Essen. Die städtischen Sparpläne haben gestern das erwartbar kritische Echo ausgelöst. Vor allem bei den rund 650 Beschäftigten der Theater- und Philharmonie (TuP), liegen die Nerven bereits blank. Aalto-Indendant Soltesz sieht keine Grundlagen mehr für eine sinnvolle Planung.

Bei einer spontan einberufenen außerordentlichen Betriebsversammlung im großen Saal des Aalto-Theaters warf der TuP-Betriebsrat der Stadtspitze vor, mit falschen Zahlen zu „hantieren“. Danach müssten Oper, Schauspiel, Ballett, Philharmonie und Philharmoniker steigernd bis 2013 nicht nur sieben sondern bis zu 14 Mio Euro einsparen. Am Ende stünde dann die Riesensumme von 39 Millionen Euro. Diese Zahl legte TuP-Geschäftsführer Berger Bergmann vor. Als Grundlage dafür nannte er die ausgerechnet von der Stadt zur Durchleuchtung der TuP-Finanzen eingesetzte Wirtschaftsprüfungs-Firma „Märkische Revision“.

„Keine Grundlage mehr für Planungen“

Für Aalto-Intendant und Generalmusikdirektor Stefan Soltesz sind die einzusparenden Summen „so unrealistisch, dass sie keine Grundlage mehr für Planungen des Musiktheaters darstellen können“ Auch in Schauspiel, Ballett und Philharmonie warnen die Intendanten vor der Zerstörung von Institutionen, die Essen so vielleicht nie wieder bekommt. „Die Politik muss jetzt entscheiden, was sie schließen will“, sagte Philharmonie-Intendant Johannes Bultmann -- dies zweifellos nicht, um einer Schließung das Wort zu reden, sondern um der Politik die aus seiner Sicht unabweisbare Konsequenz des Sparpakets vor Augen zu führen. Der designierte Schauspiel-Chef Christian Tombeil fühlt sich wegen des angeblichen „Auseinanderdividierens von Kultur und Sozialem“ gar an die Endphase der Weimarer Republik erinnert.

Auch TuP-Betriebsrätin Johanna Young, seit 18 Jahren im Opernchor, steht fassungslos vor dem Sparszenario. „Die Spielstätten der TuP sind doch die in vielen Jahren von allen für alle erarbeiteten Hallen des Volkes, für die auch die sozialdemokratischen Vorgänger des Herrn Paß gekämpft haben.“ Sie steht, wie auch ihre Kollegin Annette Meier-Krüger vom Orchestervorstand für die Mitarbeiter der TuP und deren Familien, die auch um ihre Arbeitsplätze bangen.

Auch Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm

Nach dem ersten Blick auf die geplanten Sparpaket-Kürzungen im Sozialbereich schlagen auch die Wohlfahrtsverbände Alarm. „Werden die Kürzungen für die freie Jugendszene verwirklicht, droht die Schließung von Jugendzentren“, sagt Sven Lütkehaus, Geschäftsführer des Essener Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Zudem sei die Qualität der Betreuung problematischer Familien durch Pädagogen in Gefahr, wenn eine Vollzeitkraft sich um mehr als sieben Fälle pro Woche kümmern soll, wie derzeit die Stadtspitze überlegt. „Eine solche Arbeitsverdichtung ist ohne Einbußen bei den Erfolgen der Maßnahmen nicht machbar.“

Der Wegfall der so genannten „Geschwister-Regelung“ in Kindertagesstätten erntet wiederum Kritik beim Stadtelternrat. Vorsitzende Bettina Hieming: „Die Betreuungskosten sind jetzt schon so hoch.“ Auch der Stil missfällt: „Beschämend finde ich, dass darüber vorher kein einziges Wort verloren wurde.“ Eltern müssen nach den Plänen künftig für ihr zweites und jedes weitere Kind, das sie in einer Kita oder bei einer Tagesmutter betreuen lassen, zusätzliche Gebühren zahlen. Bislang musste nur für ein Kind gezahlt werden. Fürs zweite Kind sind künftig 25 Prozent des Regelsatzes fällig.

Auch die Essener Schulen müssen künftig mit weniger Geld auskommen - ihre Budgets für Material und kleine Hausmeister-Tätigkeiten werden um zehn Prozent gesenkt. Für ein durchschnittliches Gymnasium bedeutet das rund 1500 Euro weniger im Jahr - bei steigenden Kosten.