Essen. Das „ChorForum Essen“ und die katholische Kirche haben einen Vertrag über die Nutzung der ehemaligen Kirche St. Engelbert als Chor- und Kulturhaus geschlossen. Der Bau wird zunächst für fünf Jahre überlassen - für weltliche, aber würdige Zwecke.

Die Feuerprobe als Zentrum und Aufführungsort für das „ChorForum Essen“ hat die frühere Kirche St. Engelbert an der Kronprinzenstraße längst bestanden. Bereits 2010 brachte Alexander Eberle, Initiator und künstlerischer Leiter des 2006 gegründeten „ChorForum“, zum Festival „Maggio Musicale“ zahlreiche Chöre und Musikensembles zusammen.

Dies alles geschah damals noch auf Basis eines zweimonatigen Mietvertrags zwischen der City-Pfarre St. Gertrud, der die frühere Engelbert-Gemeinde im Zuge der Neustrukturierung im Bistum Essen zugeschlagen wurde. Jetzt gibt es einen langfristigen Vertrag zwischen Gertrudis-Pfarre und ChorForum. Darin überlässt die Pfarre die frühere Engelbert-Kirche dem Verein „ChorForum Essen“ unentgeltlich für zunächst fünf Jahre, mit Option auf zehn Jahre sowie einem festgelegten Vorkaufsrecht. Das „ChorForum “ kommt für Pflege, Unterhalt, Abgaben und Umbaukosten auf und nutzt den denkmalgeschützten Bau ab sofort für „weltliche“, wenn auch „würdige Zwecke“. So ist es im Vertrag vorgesehen.

Böhm-Bau verkommt nicht zum Party-Tempel

Für Bistum und Pfarre sicherlich beruhigend, dass der viel gepriesene Böhm-Bau nicht zum Party-Tempel oder Fitness-Studio verkommt. Immerhin spielte die Kirche der einst großen Gemeinde eine Rolle im stillen Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft. Vor der Zerstörung des Trutzburg ähnlichen Baus mit seiner ursprünglichen wuchtigen Doppelturmfassade fanden Jugendtage u.a. mit dem damals neu ernannten Kölner Kardinal Frings statt. Tausende katholischer Jugendlicher kamen noch Anfang der 1940er Jahre - und so gerieten diese Bekenntnistage zu imposanten Gegenveranstaltungen der Hitlerjugend-Aufmärsche.

Auch im Inneren der nach dem Bombenkrieg kleiner wieder aufgebauten Kirche wird Geschichte lebendig. Im hohen, bunt verglasten Chor hängt ein monumentaler Holzkruzifix von Ludwig Gies aus dem Jahr 1956. Gies zählte zu den von den Nazis als „entartet“ bezeichneten Künstlern, seine Werke wurden 1937 in der Münchener Schau „Entartete Kunst“ diffamiert. In Essen schuf er nach dem Krieg nicht nur den Kruzifix in St. Engelbert, sondern auch die großen Chorfenster der Münsterkirche.

Qualitätsvolle Neunutzung

Auch Alexander Eberle ist sich dieser Bedeutung der neuen Heimat des „ChorForums“ bewusst. Er plant dementsprechend eine angemessene wie qualitätsvolle Neunutzung.

Zwar stünden zum Beispiel die früheren Marmoraltäre und der Ambo der Funktion des ehemaligen Chors als Bühne im Weg. Aber man werde eine Lösung finden, glaubt der Musiker, der hauptberuflich als Chordirektor am Aalto-Theater arbeitet.

Die Kapelle am anderen Ende der Kirche solle erhalten bleiben, sagt Eberle. Als Meditationsort, vielleicht sogar für Hochzeiten, die anschließend im „ChorForum“ gefeiert werden können. Am 1. Mai soll das Zentrum auf jeden Fall betriebsfertig sein. Derzeit wird u.a. mit Hilfe des „Essener Konsens“ und des Franz Sales-Hauses das Untergeschoss als Proben- und kleine Aufführungsräume renoviert. Ab Mai soll der gesamte Komplex genutzt werden können.

