 65 Jahre

Dass der Bedarf da ist, bestätigt eine Vorlage, mit der sich der Ausschuss für Soziales in der nächsten Woche beschäftigen wird. Schon 22 Prozent der Essener sind über 65 und: „Die Nachfrage nach seniorengerechtem Wohnraum ist größer als das Angebot“, heißt es da. Immer mehr alte Menschen wollen in einer eigenen Wohnung im gewohnten Umfeld bleiben. Gefragt seien vor allem Wohnungen mit Service sowie Barrierefreiheit. „Dabei sollte aber auch dem Wunsch nach Mehrgenerationenwohnen Rechnung getragen werden“, heißt es in der Vorlage. Und so fordern CDU und Grüne im Rat, „die Rahmenbedingungen für generationenübergreifende Projekte und neue Wohnformen im Alter zu verbessern“.

Mit der Beratungsstelle wolle man helfen, solche Projekte (nicht nur für Senioren) anzuschieben, sagt Allbau-Chef Dirk Miklikowski. „Denn im Bestand haben auch wir sowas nicht - das muss gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden.“ Abgeklärt werden müssten etwa Freizeitverhalten, Ansprüche an Service Gemeinschafts- und Außenflächen. „Viele starten mit großen Gemeinschaftsgedanken, diskutieren zwei Jahre und stellen dann fest, dass es nicht passt“, so Miklikowski. Auch die Allbau AG habe Erfahrungen mit einem nie verwirklichten Wohnprojekt gemacht.

Investoren und Nachbarn zusammenbringen

Anna Heimansberg, die ihre Diplomarbeit über „Chancen und Herausforderungen moderner Beginen-Wohnprojekte“ geschrieben hat, kann WG-Gründer im Vorfeld auf Knackpunkte hinweisen. Den eigentlichen Planungs- und Moderationsprozess wird sie nicht begleiten, sondern die künftigen Nachbarn vielmehr mit Investoren und Moderatoren zusammenbringen.

Noch fehle es in Essen an einer guten Informationspolitik zum Thema, glaubt Miklikowski. „Andere Revierstädte sind weiter. Wir müssen etwas tun, um die Leute, die hier ihre Heimat haben, im Alter in Essen zu halten.“ Mit dem Beginenhof in Rüttenscheid gebe es zwar ein hoffnungsfroh stimmendes Projekt. Kein Vergleich sei das aber zum studentisch geprägten Münster, das eine bunte Landschaft an Altenwohnprojekten beheimate: von der intellektuellen Land-Kommune über die Senioren-WG in der City bis zu autonomen Lebensformen.

In Essen wünschten sich die meisten Interessenten eine gutbürgerliche, ruhige, grüne Lage mit guter Infrastruktur, weiß Miklikowski. Das ist vielleicht nicht ganz so verwegen wie die Ü 100-Landkommune, dafür aber relativ kostspielig.