Digitales Lesen hat Vor- und Nachteile. Ist das E-Book das Buch der Zukunft?
Jedes Buch wiegt genau 260 Gramm. Das entspricht einer XXL-Packung Schokolade – und dem Gewicht des E-Book Readers. Statt bunter Einbände präsentiert er eine glatte Aluminium-Rückseite. Er wird nicht aufgeschlagen, sondern eingeschaltet. Beim Umblättern rascheln keine Seiten, denn das funktioniert per Knopfdruck. Eselsohren setzt dem Reader auch niemand auf, dafür gibt's elektronische Lesezeichen. Es ist also wirklich, um es mit Annika Denniger, Filialleiterin der Mayerschen Buchhandlung, zu sagen, „eine ganz andere Art des Lesens”.
Der größte Vorteil des Readers liegt auf der Hand: Er spart eine Menge Platz. Mühelos fasst er den Inhalt von ein paar Metern Bücherregal – 160 E-Books passen auf seine Speicherkarte. Wer einen größeren Lesehunger stillen möchte, kann das Fassungsvermögen auf bis zu 16 Gigabyte erweitern. Dann lassen sich 13 000 Bücher bequem in der Handtasche tragen. Vier der Geräte würden also die komplette Herner „Mayersche” mit ihren über 50 000 Bänden ins Aluminiumgehäuse stecken.
Allerdings noch nur theoretisch, denn das Angebot an E-Books kann mit der Masse verfügbarer Bücher zur Zeit noch nicht mithalten. Was auf der Homepage der „Mayerschen” an Texten runterzuladen ist, sei „schon weniger als das, was wir im Laden haben”, wie Denniger zugibt. Aktuell geht's auf den elektronischen Seiten aber trotzdem zu, manchmal sogar aktueller als auf den Pendants aus Papier: Manche Bestseller erscheinen in digitaler Form, bevor sie zum Probeblättern in die Regale der Buchhandlungen kommen.
Geld lässt sich mit der Umstellung vom Blätterwald auf die Pixelwelt nicht sparen. Taschenbücher kosten auch als Datei nicht weniger; nur bei einigen Hardcover-Bänden kommt das E-Book eventuell ein bisschen billiger daher. Der Reader kostet aber auch seine 299 Euro, die wollen erstmal wieder reingelesen werden.
Das digitale Lesevergnügen hat außerdem noch einen Haken ganz anderer Art. Denniger: „Diese Optik, diese Bibliotheksmäßige, was viele Bücherliebhaber wollen – das bietet der Reader natürlich nicht.” Trotzdem betrachtet sie ihn als „eine gute Ergänzung. Wir haben die Möglichkeit, wählen zu können – das ist ein Luxus.”
Die Wahl der Stadtbibliothek ist bisher nicht auf das E-Book gefallen. Leiterin Karin Anlauf findet, „die Bibliotheken sind noch nicht soweit”. Vor allem die Kunden sind es wohl noch nicht: „Schöne Literatur wird von der Mehrzahl der Leser immer noch gern als Printbuch gelesen.” Für 2010 plant Anlauf trotzdem, E-Books online zum Leih-Download anzubieten.
Bei Koethers und Röttsches wird es auch in Zukunft wohl kein E-Book-Angebot geben. „Wir hatten noch keine Nachfrage”, erklärt Inhaberin Elisabeth Röttsches. Ihrer Meinung nach ist das digitale Buch eher etwas für Berufsleser und Technikbegeisterte. Der klassische Leser greife lieber zum klassischen Buch. Auch sie selbst findet es „wunderbar, ein Buch in der Hand zu halten.” Eines, das nicht genau 260 Gramm wiegt.
Der Reader zum E-Book: Was er noch alles kann
Das E-Book selbst ist die Textdatei, die auf dem 6-Zoll-Display zu lesen ist. Das Gerät kann aber beileibe nicht nur lesen: Word- und PDF-Dateien kann es ebenso wiedergeben wie MP3s abspielen. Der Reader kann also auch Musik spielen oder Hörbücher vorlesen. Die Schriftgröße lässt sich auf bis zu 150% vergrößern – für Sehbehinderte eine Alternative zum Großdruck. Eine Akkuladung reicht für 6800 Seitenumschläge. So lassen sich zwölf Romane am Stück verschlingen, bevor der Reader an die Steckdose muss.