Essen. .

Die Wohlfahrtsverbände sind erleichtert über Möglichkeit, den Zivildienst zu verlängern. Der Dienst wird ab 1. Juli auf sechs Monate verkürzt - zu kurz für viele Einrichtungen. Denn die suchen schon jetzt händeringend.

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Von DerWesten

Mit Erleichterung haben Wohlfahrtsverbände und kirchliche Träger auf die Möglichkeit zur Verlängerung des Zivildienstes reagiert. Grundsätzlich soll der Dienst vom 1. Juli an nur noch sechs Monate lang dauern. „Aber überall wo alte, behinderte oder pflegebedürftige Menschen betreut werden, ist ein halbes Jahr einfach zu kurz“, betont der Sprecher der Caritas im Bistum Essen, Christoph Grätz. Darum hoffe er, dass viele junge Männer ihren Einsatz freiwillig um drei bis sechs Monate verlängern.

Viele stellen unbenutzt

Verzweifelt gesucht werden Zivis schon jetzt: Von den 1700 Stellen, die die Caritas im Ruhrbistum anbiete, seien nur etwa 800 besetzt, sagt Grätz. Für Interessenten heiße das, dass sie viel Auswahl haben. Wer einen Handwerker- oder Hausmeister-Job wähle, könne auch für ein halbes Jahr sinnvoll eingesetzt werden. „Wer dicht am Menschen ist, nicht.“ Auch ein Einsatz im beliebten Rettungsdienst sei mit dem verkürzten Dienst unvereinbar: „Die Ausbildung dauert drei Monate, da hätten wir nicht viel vom fertigen Sanitäter.“

Die Bundesregierung aber will verhindern, dass soziale Träger nun nur noch jene Zivis einsetzen, die sich für eine längere Dienstzeit verpflichten. Darum darf der Antrag auf Verlängerung frühestens nach zwei Zivi-Monaten gestellt werden. Auch Grätz räumt ein, dass die Betroffenen dann wenigstens wüssten, worauf sie sich einlassen. „Andererseits wäre mehr Planungssicherheit für uns schon hilfreich.“

„Wer bewusst länger bleibt, ist besonders motiviert“

Der Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Essen, Dirk Heidenblut, hält die Regelung trotzdem für einen klugen Kompromiss: „Wer bewusst länger bleibt, ist besonders motiviert.“ Ob eine grundsätzliche Bereitschaft dazu bestehe, könne man im Gespräch mit dem Bewerber ja abklopfen. Die Einschätzung von Familienministerin Kristina Köhler (CDU), dass ein Drittel der Zivis verlängern werde, hält Heidenblut nicht für zu hoch gegriffen. Der Zivildienst bringe viele Männer erstmals mit sozialer Arbeit in Kontakt – und manchen auf den Geschmack. „Schon heute bleiben viele als Ehrenamtliche aktiv, manche ergreifen sogar einen sozialen oder pflegerischen Beruf.“ So habe der Zivildienst auch eine Rekrutierungs-Funktion.

Wie engagiert junge Menschen seien, erlebe er auch als Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), der seit Jahren verstärkt auf das Freiwillige Soziale Jahr setze. „Da bleiben die allermeisten dabei, die Abbrecherquote ist minimal“, betont Heidenblut. Warum sollte das bei Zivis, die verlängern, anders sein? Er jedenfalls sei froh, dass die Politik auf die Proteste der Wohlfahrtsverbände reagiert und die Verkürzung des Dienstes abgemildert habe. „Sie können alten und kranken Menschen einfach nicht zumuten, dass alle paar Monate ein neuer Zivi in der Tür steht.“