Essen-Burgaltendorf. Er hat Historie in Essen-Burgaltendorf lebendig gemacht - mit Humor und Hintergrund: Nun ist Dieter Bonnekamp mit 81 Jahren gestorben.
Die älteste Karte Burgaltendorfs, das Christentum auf der Ruhrhalbinsel, der Ruhrbergbau oder die Geburtsstunde von seinem „Aldendorpe“: Unermüdlich hat Ortshistoriker Dieter Bonnekamp durch seinen Stadtteil geführt, hat dessen Historie vermittelt und manche Anekdote erzählt. Nun nahmen seine Familie und die Burgaltendorfer Abschied. Dieter Bonnekamp ist im Januar im Alter von 81-Jahren gestorben.
„Barfuß-Historiker“, so hat sich Dieter Bonnekamp mal selbst genannt. Dabei konnte er selbst gar nicht genau sagen, wann seine Begeisterung für die Geschichte und die Geschichten entstanden ist. Schon als Kind stöberte er jedenfalls in Büchern, die von der Burg in seinem Stadtteil handelten, in dem er 1942 geboren ist, als dieser noch Altendorf/Ruhr hieß (bis Ende 1969).
Bereits 1963 hat er seine Frau kennengelernt, sie heirateten früh, bekamen eine Tochter, zwei Enkel. Im September hätten sie ihren 58. Hochzeitstag gefeiert, sagt Inge Bonnekamp, die auf ein Leben mit ihrem Mann blickt, in dem sie viel gemeinsam unternommen haben, gereist sind und sehr aktiv waren. Ob Muckibude, Volleyball, Tischtennis, Leichtathletik oder ihre Wandertouren: „Wir konnten nicht einfach nur am Strand liegen.“ So führten ihre Reisen zum Skifahren vor allem nach Frankreich, andere nach Kanada.
In seinem Umfeld engagierte sich Dieter Bonnekamp für den Sport auch als Geschäftsführer im Volleyballverein Sportfreunde Niederwenigern. Ebenfalls über Burgaltendorfs Grenzen hinaus kannten ihn viele in Grundschulen, wo er Kindern beim Lesen geholfen hat, oder in Altenheimen, wo er Bewohner etwa mit Bildvorträgen unterhalten hat - in seiner gewohnten humorigen Art. Zu der gehörte seine Bescheidenheit. „Mein Mann war aber auch Realist, er hat nie etwas beschönigt, hat gesagt, wie es ist.“ Hat seine Meinung geäußert. Mag er bei manchen dadurch auch angeeckt sein, die meisten aber, sie schätzten seine Ehrlichkeit. So steht es nun in den zahllosen Karten und Briefen geschrieben, die seine Familie erreicht haben.
Seinem Enkel hat der Großvater geholfen, als auch dieser eine Geschichte schrieb. „Er hat seinen Opa sehr bewundert“, sagt Inge Bonnekamp über ihren Enkel und ihren Mann, der trotz Krankheit doch überraschend gestorben ist. So viele Menschen haben im Laufe der Jahrzehnte gern zugehört, mit Freude und Interesse gelesen, was der Ortshistoriker verfasst hat. Beispielsweise von der Eingemeindung, als Dieter Bonnekamp zum 50. Jahrestag zurückblickte, auf heftige Debatten und regen Protest, da viele im Dorf skeptisch auf die Großstadt schauten.