Bittere Abschiede vom Gotteshaus

Hier entsteht das neue Gedächtnis des Ruhrbistums: Der schlichte Bau von St. Christophorus in Kray soll der neue Sitz des Bistumsarchivs werden. Foto: Frank Vinken
Hier entsteht das neue Gedächtnis des Ruhrbistums: Der schlichte Bau von St. Christophorus in Kray soll der neue Sitz des Bistumsarchivs werden. Foto: Frank Vinken © waz
Als Kirche für den Gemeindebetrieb bereits ausgemustert, jetzt als Katholische Schule für Pflegeberufe neu aufgestellt. An der Süderichstraße im Nordviertel wurde St. Peter 2008 zur Pflegeschule umgebaut. Foto: Kerstin Kokoska
Als Kirche für den Gemeindebetrieb bereits ausgemustert, jetzt als Katholische Schule für Pflegeberufe neu aufgestellt. An der Süderichstraße im Nordviertel wurde St. Peter 2008 zur Pflegeschule umgebaut. Foto: Kerstin Kokoska © waz
Leben im Gotteshaus: Hl. Dreifaltigkeit in Eiberg baut das Franz-Sales-Haus um in ein Wohnheim mit insgesamt 20 Plätzen sowie zwei Trainingswohnungen, in denen Menschen mit Behinderungen das selbstständige Wohnen lernen sollen. Foto: Frank Vinken
Leben im Gotteshaus: Hl. Dreifaltigkeit in Eiberg baut das Franz-Sales-Haus um in ein Wohnheim mit insgesamt 20 Plätzen sowie zwei Trainingswohnungen, in denen Menschen mit Behinderungen das selbstständige Wohnen lernen sollen. Foto: Frank Vinken © waz
Der Förderverein macht's möglich, dass hier noch etwas passiert: St. Maria Königin in Haarzopf. Schon beim Bau der Kirche haben die Gläubigen mitgeholfen. St. Maria Königin und Christ König gehören zur Groß-Gemeinde St. Ludgerus. Foto: Walter Buchholz
Der Förderverein macht's möglich, dass hier noch etwas passiert: St. Maria Königin in Haarzopf. Schon beim Bau der Kirche haben die Gläubigen mitgeholfen. St. Maria Königin und Christ König gehören zur Groß-Gemeinde St. Ludgerus. Foto: Walter Buchholz © WAZ
An Pfingsten wurde hier die letzte Heilige Messe gelesen und traurig gefeiert. Danach begann zügig der Umbau des Gotteshauses zum Seniorenzentrum. Heute ist Sankt Martin in Rüttenscheid ein Altenpflegezentrum. Foto: Arnold Rennemeyer
An Pfingsten wurde hier die letzte Heilige Messe gelesen und traurig gefeiert. Danach begann zügig der Umbau des Gotteshauses zum Seniorenzentrum. Heute ist Sankt Martin in Rüttenscheid ein Altenpflegezentrum. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Letzte Messe am 27. Dezember 2007: St. Engelbert an der Kronprinzenstraße. Das denkmalgeschützte Gebäude wird heute sporadisch für Konzerte genutzt. Foto: Kerstin Kokoska
Letzte Messe am 27. Dezember 2007: St. Engelbert an der Kronprinzenstraße. Das denkmalgeschützte Gebäude wird heute sporadisch für Konzerte genutzt. Foto: Kerstin Kokoska © waz
Letzte Messe im Februar 2009: St. Raphael in Bergerhausen. Die Kirche ist bereits profaniert, im Gebäude entstehen Wohnungen. St. Hubertus hatte mehr Gläubige. Foto: Walter Buchholz
Letzte Messe im Februar 2009: St. Raphael in Bergerhausen. Die Kirche ist bereits profaniert, im Gebäude entstehen Wohnungen. St. Hubertus hatte mehr Gläubige. Foto: Walter Buchholz © WAZ
Von Bauern und Bergleuten wurde sie einst aufgebaut, vom Ruhrbistum Essen ausgemustert: Jetzt betreiben die Angehörigen der Gemeinde Zur schmerzhaften Mutter in Eigenregie das Gotteshaus in idyllischer Lage in Werden-Hamm. Foto: Frank Vinken
Von Bauern und Bergleuten wurde sie einst aufgebaut, vom Ruhrbistum Essen ausgemustert: Jetzt betreiben die Angehörigen der Gemeinde Zur schmerzhaften Mutter in Eigenregie das Gotteshaus in idyllischer Lage in Werden-Hamm. Foto: Frank Vinken © waz
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