Altenessen. .
Um die Situation in Altenessen zu verbessern, sind derzeit das Jugendamt und das Jugendhilfe-Netzwerk Essen Nord der Arbeiterwohlfahrt vor Ort. In den nächsten zwei Monaten befragen sie intensiv die verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
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Die Schlagzeilen sind bekannt: Drogenhandel, randalierende – vorrangig ausländische – Jugendliche und Gewalt. Dies sind die Attribute, mit denen das Quartier zuletzt in Verbindung ge-bracht wurde. Unrühmlicher Höhepunkt war eine Massenschlägerei im Juli dieses Jahres, die Lokalpolitiker von einem „rechtsfreien Raum“ sprechen ließ und ein Szenario der Angst schürte. Nun sprach sich der Integrationsbeirat in einer Sondersitzung für eine Befragung von Bürgern, Jugendlichen und Institutionen vor Ort aus, die am Samstag begann.
„Wer Handlungsempfehlungen geben will, muss die Lage genau kennen“, erklärt Projektleiter Thomas Rüth (Awo) die Intention der Befragung. „Wir wollen schauen, wie die Situation wirklich ist. Denn nur eine Wahrheit gibt es nicht. Dies liegt immer im Auge des jeweiligen Betrachters oder Betroffenen.“ Eine ältere Dame, der man die Handtasche stahl, habe verständlicherweise ein anderes Sicherheitsempfinden als ein Jugendlicher, der sich besser durchsetzen könne. „Wir wollen deshalb ein reales Stimmungsbild zeichnen“, so Thomas Rüth weiter.
Deshalb werden insgesamt sechs erfahrene Sozialarbeiter immer wieder den Weg zum Bahnhof Altenessen suchen, um die Situation im Stadtviertel aus Sicht möglichst vieler beteiligter Gruppen zu beleuchten – paarweise und pro Team 90 Stunden lang in den nächsten zwei Monaten. „Unser Ziel ist es, rund 100 Personen aus jeder Gruppe zu erreichen, um möglichst viele zusätzliche Erkenntnisse über die Situation zu gewinnen.“
Sozialarbeiter scheuen keine ungewöhnlichen Zeiten
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, scheuen sich die Sozialarbeiter nicht, auch zu ungewöhnlichen Zeiten, also am Wochenende und sogar nachts vor Ort zu sein. Thomas Rüth: „Wir werden sehen, was bei diesen Nachtschichten herauskommt und wer uns Rede und Antwort stehen kann und will.“
„Wie sehen Sie das mit der Sicherheit hier im Stadtteil?“ und „Müsste etwas getan werden? Wenn ja, was genau?“ So lauten beispielsweise die Fragen der Interviewer. Notiert werden die Antworten so, wie sie kommen. „Da kann es auch schon einmal ,Ausländer raus’ oder ,Wir wollen mehr Polizei’ heißen“, vermutet Rüth.
Es sollen jedoch auch möglichst viele Akteure jeder Gruppe gewonnen werden, um sie an zukünftigen Veränderungsprozessen und Planungsschritten zu beteiligen. „Deshalb fragen wir die Menschen auch, was sie persönlich zur Veränderung der Situation beitragen könnten und ob sie sich künftig selbst stärker engagieren möchten“, so der Projektleiter weiter. Dies könne beispielsweise auch der libanesische Gemüsehändler sein, der sich für ein friedliches Miteinander einsetzt, um die Basis für sein Geschäft und seinen Lebensunterhalt nicht zu gefährden.
Ob dies gelingt, muss sich zeigen. Interviewer Arnd Michel sieht zumindest positive Ansätze: „Wir wurden in allen Geschäften freundlich empfangen. Hier haben sich die Hilfe und die Kontakte des libanesischen Vereins der Familienunion ausgezahlt.“