Essen-Burgaltendorf. Er baute die erste Dampfmaschine im Ruhrgebiet und verhalf dem Bergbau zur Entwicklung: Franz Dinnendahl. Eine Erfolgsgeschichte ohne Happy End.
Das kleine Haus wirkt fast unscheinbar und doch lebte hier um 1800 einer, der zu den bekanntesten Menschen zählt, die je in Burgaltendorf lebten: Franz Dinnendahl – ein junger Mann, der die erste Dampfmaschine für den Ruhrbergbau herstellte. „Durch Dinnendahls Maschine wurde die rasante Entwicklung des Ruhrbergbaus möglich“, sagt Ortshistoriker Dieter Bonnekamp, der seine Geschichte erzählt.
„Seine Bekanntheit hielt sich zu Beginn seines Hierseins noch in Grenzen“, sagt Bonnekamp. Das habe sich aber mit dem Bau der ersten Dampfmaschinen im Ruhrgebiet rasch geändert. Seine allererste Maschine sei für die Zeche Wohlgemut in Kupferdreh entstanden, erbaut von 1801 bis 1803. Wasser und Kohle konnten mit Hilfe der Maschine aus 16 Metern Tiefe gefördert werden. Sie funktionierte und bescherte ihm zahlreiche Aufträge und jetzt auch eine Denkmaltafel, die auf seinen Wohnort um 1800 hinweist.
Für den Ortshistoriker ein willkommener Anlass, um die Geschichte des gelernten Zimmermanns ins Gedächtnis zu rufen. Immerhin, so steht es auf der Tafel, war seine Dampfmaschine im Ruhrgebiet für die Industrialisierung von grundlegender Bedeutung.

1775 in Horst geboren, ging Franz Dinnendahl auch in dem Stadtteil zur Schule, während sein Vater als Müller auf der Horster Mühle an der Ruhr arbeitete. 20 Jahre später zog der Junior nach Burgaltendorf. Das Haus steht heute noch an der Alten Hauptstraße 76, nach einem Bombeneinschlag im Zweiten Weltkrieg ist es wieder aufgebaut worden. Heutiger Eigentümer ist Wolfgang Kropp, der die Gedenktafel für den ehemaligen wie bekannten Bewohner angebracht hat.
Der war schon als Kind wissbegierig und nutzte die Zeit beim Schweinehüten, um zu basteln und zu hämmern. „Diesen Hütejungen-Job verlor er, weil er den Schweinen nicht genug Aufmerksamkeit schenkte“, hat Dieter Bonnekamp aufgeschrieben und auch herausgefunden, dass der junge Dinnendahl schließlich Kohlenschlepper und Hauer wurde, bevor ein Onkel ihn in den Beruf des Zimmermanns einführte. „Dabei war er so geschickt und erfolgreich, dass die Kunden bald statt vom Onkel von ihm die Arbeiten erledigen ließen.“
Sein Geschick als Schreiner und Zimmermann führte bald zu zahlreichen Aufträgen von den Bauern und anderen Familien auf der Ruhrhalbinsel. In Hattingen-Niederwenigern steht noch das Schulhaus, das er gebaut hat. Größere Folgen aber hatte die Dampfmaschine für ihn und auch die Kohleförderung.
1799 war zunächst das Jahr, in dem Franz Dinnendahl die Tochter eines Kötters heiratete (Elisabeth Christina Küppershegge) und den Auftrag erhielt, bei der Zeche Vollmond in Bochum-Werne eine Maschinenhalle zu bauen. „Darin sollte eine Dampfmaschine für die Wasserhaltung Platz finden“, berichtet Bonnekamp.
Die kam auf dem Wasserweg aus Schlesien, in Einzelteilen zerlegt und war eigentlich für die Zeche Charlotte in Witten gedacht. Und wäre das Schiff nicht auf der Oder gesunken, hätten die Verantwortlichen der Wittener Zeche den Auftrag nicht aufgelöst, Dinnendahl hätte wohl sein Schlüsselerlebnis nicht gehabt, als die Maschine schließlich in Bochum ankam. Denn die Zeche dort hatte durchaus Interesse, Franz Dinnendahl noch viel mehr.
„Er beobachtete die Versuche der mit dem Zusammenbau der Maschine beauftragten Männer genau“, beschreibt der Ortshistoriker. Dinnendahl ließ sich selbst dann nicht entmutigen, als die erfolglosen Männer seine Hilfe ablehnten. Als sie ihn ließen, gelang es ihm, die Maschine zusammenzubauen. Vom Erfolgserlebnis beflügelt, stellte er die benötigten Teile her, fertigte die Maschinen schließlich selbst, wagte diesen Schritt, da er in seinen Burgaltendorfer Kumpels Mitstreiter fand.
1807 stand dann ein Umzug an, dem ein weiterer wichtiger Schritt folgte: Franz Dinnendahl zog in die Trentelgasse (nahe Grillo-Theater). Er gründete dort eine Fabrik, die bis zu 60 Mitarbeiter hatte.
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Sie bauten Maschinen für die Zechen Vereinigte Sälzer & Neuack (Essen), Rosendelle, Klefflappen, Caroline und Wiesche (alle in Mülheim), Vollmond (Bochum-Werne), Sonnenschein (Rellinghausen) und Kunstwerk (Bergerhausen). 1808 entstand für die napoleonische Regierung eine Maschine, die den Baugrund eines geplanten Forts bei Wesel trockenlegen sollte.
Trotz des Erfolges äußerte er sich später in einem Schreiben eher bescheiden zu seiner Herkunft mit Blick auf Burgaltendorf („Ich wohnte 1805 noch in einem einsamen Dörfchen, Altendorf bei Hattingen“). So zurückhaltend war er beruflich nicht, kaufte stattdessen auch Beteiligungen an verschiedenen Bergwerken wie an der Altendorfer Zeche Große Varstbank. Ob Darlehen das ermöglichten, bleibt offen.
Und selbst ein Unglück bremste ihn nicht: Denn als 1821 seine Fabrik in der Trentelgasse abbrannte, gründete er eine neue an der Spillenburg, nahe der Zeche Kunstwerk, an der er ebenfalls beteiligt war. Das beinahe Tragische an der Erfolgsgeschichte bleibt das Ende, wie Bonnekamp berichtet: „Bei allem Respekt vor seinen technischen Leistungen – da es ihm an kaufmännischem Geschick fehlte, starb er 1826 verarmt.“
Dennoch ist die Erinnerung an ihn als wichtigen Kopf der frühen Industrialisierung immer noch lebendig: Plaketten mit seiner Büste befinden sich nahe seinem Geburtsort am Horster Wasserkraftwerk und am Grillotheater – und jetzt auch an dem Haus in Burgaltendorf, in dem er bis 1807 wohnte.
Was geblieben ist, ist zudem sein Name. So hieß bis zur Eingemeindung 1970 die Straße, die an seinem Wohnhaus von der Alten Hauptstraße abzweigt, „Dinnendahlweg“ (heute „Am Vattersberg“). Die „Dinnendahlstraße“ wiederum liegt in Bergerhausen/Huttrop. Doch auch in einer Reihe anderer Städte hat man Straßen nach ihm benannt: in Bochum, Oberhausen, Kleve, Düsseldorf und Berlin.