Essen. . Es taut und gibt wieder Temperaturen über null Grad. Zeit für eine erste Zwischenbilanz: Wer hat vom Winter profitiert, welche Branchen haben gelitten? Ein Stimmungsbild.

Bis zu 95 Grad heiß wird das Japan-Haus, eine der Saunen in der Grugapark-Therme . Beliebt war bei den Besuchern vor allem, nach dem Saunagang Fußstapfen im Schnee zu hinterlassen, sagt der Geschäftsführer des Kurhauses im Grugapark, Karsten Peipe. Doch dass die Besucher im Vergleich zu den Vorjahren in diesem besonders kalten Winter in Massen in die heiße Sauna strömen, könne er nicht sagen. Viele hätten die glatten und verschneiten Straßen gemieden. „Dabei ist unser Parkplatz doch besonders gut geräumt gewesen“, sagt Peipe und lacht. Stimmt sogar, denn an vielen Wochen im Jahr - so auch derzeit - steht ein wichtiger Messe-Parkplatz zur Verfügung. Fazit: Ein normales Wintergeschäft.

Schnee und Matsch auf den Straßen bedeutet nicht nur weniger Verkehrsaufkommen, sondern auch

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weniger potenzielle Kunden für Waschstraßen. Konkrete Zahlen wollte Bernd Tobergte, Niederlassungschef der Waschstraße Mr. Wash an der Gladbecker Straße in Altenessen nicht nennen. „Klar, haben wir weniger Kunden. Viele glauben, dass entweder Waschstraßen einfrieren oder nach einem Waschgang sogar ihr eigenes Auto.“ Das sei ein „Irrglaube“. „Mein Auto friert nicht ein. Man muss nur im Herbst die Gummidichtungen zum Beispiel mit Glycerin einpflegen, dann passiert nichts.“ Er hofft auf Besserung. „Viele Autos sind ja extrem schmutzig“. Fazit: Verlierer.

Durch die neue Winterreifenpflicht, die Verkehrsminister Peter

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Foto: Horst Müller © WAZ FotoPool

Ramsauer (CSU) auf den Weg brachte, müsste das Geschäft der Reifenhändler boomen. Doch so logisch das erscheinen mag, so falsch ist es auch. Der Markt für Reifen ist leer gefegt. Erst im Laufe des Januars oder Februars erwartet man wieder neue Lieferungen, sagt Dietmar Grimm vom gleichnamigen Reifen-Service. „Manche Zwischenhändler verlangen Reifen-Preise, die doppelt so hoch sind wie normal“, berichtet Grimm. Die Preise seien „Wahnsinn.“ Aufgrund der Lieferengpässe ist das große Geschäft ausgeblieben. Schon der letzte Winter sei streng gewesen, daher sei das Geschäft nicht besser als im vergangenen Jahr. Fazit: Ein normales Wintergeschäft.

Die Evag profitiert beim Ticketverkauf von den Schneemassen, die die vergangenen Wochen

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bestimmte. „Aber hallo. Bei uns stehen die Kunden Schlange“, sagte ein Mitarbeiter vom Kundenservice am Hauptbahnhof. Viele Essener hätten sich nicht mehr mit ihrem eigenen Auto auf die Straße getraut und seien auf Busse ausgewichen. Es seien sehr viele Monatstickets verkauft worden - trotz der seit häufig gleichlautenden Meldung auf den Anschlagtafeln der Buslinien: „Wetterbedingt kommt es auf den Buslinien zurzeit zu erheblichen Verspätungen und Ausfällen.“ Mit Bezug auf die verkauften Tickets lautet das Fazit: Gewinner.

Baumärkte profitieren: Von „gewaltigen Umsatzzuwächsen“ und einem überdurchschnittlich guten Verkauf von Schlitten, Salz und Schneeschiebern spricht etwa Hornbach-Sprecherin Ursula Dauth. Immer wenn neues Salz oder Schneeschieber geliefert werden konnten, seien diese im „null Komma nichts weg gewesen“. Der „Run ist gewaltig“. Das ganz klare Fazit: Gewinner.

Auch bei Auto-Teile-Unger (A.T.U.), die in Essen mit vier Filialen vertreten sind, läuft das Geschäft nach Angaben von Pressesprecherin Marina Raml mit Winterartikeln prächtig, vor allem Eiskratzer, Teleskop-Schneebesen, Frostschutzmittel sind Verkaufsschlager. Fazit: Gewinner.

