Essen. Der Stalker bedroht, verleumdet, verfolgt sie: In Essen gründen Betroffene eine Selbsthilfegruppe, um sich auszutauschen – und sich zu stärken.

Anrufe, Mails, Liebesbriefe, Blumengrüße oder Besuche: All das können nette Gesten sein – oder Stalking. Nämlich dann, wenn der Adressat ausdrücklich keinen Kontakt will. Oft dauert die Nachstellung über Monate, zermürbt oder ängstigt die Betroffenen. Eine Essenerin, die jahrelanges Stalking erlitten hat, gründet nun eine Selbsthilfegruppe, für Menschen, denen es ähnlich erging oder ergeht.

Oft kann Stalking nicht gerichtsfest bewiesen werden

Neben den genannten, nur scheinbar harmlosen, Erscheinungsformen listet das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben auf seiner Homepage weitere typische Stalking-Tatbestände auf: Vom Auflauern im Supermarkt oder an der Wohnung, über Falschbeschuldigungen gegenüber dem Arbeitgeber, Ausfragen des Bekanntenkreises, Warenbestellungen im Namen der Betroffenen bis zu Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigungen und Verleumdungen, häufig über soziale Medien.

Seit dem Jahr 2007 können solche Nachstellungen hierzulande strafbar sein. Doch ein knappes Jahrzehnt später stellte der Bundestag in einer Anhörung fest, dass nur ein bis zwei Prozent der Anzeigen nach Paragraf 238 zu einer Verurteilung führen: Kaum ein Stalking-Opfer könne gerichtsfest nachweisen, dass „seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt“ wurde, wie es das Gesetz für eine Strafbarkeit der Tat voraussetzt.

Dabei sind diese Beeinträchtigungen oft erheblich: Die Glaub- und Kreditwürdigkeit der Betroffenen wird zerstört, manche verlieren Job, Wohnung und das Vertrauen von Familie und Freunden. Stalking kann finanzielle Folgen haben, seelische Verwüstungen anrichten und einsam machen.

Die Täter sind oft Ex-Partner, aber auch Nachbarn oder Kollegen

Oft sind es Ex-Partner, die Verflossene drangsalieren, aber auch Nachbarn oder Kollegen können zu Stalkern werden, heißt es beim Bundesamt für Familie: „Das Ziel bleibt jedes Mal gleich: Macht und Kontrolle über andere zu erlangen.“

Opferschutzorganisationen raten Betroffenen, Beweise zu sammeln, Nachrichten zu sichern, Fotos und Screenshots zu machen. Der Gesetzgeber hat die Stalking-Vorschrift im Jahr 2021 außerdem reformiert, um eine „effektivere Bekämpfung“ von Cyberstalking zu ermöglichen.

Selbsthilfegruppe als geschützter Raum

Die Gründerin der Selbsthilfe-Gruppe „Stalking-Betroffene“ möchte einen geschützten Raum schaffen, in dem Betroffene sich gegenseitig helfen und stärken können. „Ziel der Gruppe ist ein Austausch und ein sich zur Seite stehen.“ Unterstützt wird sie vom Selbsthilfe-Netzwerk Wiese e.V., bei dem sich Interessierte anmelden können.

Erstes Treffen ist am Freitag, 26. Januar, um 17 Uhr. Die Treffen sollen 14-täglich stattfinden. Anmeldung bei Wiese e.V. telefonisch unter: 0201 207676 oder per Mail an: selbsthilfe@wiesenetz.de

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