Velbert. .

Was im Bezirk Westfalen-Lippe noch eine Operation am offenen Herzen der Patienten ist, ist in Velbert eine längst verheilte Wunde: eine zentrale Notdienstversorgung. Vor allem die Anbindung ans Klinikum ist ein Vorteil.

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Von DerWesten

Während der Nachbarbezirk sich noch gegen deren geplante Einführung wehrt, gibt es hier schon seit 1999 nur eine einzige Anlaufstelle für Wehwehchen und Malheure nach Praxisschluss oder am Wochenende.

„Wir sind eine der ersten Notfallpraxen in Nordrhein“, bestätigt Dr. Rolf Jentsch, der den örtlichen Notdienst koordiniert. Angesiedelt ist er am Klinikum Niederberg — allerdings nicht zu verwechseln mit der dortigen Interdisziplinären Notaufnahme (INA).

Trotzdem ist die Anbindung ans Klinikum ein Vorteil, findet Jentsch: „Wir können auf Ressourcen des Krankenhauses zurückgreifen.“ Vom Mehr an Mensch und Gerät profitieren Ärzte und Patienten: Der Notarzt ist sofort vor Ort, um bei einem Herztod die Reanimation einzuleiten; ein Röntgengerät ist maximal ein paar Etagen entfernt — und nicht einen ganzen Stadtteil.

„Die alte Lösung war komfortabler“

Doch die zentrale Notfallpraxis birgt auch Nachteile. „Die alte Lösung war komfortabler“, gibt Jentsch zu. War vor der Umstellung jeweils eine Praxis in Velbert, Neviges, Langenberg und Heiligenhaus rund um die Uhr besetzt, müssen nun Bürger aus allen Ecken der Stadt zum Klinikum nach Velbert-Mitte fahren. Deshalb gilt laut Jentsch: „Es ist eine Verschlechterung, was die Entfernung betrifft.“ Das sei aber „kein wirkliches Problem“.

Immerhin ist nicht jeder, der den Notdienst in Anspruch nimmt, schwer krank. Jentsch plaudert aus dem Erste-Hilfe-Kästchen: „Wir hatten auch schonmal einen Taxifahrer hier, der wollte sich morgens um sechs das Ohrschmalz rausholen lassen.“ Typische Beschwerden der Patienten seien Erkältungserscheinungen und Rückenschmerzen — eben das, womit sie auch in die normalen Sprechstunden gingen. „Zum Teil sind die Leute aber auch wirklich krank.“

14 000 Patienten aus Velbert, Heiligenhaus und Wülfrath nutzen jedes Jahr die zentrale Notfallpraxis am Klinikum. Wer dorthin geht, findet sicherlich den richtigen Ansprechpartner für seine Symptome — es sei denn, er ist noch sehr jung oder sieht schlecht: Kinder- und Augenärzte versehen einen eigenen, dezentralen Notdienst. Wenn’s wirklich brennt und Lebensgefahr besteht, sollen die Velberter aber die 112 wählen, empfiehlt Jentsch. „In allen anderen Fällen fährt man in die Notfallpraxis am Klinikum Niederberg.“

Jentsch selbst ist seit der ersten Stunde dabei. Von elf Jahren zentralem Notdienst zieht er eine „eindeutig positive“ Bilanz. Den Ausschlag dafür gibt die Medizin: „Das ist einfach effektiver.“ Geld hat die Umstellung hingegen nicht eingespart. Das war aber auch nicht das Ziel.