Essen. Wie alltagstauglich ist ein "e-Book"? Im Alltagstest zeigt sich: Elektronische Lesegeräte haben viele Vor-, aber auch entscheidende Nachteile - ob im Bus, an der Haltestelle oder in der Kantine. Bei den Buchhändlern halten sich Anfragen derzeit noch in Grenzen.
1. Die Begegnung. Ich packe das elektronische Lesegerät („Reader” oder „e-Book”) aus und bin ein bisschen entsetzt. Es ist gebunden in einen Schutzumschlag aus Schweineleder. So teure Technik, aber verhüllt in eine Verpackung, die aussieht wie ein Sparbuch. Egal.
2. Die ersten Versuche. Ich habe den „Sony PRS-505”. Ihn gibt es zum Beispiel bei der Mayerschen Buchhandlung in der City, 199 Euro. Das Gerät ist schlank, sieht edel aus und liegt gut in der Hand. Zum Umblättern gibt es Knöpfe, links und rechts. Das heißt, auch Linkshänder kommen klar. Bei der „Mayerschen”, verzeichnet man übrigens „reges Interesse” an elektronischen Lesegeräten. Andere Buchhändler in den Stadtteilen winken aber ab: „Keine Anfrage bislang”, heißt es in Borbeck, Werden oder Stadtwald. Es gibt nicht wenige Händler, die das Ganze für noch nicht ausgereift halten.
Ich verbinde Reader mit meinem Bürocomputer und finde heraus: Er kann auch Musik und Fotos speichern.
Der „PRS-505” hat 256 MB Speicher, 192 sind für Bücher reserviert. Heißt: Man bekommt etwa 160 Bücher auf seinen „Reader”. Bespielt wird das Gerät mit Internet-Downloads. Sie sind etwas billiger als echte Bücher. Ich fange an zu lesen: „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?” Der Philosophie-Bestseller von Richard David Precht, er ist vorinstalliert. Im Vorwort erzählt der Autor aus seiner Jugend: „Was blieb, war die Suche nach dem richtigen Leben und nach überzeugenden Antworten auf die großen Fragen des Lebens.” Meine größte Frage heißt gerade: Wie kriege ich die verdammte Schrift größer?
3. An der Bushaltestelle. Es gibt einen Knopf mit einer Lupe drauf. Die Schrift ist in drei Größen darstellbar. Guter Komfort! Ich stehe da und warte auf meinen Bus, es dämmert, aber noch kann ich gut lesen. Der Bildschirm ist flimmerfrei, die so genannte „E-Ink”-Technologie braucht nur Strom beim Umblättern. Der Kontrast: gut. Aber wenn es zu dunkel wird, braucht man eine Lampe zum Lesen. Aber das ist bei normalen Büchern ja nicht anders. Plötzlich fragt mich ein Mann: „Has' ma'n Euro?” Das ist mir hier noch nie passiert. Verschreckt gebe ich eine Münze. Merke: Ein „e-Book” in der Öffentlichkeit suggeriert Wohlstand.
4. Im Bus. Der Bildschirm des Geräts ist angenehm matt. Ich lese interessiert über Nietzsches Leben. Auf Knopfdruck kann man Lesezeichen setzen – diese Stellen findet man dann ganz schnell wieder. Dann fängt das nächste Kapitel an. Jetzt würde ich gern weiterblättern, ein paar Seiten auf einmal. Das geht nicht, man kommt immer nur eine Seite vor und zurück. Merke: Hin- und Herlesen, vorauslesen, anlesen – das alles ist schwer mit dem „e-Book”. Aber man kann zwischen den gespeicherten Titeln hin- und herspringen. Das Gerät merkt sich die Stelle, an der man aufgehört hat: So wird Lese-Zapping möglich! Fast verpasse ich meine Haltestelle. Hektisch packe ich das Gerät weg. Dabei habe ich Angst, dass es mir hinfällt. Ein schnödes Buch wäre jetzt pflegeleichter.
5. In der Kantine. Die Sonne scheint durch die Fenster. Die Schrift ist trotzdem gut zu erkennen. Ich löffle Hühnersuppe mit Eierstich, gleichzeitig versuche ich, zu lesen. Ich habe Angst, dass ich das gute Gerät bekleckere. Merke: Bei Tisch, am Strand, im Zelt – nicht für jeden Einsatz ist das „e-Book” geeignet.
6. Fazit: Für Viel-Leser, die permanent unterwegs sind, ist das "e-Book" sicherlich eine lohnende Anschaffung. Vielleicht auch für Technik-Freunde. Für normale Durchschnittsleser aber derzeit wohl kaum.