Essen. Tosender Applaus im umbenannten Theater Freudenhaus. Das Publikum freut sich über Bodo Wartkes sagenhafte Reime in Neuinszenierung.
Den Mann mit dem Pferdeschwanz in der zweiten Reihe schüttelt es vor Lachen. Im vollbesetzten Theater Freudenhaus, das in Grend Theater umbenannt wurde, herrscht ausgelassene Stimmung. Dabei ist die Bühnenfassung, die Musikkabarettist Bodo Wartke mit Unterstützung von Sven Schütze und Carmen Kalisch nach Sophokles verfasst hat, durchaus komplex und mit ernsthaftem Hintergrund. Wie aus einem Bildungsstoff ein amüsanter Abend werden kann, zeigt der neue künstlerische Leiter Felix Sommer in seiner Inszenierung von „König Ödipus“.
Eigentlich ist „König Ödipus“ die Tragödie um einen Mann, der schuldlos schuldig wird. Prophezeit vom Orakel von Delphi wird er unwissend seinen Vater erschlagen und seine Mutter heiraten, weil er Theben mal eben gerettet hat. Die schlichte, mit zwei Treppenstufen und Wegweisern ausgestattete Bühne deutet es an: Wir befinden uns im antiken Griechenland, wo ständig gekämpft, getrickst und gestorben wird, um dem Unglück aus dem Wege zu gehen. Doch es hilft nichts. Das Schicksal nimmt statt selbstbestimmtem Leben seinen Lauf.
Grend Theater: Wartke bewegt sich mit „König Ödipus“ nah am Original
Bodo Wartke, der sich mit seiner Version des Stücks nah ans Original gehalten hat, weiß zumindest einen Rat: „Am besten, man bewahrt sich in der Krise den Humor.“ Mit witzigen Reimen, Wortumdeutungen, klug eingebauten popkulturellen und klassischen Andeutungen in einer zeitgemäßen Sprache erzählen Thorsten Strunck und Thos Renneberg die Geschichte. Drumherum brauchen sie nicht viel. Gekleidet in Hemd, Hose, Hosenträger und Basecap schlüpfen sie in 14 Rollen und verwandeln sich mit wenigen Alltagsgegenständen. Bloß nicht ablenken vom großartigen Text, scheint die obendrein kostengünstige Devise zu sein.
Allein, weil er chronologisch angelegt ist und vor Ödipus‘ Geburt beginnt, wirkt er viel verständlicher als das Original von 429 vor Christus. Die Lieder des Abends tun das Übrige. Vielleicht sorgt nicht jeder Hinweis auf das weit verzweigte Personal oder auf Shakespeare, Schiller und Stevie Wonder für Ah-Momente. Doch sie steigern das Vergnügen ebenso wie das komödiantische Talent der Darsteller, die auch die musikalischen Parts mit Riff und Pfiff im Griff haben.
Regisseur schickt Schauspieler-Duo auf einen vergnüglichen Parforceritt
Ein Schauspieler-Duo statt eines Solisten auf diesen vergnüglichen Parforceritt zu schicken, erweist sich in Felix Sommers erster Grend-Regie als gelungener Zugriff. Da wird so mancher Dialog noch witziger, wie der zwischen Ödipus und Psychoanalytiker Sigmund Freud, der einen Komplex nach ihm benennt. Da gerät mancher Schlagabtausch noch spannender und der Battle-Rap zwischen Ödipus und Onkel Kreon ziemlich cool. Und wenn mal das Original erklingt, wird das gute alte Reclam-Heftchen gezückt, das zu Schulzeiten noch für Schauder sorgte.
Nicht nur die Älteren im Publikum können sich noch gut erinnern. Doch es schreckt sie nicht. Nach Aufforderung schnippen sie bei den Liedern mit den Fingern oder lassen den in der Antike beliebten Chor erklingen, der nach „König Ödipus“ ruft. Der tut, was er laut Vorlage tun muss: seine Schuld beklagen und mit Selbstverstümmelung sühnen. „Wie man deutlich hier erkennt: Der Story fehlt das Happy End. Das ist ein bisschen schade, doch leider werkimmanent.“ Premierenjubel, Trubel bei der Feier und anhaltende Heiterkeit auf dem Nachhauseweg.
Weitere Termine: 3. und 25. Februar. Karten telefonisch unter 0201 85 132 30 oder im Internet aufhttps://grend.de/theater-freudenhaus-konig-odipus/
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]