Essen.

Die elektronischen Anzeigetafeln der Evag sollen eigentlich die echten Ankunftszeiten der Bahnen melden. Doch genau macht das neue Informationssystem nicht. So werden aus drei Minuten nicht selten fünf Minuten oder mehr.

Seit Anfang des Jahres rüstet die Essener Verkehrs-AG (Evag) ihre überirdischen Bus- und Stadtbahn-Haltestellen mit einem neuen Informationssystem aus. Elektronische Anzeigen sollen Abweichungen vom statischen Fahrplan übermitteln - und die Fahrgäste so zuverlässig und schnell informieren, wann ihr Bus oder ihre Bahn wirklich kommt. Soweit die Theorie.

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Wer öfter mit der U-Bahn fährt, kennt die Praxis: Dort zeigen die elektronischen Infotafeln der Evag durchaus nicht selten Merkwürdiges an: Angezeigte drei Minuten dauern tatsächlich fünf Minuten, die U-Bahn U17 überholt auf der Anzeige plötzlich die U18 - obwohl sie doch auf dem gleichen Gleis fährt.

Nur Prognosen

Die Evag erklärt diese Kuriositäten mit der verwendeten Technik - diese liefert nämlich nur Prognosen über die tatsächlich Ankunftszeit der Bahn. Im Zugverkehr errechnen sich diese Prognosen aus dem Fahrplan und den elektronischen Signalen, die die fahrenden Züge aussenden. Die werden an verschiedenen Mess-Stellen in den Tunneln abgelesen und an einen zentralen Rechner weitergeleitet, der sie wiederum an die Anzeigen sendet.

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„Mittlerweile haben wir aber gute Näherungswerte für unsere Prognosen“, sagt Evag-Sprecher Nils Hoffmann. Auf „etwa 95 Prozent“ beziffert er die Genauigkeit der Anzeigen in den U-Bahnhöfen. Dieses System sollte mit Beginn des Kulturhauptstadtjahres nun also auch auf den überirdischen Nahverkehr übertragen werden. Dass es dabei Anlaufschwierigkeiten gab, will Hoffmann nicht leugnen; er kennt die Beschwerden der Fahrgäste. „Und ich muss ihnen Recht geben.“ Nur müsse man sich von der Vorstellung verabschieden, „dass man ein solches System betriebsfertig kaufen kann. Man kann es nur im Fahrbetrieb selbst testen.“ Lernen am fahrenden System nennt man das wohl.

Wie genau dieses neue System funktioniert, weiß niemand besser als Andreas Knebel. Der ist bei der Evag Leiter für Prozess-/Bahnsicherungstechnik. Knebel erklärt, dass jeder Bus und jede Straßenbahn über einen Bordrechner verfügt, in dem der Fahrplan hinterlegt ist. Vor dem Start meldet sich der Fahrer mit seiner Linie und dem Kurs beim Betriebssystem an, das die Daten an den Zentralrechner weitergibt. Unterwegs wird der Standort alle 75 Sekunden per Analogfunk aktualisiert. „Wenn es dann Funklöcher gibt, tauchen natürlich Probleme auf“, sagt Knebel.

Ab einer Entfernung von einem Kilometer zum Haltepunkt kann sich der Bus dann erstmals direkt und nicht über den Server bei der Haltestelle anmelden. Feinjustierungen sind auf dem letzten Kilometer noch an zwei weiteren Meldepunkten möglich. Weil diese Meldepunkte aber nur eingehende Signale registrieren, werden Verspätungen nicht angezeigt – die Anzeige bleibt beim letzten Wert stehen. Da können die angezeigten drei Minuten schon mal länger dauern. Denn nur bei großen Verspätungen greifen die Mitarbeiter in der Leitstelle in das vollautomatische System ein.