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Zielgruppe Schule: Sicherheits-Firmen werben mit Produkten zum Schutz vor Amokläufen. Kritiker halten das für Panikmache - Schulen würden mit solchen Maßnahmen zur Festung.
Unter dem Motto „Mehr Sicherheit für Schulen“ wirbt der „Bundesverband der Hersteller- und Errichterfirmen von Sicherheitssystemen“ auf der Messe „Security“. Präsentiert werden Produkte, die im Fall eines Amoklaufs das Schlimmste verhindern sollen.
Die Ennepetaler Firma „Dorma“ präsentiert zum Beispiel das „Zugangssystem XS“ – auf der Messe hat man dafür extra ein Klassenzimmer nachgebaut, mit echten Stühlen und Tischen. Die Tür ist von innen verriegelbar – von außen erhält nur jemand Zutritt, der eine Chipkarte vors Schloss hält. So hätte ein Täter keine Chance, die Klasse zu betreten.
Wieviel Sicherheit ist übertrieben?
„Dieses System wurde bereits an einer Montessori-Schule in Pforzheim eingebaut“, berichtet „Dorma“-Vertreter Dietmar Bendig am Messestand. Nach dem Amoklauf in Winnenden (2009, 16 Tote) habe man „proaktiv reagiert“ und ein Schließ-System-Konzept speziell für Schulen entwickelt. Bendig: „Für die zu erwartende Nachfrage wollten wir gewappnet sein.“ In einer „Dorma“-Pressemitteilung heißt es: Nach dem Amoklauf von Winnenden werde „für viele Schulen das Thema der elektronischen Zugangskontrolle künftig immer selbstverständlicher“.
Ingo Penkwitt, Leiter der städtischen Immobilienwirtschaft, hält diese Prognose für einigermaßen übertrieben: „Ein Amoklauf ist bei aller Dramatik weiter die Ausnahme, nicht die Regel. Er kann nicht Maßstab sein.“ Sich mit baulichen Maßnahmen dageegn zu wappnen, hält Penkwitt für bedenklich: „Wo fängt man da an, wo hört man auf?“
Entscheidender sei das soziale Klima an einer Schule – werden Schläge auf dem Schulhof geduldet oder gemeldet? Fällt jemandem auf, wenn ein Fremder den Schulhof betritt?
Schule gleich Festung?
Ähnlich argumentiert Schulpsychologe Klaus Peter Kleinsimon, Leiter der Regionalen Schulberatungsstelle: „Das subjektive Sicherheitsgefühl der Schüler steigt nicht, sondern sinkt, wenn Sie anfangen, die Schule in eine Festung zu verwandeln.“ Kleinsimon hält auch nichts von ultrastabilen Türen, die man nicht eintreten könne: „Im Zweifel muss die Polizei eine Tür überwinden können.“
In Einzelfällen wäre Videoüberwachung auf dem Schulhof womöglich sinnvoll, glaubt Kleinsimon – als Maßnahme gegen erwachsene Eindringlinge. Videoüberwachung ist aber wegen des Datenschutzes kompliziert. Durchsagen in alle Klassenzimmer könnten in den meisten Schulgebäuden gemacht werden – allerdings haben alte Grundschul-Gebäude oft keine Sprechanlagen. Ob Durchsagen im Krisenfall überhaupt helfen, ist umstritten.