Essen-Stoppenberg. Rettungsdienste und Praxen können Kranke zur kurzzeitigen stationären Behandlung überweisen. Notfälle müssen anderswo versorgt werden.
Die ersten Patienten und Patientinnen im „neuen“ St. Vincenz in Stoppenberg genießen beinahe Eins-zu-Eins-Betreuung. Anfang April hat die Stadtteilklinik im Norden ihren Betrieb aufgenommen. „Ganz bewusst erst einmal langsam und zurückhaltend“, wie Geschäftsführer Robert Hildebrandt erklärt.
Denn obwohl das 2500 Quadratmeter große Gebäude, in dem der Krankenhausbetrieb vor knapp dreieinhalb Jahren eingestellt worden war, bis auf einige Umbauten das altbekannte geblieben ist: Die Abläufe sind völlig neu.
In der Essener Stadtteilklinik werden Patienten nur für wenige Tage stationär aufgenommen
Eine „Brücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung“ soll die Klinik bilden, indem dort Menschen kurzzeitig stationär aufgenommen und behandelt werden – ausdrücklich keine Notfälle, die eine intensivmedizinische Betreuung benötigen oder in Spezialkliniken besser aufgehoben sind. „Statamed“ lautet der Projektname, die Kurzform für „stationäre allgemeinmedizinische Versorgung“.
Zu den Fällen der ersten zwei Betriebswochen gehörten Lungenerkrankungen und Harnwegsinfekte, aber auch Patienten, die aufgrund ihres Diabetes stabilisiert werden mussten oder wegen ihres schlechten Gesundheitszustands eine Infusionstherapie benötigten. Eine eigene Notaufnahme hat die Stadtteilklinik nicht; Patienten können sich daher auch nicht selbstständig dort anmelden. Stattdessen entscheiden Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen oder Rettungsdiensten sowie behandelnde Ärzte darüber, ob jemand ein Fall für Statamed ist. Bisher seien überwiegend ältere Menschen aufgenommen worden, sagt Hildebrandt.
Zwei bis drei Tage soll die stationäre Versorgung in der Regel dauern, im Anschluss daran übernehmen mobile Pflegekräfte, die „flying nurses“ für bis zu vier Wochen die weitere Behandlung und Betreuung zu Hause. Das Konzept sei in dieser Form einmalig in Essen und in ganz NRW, weitere Statamed-Standorte gebe es in Hamburg und Niedersachsen.
Auch Michael Zühlke, Bezirksbürgermeister für den Bezirk 6, hält das Konzept für gelungen: Zwar sei der durch die damalige Schließung bedingte Verlust nicht zu kompensieren, „aber das hier könnte ein Modell sein, das Zukunft hat“.
Essener Statamed-Angebot wird in Neubau umziehen, Gesundheitszentrum St. Vincenz soll weiter wachsen
Das Klinikpersonal, darunter Pflegekräfte sowie Mediziner und Medizinerinnen mit internistischer und pneumologischer Spezialisierung, ist für Statamed neu eingestellt worden. „Wir haben viele junge Ärzte, die den Klinikalltag kennen, aber auch erfahrene Ärzte als Backup“, sagt Hildebrandt. Sieben bis zehn Angestellte, davon zwei bis drei Ärzte und vier bis fünf Pflegekräfte, seien regelmäßig vor Ort, nachts seien aktuell zwei Pflegekräfte und ein Arzt im Dienst.
Der Statamed-Betrieb soll nur die „erste Säule“ des künftigen Gesundheitszentrums St. Vincenz bilden. Als nächstes stehe ein Neubau an, in den die Station später umziehen soll. Geplant ist zudem ein Bereich für ambulante Operationen, in dem auch niedergelassene Mediziner ihre Eingriffe durchführen können. Darüber hinaus sollen sich vor Ort Fachärzte und weitere Gesundheitsdienstleister ansiedeln. In „neun bis zehn Jahren“, sagt Hildebrandt, solle sich der gesamte Betrieb auf zwei Gebäude verteilen. Ob es dazu einen zweiten Neubau geben wird, oder ob das alte St.-Vincenz-Gebäude Teil des Gesundheitszentrums bleiben kann, werde noch im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ermittelt.
Essener Arztpraxen, Rettungsdienste und Pflegeeinrichtungen können Patienten in die Klinik überweisen
Derzeit sind fünf der insgesamt 25 Betten belegt. Nach der offiziellen Eröffnung, die am vergangenen Wochenende stattgefunden hat, und bei der ein Fachpublikum noch einmal über die Möglichkeiten vor Ort informiert wurde, dürften sich die Patientenzahlen nach und nach erhöhen. Eine offizielle Eröffnung für Bürger und Bürgerinnen werde voraussichtlich im Sommer im Rahmen eines Nachbarschaftsfestes stattfinden, kündigt der Geschäftsführer an.
Parallel kontaktiere sein Team schon seit Ende Januar die verschiedenen Arztpraxen im Einzugsgebiet. Bald stehe zudem ein Besuch von Feuerwehr und Rettungsdiensten an. Es sei wichtig, die neuen Strukturen „zu kommunizieren, aber auch gemeinsam weiterzuentwickeln“, sagt Hildebrandt, und verspricht: Der Personalschlüssel werde künftig auch bei Vollbelegung großzügiger bemessen sein als im regulären Krankenhausbetrieb. „Wenn genug Zeit ist für die enge Betreuung und auch mal Gespräche mit den Patienten, tut das allen Beteiligten gut“.
Was die Zukunft des alten Gebäudes angeht, ist Bezirksbürgermeister Michael Zühlke eher pessimistisch. Er glaube nicht, dass das Haus in Gänze zu erhalten sei. Zu aufwändig sind aus seiner Sicht die Umbauten und Modernisierungen, die für einen dauerhaften Betrieb nötig wären. Um die Infrastruktur ringsherum allerdings müsse man sich nun kümmern: Dazu, kündigt er an, werden SPD, CDU und Grüne einen gemeinsamen Antrag vorlegen. Der Fußgängerweg zur Klinik müsse erneuert und die Straßenbahnhaltestelle dringend barrierefrei ausgebaut werden. Auch einen neuen Namen für die Haltestelle wolle man im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Geländes beantragen: „Gesundheitspark Stoppenberg“.
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