Essen. Kulturhauptstadt-Besucher werden wohl nicht in 1000 Metern Tiefe das Zollverein-Gelände durchqueren können. Das 2010-Projekt „Zweite Stadt” bzw. „Ewigkeiten” steht vor dem Aus. Die RAG-Stiftung als potentieller Haupt-Geldgeber hat ihren Rückzug angekündigt.

Das im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 geplant Projekt "Zweite Stadt" bzw. "Ewigkeiten" wird vermutlich auf Eis gelegt. Die RAG-Stiftung als potenzieller Haupt-Geldgeber und möglicher Betreiber des Unternehmens hat seinen Rückzug verkündet. Damit sind entscheidende Fragen der Finanzierung sechs Monate vor Beginn des Kulturhauptstadt-Jahres weiter völlig ungeklärt.

Idee: Zollverein als Besucherbergwerk

„Angesichts des Planungsstands und der Risiken stellt die RAG-Stiftung für das Projekt ,Zweite Stadt' keine Mittel bereit”, sagte Klaus-Henning Groth, Sprecher der RAG-Stiftung, am Montag auf Anfrage.

Die kühne Idee war, aus Zollverein ein Besucherbergwerk zu machen – mindestens für fünf Jahre. Gäste sollten auf Schacht 1/2/8 in 1000 Meter Tiefe einfahren, die unterirdische Verbindung zu Schacht 12 entlanggehen und per Förderkorb am Doppelbock-Gerüst wieder ans Tageslicht kommen. Gezeigt werden sollten unter Tage Lichtkunst sowie Gesteinformationen. Der Ticketpreis war mit 17 Euro veranschlagt.

Das Projekt „Zweite Stadt” gehörte bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt zu den so genannten Leitprojekten – war aber nicht allein entscheidend: „Uns hat damals das Gesamtkonzept und die programmatische Qualität von 2010 überzeugt”, sagt Isabel Pfeiffer-Poensgen. Die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder war damals Vorsitzende der deutschen Jury, die Essen „und mit deutlichem Abstand”, so Pfeiffer-Poensgen, Görlitz als die beiden Finalisten bestimmte. Die endgültige Entscheidung für Essen fiel in Brüssel im April 2006.

Kosten in Höhe von 7,4 Millionen Euro

Es würde etwa 7,4 Mio Euro kosten, Zollverein zum Besucherbergwerk umzubauen. Der Regionalverband Ruhr hat nach Angaben seines Sprechers Jens Hapke bis heute keine Fördermittel beim Land beantragt. Denn es ist unklar, ob der geplante Besucher-Parcours in 1000 Metern Tiefe in zehn Jahren überhaupt noch existiert. Noch stehen dort gigantische Anlagen, die jährlich 7,8 Mio Kubikmeter Grubenwasser wegpumpen. Die Maschinen sollten für das Projekt künstlerisch beleuchtet werden.

Wenn aber künftig die letzten Bergwerke schließen, könnte es sein, dass unter Zollverein weniger Wasser weggepumpt werden muss – oder von einer anderen Sohle aus. Das hat dramatische Konsequenzen für die Finanzierung des 2010-Projekts: Subventionen vom Land erfordern zehn Jahre Laufzeit. Den Verantwortlichen rennt die Zeit weg: Frühestens Weihnachten 2010 hätte das Besucherbergwerk öffnen können.

Abgespeckte Version in Planung

Hinter den Kulissen wird längst an einer abgespeckten Version gearbeitet: „Wir tun weiter alles, was möglich ist”, heißt es im 2010-Büro. Denkbar sei jetzt, Gäste auf Schacht 12 herunter- und wieder heraufzufahren, ohne eine Wanderung in 1000 Metern Tiefe. Das würde die Investitionskosten, nicht aber die Bauzeit deutlich reduzieren.

Die RAG-Stiftung will trotzdem 500 000 Euro der Kulturhauptstadt zur Verfügung stellen - für „Projekte mit konkretem Bergbaubezug”. Die „Zweite Stadt” ist davon ausdrücklich ausgenommen.

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