Essen-Kettwig. Essen ist die Zentrale eines großen Feinkost-Vertriebs. Wie vor 60 Jahren aus einer großen Liebe ein florierendes Unternehmen entstand.
Die Hallen wirken von außen nicht besonders auffällig. Hinter den Werkstoren der R&S-Gruppe im Gewerbegebiet Im Teelbruch verbergen sich jedoch auf knapp 19.000 Quadratmetern ungeahnte kulinarische Köstlichkeiten aus den Bereichen Wurst, Schinken und Fleisch. Essen-Kettwig ist neben Norderstedt, Holzkirchen und Wendlingen einer der Standorte, von denen aus das Vertriebsunternehmen ganz Deutschland mit Feinkostprodukten aus Europa, Asien und Übersee beliefert. Diese Produkte landen unter anderem in den Frischetheken von Edeka, Rewe und anderen Supermärkten.
Firmengeschichte wird gepflegt: So fing alles vor 60 Jahren an
In Essen sitzt die Unternehmenszentrale und hier wird auch die Firmengeschichte gepflegt, die die Familie Rauch vor nunmehr 60 Jahren begründet hat. Im Casino, dem firmeneigenen Restaurant, steht ein antikes Fahrrad, daran hängt ein Körbchen mit Pistazien. Eine Reminiszenz an die Anfänge einer großen Liebe, aus der ein florierendes Unternehmen entstanden ist.
Die Rede ist von Albert und Inge Rauch. Albert Rauch arbeitete als Vertriebsleiter bei einem Hersteller für Fleisch- und Wurstwaren im Teutoburger Wald. Das beliebteste Produkt war die Mortadella mit Pistazie. Die Nussfrüchte wurden damals noch per Hand herausgepult. Eine Arbeit, die von am Ort ansässigen Familien ausgeführt wurde.
Eine davon war die Familie Bressau, deren jüngste Tochter Inge oft das Tagewerk per Fahrrad in einem Korb zum Unternehmen zurückbrachte. Die junge Frau fiel Albert Rauch auf und umgekehrt: Es funkte zwischen den beiden.
Wurst- und Schinkenwaren aus ganz Europa für den deutschen Markt
Die Fremdsprachenkorrespondentin und der Vertriebsleiter gründeten dabei nicht nur eine Familie, sondern 1964 auch ein Unternehmen. „Meine Mutter brachte durch ihren Beruf Kenntnisse der mediterranen Küche mit ein, wo Fleisch durch Lufttrocknung haltbar gemacht wird. In Deutschland kannte man ja in den 60er Jahren nur das Räuchern“, erzählt Ingmar Rauch. Gemeinsam habe man dann das Ziel verfolgt, hochwertige Wurst- und Schinkenwaren aus ganz Europa auf dem deutschen Markt zu etablieren. Die Firmengründung erfolgte in Halle (Westfalen). Der Standort in Kettwig wurde 1973 bezogen, ein Grund sei dabei die Nähe zu den Handelsketten an Rhein und Ruhr gewesen, so Ingmar Rauch.
„Ich bin hier im Betrieb groß geworden“, erzählt der 45-jährige Prokurist und Mitinhaber der Albert Rauch GmbH sowie der R&S Vertriebs GmbH. Im Casino, wo regelmäßig die Handelsvertreter mit dem Vater zusammen saßen, sei er oft unter den „Rauchschwaden“ der (damals noch üblichen) Zigaretten hindurch gelaufen – was dem Siebenjährigen großen Spaß machte.
Der Junior erlebte Kindheit und Jugend in Essen-Kettwig
Für den Vater war klar, dass das jüngste von fünf Kindern später mal ins Geschäft einsteigen würde. Der Junior, der in Kettwig die Schule besuchte, hielt es nicht für die erste Option: „Ich wollte Schreiner werden.“ Über Umwege – Fachabi, Lehre und Wirtschaftsstudium – kam er doch in den elterlichen Betrieb, in dem seine Mutter 1995 nach dem Tod ihres Mannes die Geschäftsführung übernommen hatte.
Noch heute, mit über 80, ist Inge Rauch täglich in der Firma. 2010 erhielt sie den Ordre national du Mérite Agricole. Das ist der höchste französische Verdienstorden für die Landwirtschaft: „Nur ganz wenige Frauen haben ihn bekommen. Darauf bin ich schon sehr stolz.“
Nachhaltige Produktion steht im Fokus der Essener Firma
Die Importfirma, die ein breites Sortiment aus mehr als 600 Wurst- und Schinkenprodukten sowie Markenfleischprogrammen anbietet, hat sich der Nachhaltigkeit verpflichtet: Tierschutz, CO2- und Müll-Reduzierung. „Wir wollen dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern“, so Ingmar Rauch. Bereits bei der Entwicklung der Fleischmarken lege man Wert auf das Tierwohl. Verschiedene Lieferanten arbeiteten kontinuierlich daran, die Haltungsform 3 oder 4 umzusetzen.
R&S selbst gehe Schritte in eine nachhaltige Zukunft, betont Rauch: eigener Strom aus regenerativen Energien, Elektro- und Hybrid-Firmenwagen sowie E-Ladestationen am Essener Standort. Gemeinsam mit den Herstellern arbeite man an Strategien zur Vermeidung und Reduzierung von Abfall.
Basis für Vertriebsgruppe
1964 gründete Albert Rauch die Albert Rauch GmbH und legte damit die Basis für die spätere R&S Vertriebsgruppe, die Rauch 1988 gemeinsam mit den Firmen Oberland in Bayern und Fleigro in Baden-Württemberg ins Leben rief. Der erwirtschaftete Gesamtumsatz lag 2023 bei 175 Millionen Euro. Die Albert Rauch GmbH beschäftigt heute 120 Mitarbeiter, davon 65 in Essen.
Am Firmenstandort in Kettwig finden zweimal jährlich Hausmessen für die Partnerunternehmen statt. Außerdem bietet das Unternehmen unverkaufte Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum verkürzt ist, in Lagerverkäufen an.
Fleischloses Produkt auf der Basis von Kräuterseitlingen
Feinkost beschränkt sich für Rauch im Übrigen nicht nur auf tierische Produkte. Für die Klientel, die lieber fleischlos glücklich ist, vertreibt das Unternehmen über die SB-Regale im Supermarkt „Fungi Pad“, ein Produkt auf der Basis von Kräuterseitlingen (Pilz), das nur fünf Zutaten aufweist: Reis, Ei, Pflanzenöl und Salz und Pfeffer. „Es ist vielseitig einsetzbar, ohne dabei Fleisch zu imitieren“, hebt der Essener hervor.
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