Essen. .

Die Essener Schulen haben unterschiedliche Modelle, mit dem ersten Doppeljahrgang in der Oberstufe umzugehen. Am Burggymnasium werden Zehnt- und Elftklässler gemeinsam unterrichtet. Organisatorisch eine große Herausforderung.

Vor fünf Jahren starteten die ersten Fünftklässler an den Gymnasien, um dort bereits in acht (G8) statt in neun Jahren (G9) Abitur zu machen. In diesem Schuljahr sind die angehenden Turbo-Abiturienten mit der 10. Klasse schon in der Oberstufe angelangt – genauso wie die G9-Schüler, die sich nach dem alten System mit der Jahrgangsstufe 11 im ersten Oberstufenjahr befinden.

Doppelte Schülerzahlen

Dieser erste Doppeljahrgang in einer Stufe stellt die Essener Gymnasien schon angesichts der Schülermenge organisatorisch vor große Herausforderungen. Wie sind denn nun ihre Erfahrungen nach vier Wochen Unterricht? Eine Zwischenbilanz.

Am Mädchengymnasium BMV in Holsterhausen sind nach den Sommerferien 145 Schülerinnen der Jahrgangsstufe 10 und 132 Schülerinnen der Klasse 11 in die Oberstufe aufgerückt. „Das sind fast doppelt so viele wie gewöhnlich. Deswegen sind wir glücklich, dass organisatorisch alles so reibunglos geklappt hat“, sagt Schulleiterin Schwester Ulrike Michalski. Am BMV werden die beiden Jahrgänge komplett getrennt unterrichtet, „weil wir es in beiden Jahrgängen schaffen, genügend Grundkurse anzubieten.“

Darüber ist die Schulleiterin „auch pädagogisch sehr froh“. Denn natürlich sei es ein Unterschied, ob eine Schülerin fünf oder sechs Jahre auf die Oberstufe vorbereitet worden sei: „Die Zehntklässler können einfach noch nicht so weit sein.“ Bis zu 34 Wochenstunden hat eine G8­-Gymnasiastin am BMV – verteilt auf einen langen und vier kurze Unterrichtstage. Da bleibt keine Zeit mehr für die Betreuung der Fünft- und Sechstklässler, die die Oberstufenschüler traditionell übernehmen: „Das ist in diesem Jahr sehr problematisch.“

Kaum noch Freizeit

Dass die 15-jährigen G8-Gymnasiasten mehr Unterricht haben als ihre ein Jahr älteren G9-Kollegen kritisiert auch Manfred Reimer, Direktor am Leibniz-Gymnasium in Altenessen, dessen Oberstufe auf stolze 500 Schüler angeschwollen ist. „Viele jüngere Schüler geraten so unter einen starken Druck, weil sie kaum noch Freizeit haben.“

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Zum Vergleich: G8-Schüler haben am Leibniz-Gymnasium 35 Wochenstunden Unterricht - fünf Stunden mehr als die G9er. Deswegen ist Reimer froh, dass es gelungen ist, „den Unterricht für die Oberstufe zwischen der ersten und der achten Stunde abzuwickeln und dabei keine großen Lücken zwischen den Stunden entstehen zu lassen“.

Gemeinsame Grundkurse mit Zehnt- und Elftklässlern habe man ganz bewusst nicht eingerichtet. Und werde das auch bis zum ersten Doppelabitur 2013 nicht tun. Denn: „Die Schüler haben nicht den gleichen Leistungsstandard.“

Leistungs- und Entwicklungsunterschiede

Leistungs- und Entwicklungsunterschiede zwischen den Schülern der zehnten und denen der elften Jahrgangsstufe sieht auch Petra Schnell-Klöppel, Direktorin am Burggymnasium: „Die Jahrgänge sind nicht homogen.“ Dennoch sitzen die 69 Zehnt- und 57 Elfklässler hier in denselben Kursen – außer in Deutsch, Mathe und den Fremdsprachen, denn da ist es gesetzlich verboten. „Die Schüler machen dasselbe Abitur. Wieso sollen sie dann in getrennten Kursen lernen?“

Die Reaktionen der Schüler seien positiv, Klagen gebe es keine. „Und die Leistungsunterschiede versuchen wir über eine stärkere Binnendifferenzierung in den Kursen aufzufangen.“ So würden schwächere Schüler beispielsweise bei Gruppenarbeiten besonders gefördert.

Eine solche Mischung sieht Matthias Rink, Direktor am Grashof-Gymnasium in Bredeney, für seine Schule als „nicht sehr hilfreich“ an. Deswegen werden die 95 Zehnt- und 115 Elftklässler getrennt unterrichtet. Unterschiede gebe es nämlich auch mit Blick auf die Prüfungsordnungen. Ein weiteres Problem: „Gemischte Jahrgänge würden unsere Kooperation mit der Goethe-Schule erschweren, weil wir dann nicht nur zwischen den Schulen, sondern auch zwischen den Stufen austauschen müssten.“