Essen-Heisingen. Downhill-Fahrer bauen sich seit Jahren immer wieder wilde Bikerstrecken in Essens Wäldern. Die Stadt will dem Einhalt gebieten und den Jugendlichen ein Gelände zur Verfügung stellen. Eine Lösung, die beide Seiten befürworten.
Eigentlich ist der Schellenberger Wald an der Uhlenstraße ein ruhiges Fleckchen Erde mit Blick auf den Baldeneysee. Doch wer sich dieser Tage ins Dickicht wagt, sieht den Wald vor lauter Rampen nicht mehr. Und nicht nur die zerstören die Heisinger Idylle, tiefe Gräben und entwurzelte Bäume lassen es aussehen, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Dabei ist es das Werk ein paar halbstarker Fahrradfreunde.
Der Essener Umweltausschuss beriet sich bei seiner letzten Sitzung in hitziger Diskussion zum Thema Dirt Biking. So lautet jedenfalls die Bezeichnung im Stadtrat. Gemeint ist allerdings das bei Jugendlichen beliebte Downhill. Die Trendsportart, bei der die Fahrer in halsbrecherischer Manier Abhänge herunterheizen und dabei atemberaubende Kunstsprünge vollführen, sorgt im Moment aufgrund der zahlreichen Umweltschäden für Aufregung.
Risiko für Spaziergänger
26 Orte, an denen es ähnlich aussieht, wie an der Uhlenstraße soll es bereits in Essen geben. Die Eingriffe in die Natur sind nicht nur schlecht für Grünflächen und Biotope, sondern gefährden auch den Menschen und seine besten Freunde. Unlängst war ein Dackel für 72 Stunden in einem von Dirt Bikern gegrabenen Loch gefangen. Da die Strecken auf den ersten Blick nicht erkennbar sind, können auch Spaziergänger durch die Schlaglöcher leicht ins Straucheln kommen.
Die Verantwortlichen sind wegen ihrer schnellen Untersätze nur schwer zu verfolgen, weswegen man ihnen nun spezielle Flächen für ihr Hobby zur Verfügung stellen möchte. Wo die Strecken entstehen sollen, ist aber noch unklar. „An der Zeche Carl Funke ist ein Hang, der brauchbar wäre“, schlägt Fahrradspezialist Arndt Rödiger von HTB aus Heisingen vor. Sein Fahrradladen ist Anlaufpunkt für die Downhill-Szene.
Wunsch nach eigener Strecke
Dort arbeitet auch Mark, der sich mit dem Job das teure Hobby finanziert. „Ist geil“, beschreibt der blonde 17-Jährige den Adrenalinkick beim Brettern über die selbst gebauten Strecken. Wo er und seine Freunde mit bis zu 60 km/h herunterdonnern, würden andere nicht mal langlaufen, meint sein Chef.
Die beiden wären durchaus bereit, sich mit Leuten von der Stadt zusammenzusetzen und geeignete Strecken zu finden. „Aber die wollen sich nicht treffen“, stellt Mark enttäuscht fest. Überhaupt ist das Verhältnis zu den Förstern nicht besonders gut, da die ihre „Sprünge“, wie man die über einen Meter hohen Rampen nennt, einreißen. „Die stehen in drei Tagen eh wieder“, lässt er trotzig wissen. Ein Katz-und-Maus-Spiel.
Wenn man ihm und seiner Truppe einen Abhang nennen würde, an dem sie fahren und, besonders wichtig, selbst bauen könnten, würden sie die abgesperrte Altholzinsel in Ruhe lassen. „Das sind keine Kriminellen, sondern ruhige Typen, meistens aus gutem Hause“, nimmt Arndt Rödiger seine Kunden in Schutz. Auch wenn manche in ihrem sportlichen Eifer sicher übermotiviert sind: „Einmal kam hier ein Junge mit einer benzinbetriebenen Motorsäge an. Da hab’ ich dann den Vater angerufen.“ - Betreuung durch erfahrenere Sportler sei wichtig bei der nicht ungefährlichen Sportart und könnte auf legalen Pisten besser durchgeführt werden.
Stadt muss Lösung finden
Nun liegt es an der Stadt, geeignete Stellen für die Downhill-Fahrer auszuweisen. Seit zehn Jahren pflügen die Extremsportler schon die Essener Wälder um. Wenn sich alle Beteiligten an den runden Tisch setzen, sollte sich eine passende Lösung im hügeligen Essen finden lassen. Das könnte auch finanziell lukrativ sein, denn große Areale wie der Bikepark Winterberg im Sauerland locken mittlerweile zahlreiche Touristen an. Das Interesse der Szene an einem ähnlichen Gelände ist durchaus vorhanden.
Das kommunale Aktionsprogramm Umwelt und Sport (Kaktus) hat mittlerweile Kontakt zu den Fahrern aufgenommen und will sich Vorschläge anhören. Am 13. April soll es dann erste Gespräche über mögliche Strecken geben. Vielleicht müssen die Biker danach, zumindest gesetzlich, nicht mehr auf der schiefen Bahn fahren.