Essen. .

Lange Wartezeiten und Billigarzneien statt Marken-Medikamenten sind nach Angaben der Krankenkassen die größten Ärgernisse von Essener Patienten in Praxen und Kliniken.

Trotz Schmerzen wochenlange Wartezeiten auf einen Facharzt- oder Operationstermin, Billigarzneien statt Marken-Medikamente, keine eigene Toilette im Krankenhaus, der für Ärzte lukrative Privatverkauf medizinischer Dienste in Praxen an Kassenpatienten - das sind nach Angaben der Krankenkassen die größten Ärgernisse für gesetzlich Versicherte in Essen.

Dabei haben laut Kassen immer mehr Menschen Angst, dass sie die aus ihrer Sicht medizinisch notwendigen Leistungen nicht mehr erhalten. „Bei vielen wächst der Unmut, dass wir anscheinend nicht mehr alles bezahlen“, berichtet Beate Hanak von der Techniker. Ärger ausgelöst hätte vor allem die Umstellung bei Arzneien: Statt des gewohnten Präparats erhalten Patienten nun oft eine andere Arznei, für die die Kasse Rabatte von Herstellern bekomme. „Diese Arzneien sind nicht minderwertig. Entscheidend ist der Wirkstoff, den der Arzt verschreibt“, meint Hanak. Bei medizinischer Begründung dürfe der Arzt auch weiterhin die bisherige Arznei verordnen.

„Ein direkter Anruf von uns beim Arzt hilft oft“

Misstrauisch betrachten Patienten auch die Werbung der Ärzte in den Praxen, für zusätzliche Gesundheitsdienste (IGeL-Leistungen) Bargeld auf den Tisch zu legen. Viele bezweifelten den Nutzen von Sonder-Blut- oder Augenuntersuchungen, berichten Barmer, Techniker, AOK und Betriebskrankenkassen - und fragten bei ihren Kassen nach.

Die mit Abstand meisten Beschwerden erhalten die Krankenkassen zu langen Wartezeiten auf Operationen in der Klinik und Termine bei Fachärzten. Über hundert Hilferufe landeten dazu in den ersten vier Monaten 2010 allein bei der AOK. „Es ist erstaunlich, dass Patienten, die unter Schmerzen leiden, zwei bis drei Wochen auf einen Termin warten sollen“, meint Essens AOK-Chef Rolf Buchwitz. Vor allem bei Radiologen, Orthopäden, Augenärzten und Hautärzten sei die Wartezeit oft extrem lang.

Mittlerweile haben AOK, Techniker oder Betriebskrankenkassen Hilfen für schnelle Arzttermine eingerichtet. „Ein direkter Anruf von uns beim Arzt hilft oft“, sagt Buchwitz. Ein Problem seien auch monatelange Wartezeiten auf OP-Termine in gefragten Essener Kliniken - gerade für Kranke, die für ihre Firma wieder zügig einsatzfähig sein wollen.

Kein eigenes Badezimmer, vier Leute in einem Raum - das sind die häufigsten Beschwerden in den Kliniken. „Die Patienten werden anspruchsvoller“, sagt Björn Kasper von den Kliniken Essen-Mitte.

Die Krankenkassen sehen sich zunehmend als Lotse im Gesundheitswesen. „Das System ist immer komplizierter geworden, für den Laien kaum durchschaubar. Deshalb benötigen die Patienten mehr Hilfe als früher“, meint Buchwitz.