Essen.

Die Positionen sind klar: Der Landesbetrieb „Straßen.NRW“ treibt das Linienbestimmungsverfahren für den Bau des Ruhrallee-Tunnel voran. Die Bürgerinitiative „Wege für Essen“ (BI) mahnt dagegen zur Aufgabe der Tunnelpläne.

Erstmals saßen beide Parteien nun an einem Tisch; dabei äußerten die BI-Mitglieder Georg Nesselhauf und Klaus-Dieter Bußmann durchaus Verständnis für die Position des Landesbetriebs, dessen originäre Aufgabe es sei, Straßen zu bauen. Doch: „Wir denken, dass wir modernere Verkehrskonzepte brauchen und nicht Pläne aus den 60er Jahren umsetzen sollten. Man muss da ganz neu denken“, betonte Bußmann.

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Allein: Eine Lösung muss her. Mit dem A44-Lückenschluss zwischen Velbert und Ratingen kommen ab 2017, so rechnen Verkehrsgutachter, 15 000 Fahrzeuge zusätzlich auf der ohnedies überlasteten Strecke an.

Am Rande der Leistungsfähigkeit

„Man darf aber nicht nur den Teilabschnitt Ruhrallee sehen“, mahnte Bußmann und weiter: „Wir haben es hier mit einer Transitautobahn mitten durch die Stadt zu tun, die A3 und A43 verbindet. Auch wenn das in den Genehmigungsverfahren fatalerweise in neun Teilstücke gegliedert ist.“ Der prognostizierte Mehrverkehr jedoch, so betont Jörg Reißing, Projektleiter Straßen.NRW, sei nur ein Grund mehr für die Tunnellösung. Aus Sicht seiner Behörde, die im Auftrag des Bundes plant, die einzige Lösung, den Mehrverkehr aufzufangen.

Womit noch ein Streitpunkt auf die Tagesordnung kam: Die Verkehrszahlen. Geplant ist, die Ruhrallee im Zuge des Tunnelbaus von derzeit zwei auf eine Fahrspur zurück zu bauen. Derzeit rollen 65 000 Fahrzeuge täglich über die Strecke, wenn der Tunnel da ist, sollen es oberirdisch noch 30 000 Fahrzeuge sein – derweil 50 000 durch den Tunnel geführt werden. „Damit“, so Bußmann, „kalkuliert Straßen.NRW von Anfang an am Rande der Leistungsfähigkeit des Tunnels und der Straße.“

BI äußert Befürchtungen

Reißing betonte, der Tunnel sei in der geplanten Auslegung leistungsfähig genug. Die Einspurigkeit der Ruhrallee sei ebenfalls unproblematisch zu sehen. Der Zufluss solle nach den Plänen von Straßen.NRW mit Hilfe von Einbahnstraßen durch die angrenzenden Wohngebiete sowie durch Ampeln geregelt werden.

Zwischen Nordportal, also dem Tunnel-Ein- und Ausgang, und der A52-Anschlussstelle sei darüber hinaus vorgesehen, den oberirdischen sowie den aus dem Tunnel kommenden Verkehr, geschätzt rund 60 000 Fahrzeuge, dreispurig Richtung Innenstadt über die Brücke zu leiten. Platz genug sei dort, 20 000 Fahrzeuge würden schließlich gar nicht an die Oberfläche kommen, sondern durch den Tunnel direkt auf die A52 geleitet.

Stau wird verlagert

Die BI äußerte jedoch Befürchtungen, damit werde der Stau lediglich an die Kreuzung Kronprinzenstraße verlagert. Reißing winkte ab: Zäh fließender Verkehr auf der Ruhrallee entstehe nicht am Autobahnkreuz zur A52, sondern resultiere meist aus den Rückstaus, die sich an Marie-Juchacz- und Westfalenstraße bildeten.

Die Befürchtungen der BI, Häuser im Bereich des Nordportals müssten fallen, um Platz zu schaffen für die Tunnel-Aus- und Einfahrspuren, teilt Reißing nicht. Der Anschluss an die A52 erfolge schließlich unterirdisch. „Nach den anerkannten Regeln der Technik“, also unter Einhaltung der Sichtbeziehungen und Wechselspurlängen, lasse sich dies kaum umsetzen, gab jedoch Bußmann zu bedenken.

Am Lärmschutzkonzept wird gearbeitet

In der Kritik der BI steht auch das laufende Linienbestimmungsverfahren, das ohne Öffentlichkeitsbeteiligung läuft. „Wenn einmal eine Linie bestimmt ist, dann ist die Trasse vorgegeben und es gibt keine Möglichkeit mehr, ergebnisoffen nach alternativen Lösungen zu suchen“, betonte Nesselhauf, „im politischen Prozess werden die Überlegungen dann als abgeschlossen angesehen.“

Nach Rücksprache mit Politikern, Gremien und Fachleuten sei die BI sicher, binnen drei Jahren ein tragfähiges Verkehrskonzept für den gesamten Betrachtungsraum aufstellen zu können, das binnen zehn bis zwölf Jahren umsetzbar sei. Von Staßen.NRW-Projektleiter Reißing nach Alternativideen befragt konnten Bußmann und Nesselhaufkein Konzept präsentieren.

Arbeit am Lärmschutzkonzept

Reißing betonte die Sinnhaftigkeit der Straßen-NRW-Pläne: „Alle von uns vorgelegten Varianten würden im Vergleich zum jetzigen Zustand zu einer Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastungen führen.“

Die BI bezweifelt dies: Im nördlichen Bereich der Ruhrallee auf Höhe der Ahrfeldstraße werde es zu einer erheblichen Lärm- und Schadstoffzunahme kommen, weil sich dort die verkehrliche Mehrbelastung nach dem Lückenschluss am stärksten auswirke. An einem Lärmschutzkonzept, entgegnete Reißing, arbeite man. Denkbar seien Lärmschutzwände oder eine Einhausung des Portals.