Essen. .

Es ist schon ungewöhnlich, dass ein neuer Schauspielintendant sein Amt antritt und nicht genau weiß, wie viel Geld er am Ende für seine künstlerischen Pläne wirklich zur Vefügung hat. Die Stadt will heute die Katze aus dem Sack lassen und herauskommen dürfte wohl folgendes: Die Theater- und Philharmoni (TuP) soll mit ihren fünf Sparten und jährlich einer halben Million Besucher (etwa 100 000 davon im Schauspiel) deutlich mehr als die bisher abgesegneten zehn Prozent (etwa vier Millionen Euro) ihres Gesamtbudgets verlieren.

Vor diesem Hintergrund kann man Christian Tombeils Pläne für seine erste Spielzeit ehrgeizig, fast schon wagemutig nennen. 17 Premieren, darunter fünf Uraufführungen und zwei deutsche Erstaufführungen stehen auf dem Programm in allen drei Spielstätten - Grillo-Theater, Casa und der Box - des Schauspiels.

Wenn Tombeil und sein neues Team unter dem Leitthema „Heimat“ mit Stücken für bestimmte Zielgruppen, wie Kinder und Jugendliche, oder dem Projekt „Winterreise“ unter Beteiligung von „Essener Bürgern aller Nationen“ in die Stadt hinein wirken will, klingt das ambitioniert. Damit stellt er sich zugleich in die Linie seines Vorgängers, des noch bis Juni amtierenden Schauspielchefs Anselm Weber. Der hatte unter anderem mit seinem Projekt „Homestories“ mit Katernberger Jugendlichen über Essen hinaus Furore gemacht.

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Von Frank Stenglein

Tombeils Pläne sehen nicht nach Sparprogramm aus, auch wenn es zwei Produktionen weniger sind als in der laufenden Saison und es mit Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“ auch nur einen veritablen Klassiker gibt. Bei etwa gleich großem Ensemble (19 Schauspieler) setzt Tombeil noch stärker als bisher auf junges Publikum. Das zeigt auch die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für Theaterpädagogik.

Die Kürzung des künstlerischen Etats um eine halbe Million Euro - bisher betrug der Haushalt pro Spielzeit etwa 3,5 Mio - konnte man durch interne Umstrukturierung, Nichtbesetzung von Stellen, niedrigere Gagen und Bestellung eines überwiegend jungen Teams fast auffangen.

Die vom Land zugesagte Exzellenzförderung in Höhe von 150 000 Euro kommt dem Budget ab der kommenden Spielzeit zu Gute. Allerdings ist dieses ebensowenig als Automatismus zu betrachten, wie die Landesförderung von einer Million für die TuP insgesamt. Senkt die Stadt ihren Zuschuss noch unter die von Rat und Aufsichtsrat beschlossene 38 Millionen Euro-Marke, könnten auch diese Mittel aus Düsseldorf wegfallen.

Christian Tombeil tritt sein Amt in schwerer Zeit an. Dennoch blickt er mit seinem Team einigermaßen hoffnungsvoll in die Zukunft: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“ Die Debatte um Kulturfinanzierung sieht der Neue als grundsätzliches Problem der Republik, das aber die Politiker lösen müssten. Man müsse irgendwann sagen, ob man dieses Land mit seinen Kulturinstitutionen wolle oder ohne.