Gedränge im Einkaufszentrum Limbecker Platz. Foto: Kerstin Kokoska
Gedränge im Einkaufszentrum Limbecker Platz. Foto: Kerstin Kokoska © WAZ FotoPool

Der Einzelhandel geht gestärkt aus diesem Winter. Mit bis zu zwei Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahres-Winter rechnet der Einzelhandelsverband Ruhr. Besonders profitieren die Textilbranche und Schuhgeschäfte. Auch der Leiter von Sport-Scheck in Essen, Stefan Weiß, ist zufrieden, kann sich nicht beklagen. „Wir verzeichnen ein zweistelliges Umsatzwachstum.“ Warme Kleidung, Winterschuhe und Schlitten waren die meistverkauften Artikel. Wer jetzt noch Schlitten haben will, muss warten. „Die Industrie war dem Ansturm nicht gewachsen, obwohl Mitarbeiter aus dem Urlaub geholt wurden“, sagt Weiß. Fazit: Gewinner.

Ordentlich mit dem starken Wintereinbruch zu kämpfen hatten die Gaststätten . „Viele Leute trauen sich bei dem Wetter nicht mehr vor die Tür“, berichtet Christiane Behnke, Vorsitzende der Kreisgruppe Essen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Besonders hart treffe es Lokale in dezentraler Lage – wie Behnke als Inhaberin der Krayer Gaststätte „Budike“ auch aus eigener Erfahrung lernen musste. Etliche Reservierungen wurden storniert — auch über die Feiertage. Dabei sei das Weihnachtsgeschäft im Allgemeinen nicht schlechter gelaufen als in den Vorjahren. „Aber wenn die Stadt es nicht schafft, selbst die Hauptstraßen freizubekommen, muss man sich nicht über ausbleibende Gäste wundern“, ärgert sich Behnke.
Fazit: Verlierer.

Keinen großen Einfluss nimmt der Winter auf den Geschäftsalltag der Reisebüros . Die große

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Reisewelle in wärmere Gefilde blieb aus. Jedenfalls spürt das Reisebüro Kozica keine Fluchtbewegungen vor den Schneemassen. „So kurzfristig war es ohnehin noch schwer, Reisen zu buchen, um zum Beispiel Silvester im Warmen zu verbringen“, sagt Geschäftsführer Thomas Wenglikowski. Ein Verlust durch Kunden, die wegen des Wetters nicht den Weg ins Reise-Büro finden, sei nicht zu spüren gewesen: „Dafür wird in diesen Tagen vermehrt die Möglichkeit der telefonischen Beratung und Buchung genutzt.“ Fazit: ein normales Wintergeschäft.

Wenn der Bus oder die Straßenbahn nicht fährt, muss man entweder warten, zu Fuß gehen - oder aber man steigt in ein Taxi ein. Für Taxizentralen ist der „harte“ Winter ein Glücksfall. Nein, weit gefehlt. „Wer glaubt, dass wir uns eine goldene Nase verdienen, der irrt“, sagt eine Mitarbeiterin von Taxi Süd, die nicht namentlich zitiert werden möchte. „Statt vier Fahrten pro Stunde schaffen wir aufgrund der Straßenverhältnisse nur zwei.“ Dass das Geschäft sehr gut laufe, sei eine „irrige Annahme“, auch wenn die 31 Fahrzeuge natürlich annähernd rund um die Uhr ausgelastet seien. Fazit: Eher Verlierer.

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Für Essener Diskotheken waren die letzten Tage kein Grund zum Feiern: Viele Gäste, die sonst gerne die Feiertage wörtlich nehmen und ordentlich abzappeln, ließen sich in diesem Jahr vom kalten Treiben davon abhalten, sich bei heißen Rhythmen aufzuwärmen. „Wenn die Bahnen und Busse nicht fahren, haben die Leute es verständlicherweise auch schwer, zu uns zu kommen“, sagt die Sprecherin eines Essener Tanzclubs. Fazit: Verlierer.

Mit dem filmreifen Wintereinbruch haben die Kinos zu kämpfen gehabt. „Für uns war es auch schon ungünstig, dass Heiligabend auf einen Freitag fiel“, sagt Marianne Menze, Geschäftsführerin der Essener Filmkunsttheater GmbH. So sei es zu erwarten gewesen, dass das Wochenendgeschäft allein durch die Feiertage mau blieb. Normalerweise ziehen die Besucherzahlen zum zweiten Weihnachtstag wieder kräftig an“, betont Menze. Ein Effekt, der dieses Jahr, dem Wetter geschuldet, ausblieb. Fazit: Verlierer.