Der Essener Ortshistoriker blieb bei den Recherchen stets hartnäckig
Dieter Bonnekamp lebte im Laufe der Jahre auch in Überruhr, Freisenbruch und Steele und kommentierte das selbst schmunzelnd: „Ich bin ja immer im Umfeld geblieben.“ In seinem Quartier lud er immer wieder zum Mitwandern ein: „Über Byfangs Höhen“, „Emol Um Ollendörp herum oder auch „quer durch Ollendörp“ sowie zu den Wurzeln Burgaltendorfs. Er stöberte dafür in Archiven, verbrachte zahllose Stunden mit Schriftstücken, Urkunden und Karten, publizierte selbst und machte neugierig auf seine Recherche-Ergebnisse. Wenn er selbst etwas herausfinden wollte, blieb er hartnäckig, hakte nach, ließ nicht locker, bis er Antworten hatte. Das Ergebnis bot er gern Journalisten an: „Wenn sie mögen, schicke ich Ihnen mein Manuskript.“
Die Burgaltendorfer, sie profitierten von seiner Unbeirrbarkeit. Der Ansturm etwa auf seinen Vortrag „Altendorf/Ruhr im Dritten Reich“ war seinerzeit so enorm, dass einige Zuhörer auf Fensterbänken Platz nahmen. Von ihm erfuhren sie auch von Zwangsarbeiterlagern, das größte gehörte zur Zeche Theodor. Er erzählte von den Menschen, die russischen Zwangsarbeitern unter Einsatz ihres Lebens Butterbrote zusteckten und sich auch von Gestapo-Schergen nicht abhalten ließen.

Zum Heimat- und Burgverein gehörte er seit 1989, übernahm dort sofort die Leitung des Geschichtsausschusses, den Verein selbst führte er insgesamt 16 Jahre lang und gab den Vorsitz dann 2016 ab. Beruflich führte ihn sein Weg zur Deutschen Bahn, wo Dieter Bonnekamp als Disponent in der Betriebszentrale gearbeitet hat. Mit seinen Arbeitskollegen hat er danach noch viel unternommen, ist mit ihnen gewandert oder Radgefahren.
Und dann gibt es noch die vielen Kollegen in Steele, Horst, Eiberg oder Kupferdreh, Hobby-Historiker wie Arnd Hepprich, Christian Schlich und Rainer Busch, Harald Vogelsang und Klaus Geiser, die seine Leidenschaft teilen und zu denen er den Kontakt hielt. Mit ihnen weihte er etwa die Infotafel am Burgaltendorfer Ruhrufer ein, ein Aussichtspunkt, an dem der Betrachter auf die Horster Mühle blickt.

In Burgaltendorf beschäftigte Dieter Bonnekamp sich stets mit Vereinen, bekannten Bewohnern und beliebten Restaurants. Dabei ging es mitunter um die Gründung des ersten katholischen Knappenvereins des westfälischen Bergamtsbezirks (1863) im Lokal „Im Stiefel“, um den Wohnort von Franz Dinnendahl, den Erbauer der Dampfmaschine sowie um die verschwundene Traditionsgaststätte „Zum Hause Königsgrätz“. Er schrieb auch über die Adler-Apotheke, die 1860 gegründet wurde und damit die älteste Apotheke der gesamten Ruhrhalbinsel sein soll. Eine Führung dorthin bot er natürlich ebenfalls an.
Als damals dann die Burgsanierung anstand, da hat ihn seine Familie kaum noch zu sehen bekommen, erinnert sich seine Frau lächelnd. Jeden Tag sei er bei dem Wahrzeichen seines Stadtteils gewesen. Hier hat er auch die Idee zum Format Text und Töne gehabt, zu der beliebten musikalisch-literarische Reihe in den alten Mauern.
Viele Karten und Briefe mit tröstenden Worten
Die Dorfbewohner, sie haben ihm bis zuletzt ihre historischen Dokumente und alten Dinge in treue Hände zur Archivierung und Bewahrung für die Zukunft übergeben. Denn für seine Dorf-Geschichte hat der Barfuß-Historiker sich stets auf Spurensuche begeben, was er herausgefunden und zusammengetragen hat, bleibt den Burgaltendorfern erhalten. Von Dieter Bonnekamp haben sie nun Abschied nehmen müssen.
Seiner Frau haben sie in der schweren Zeit Trost spenden wollen, mit den Worten, die sie in ihren Briefen und Karten gefunden haben. Über seine Hilfsbereitschaft wie seinen Humor, sie hätten ihn als offen und vertrauensvoll erlebt, sagt Inge Bonnekamp tief berührt und dankbar: „Die Menschen haben so liebevoll über meinen Mann geschrieben.“
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]