Essen. Wie lange brauchen Autofahrer seit der Vollsperrung der Autobahn durch den Essener Norden? Wir haben es ausprobiert.
Seit mehr als einer Woche ist die A42 zwischen Bottrop-Süd und dem Autobahnkreuz Essen-Nord gesperrt. Mit jedem Tag schlagen die Wogen der Empörung höher, denn nichts geht mehr auf vielen Straßen im Essener Norden. Wir machen die Probe aufs Exempel.
Und nun das: Wo ist er denn, der Stau? Es ist kurz vor acht am Morgen, ich rausche die Bottroper Straße entlang in Richtung Essener Innenstadt. Der Wagen vor mir kommt aus Oberhausen, der neben mir aus Wesel. Hat die Umleitung sie hierher gelenkt? Als ich in den Hinweisschildern folge und nach links in den Sulterkamp abbiege, fahren beide geradeaus. Es ist wohl ihr üblicher Weg zur Arbeit.
Auf der Vogelheimer Straße geht es zu wie nach Heimspielen von Rot-Weiss Essen
Der Sulterkamp ist frei, wie auch die Hafenstraße, die bald darauf rechts in Richtung Stadion abgeht. Auch geradeaus auf der Vogelheimer Straße ist kein Stau in Sicht. Merkwürdig. Noch am Montagmorgen, am ersten Tag der Vollsperrung, war hier so viel los, wie sonst nur nach Heimspielen von RWE. Diesmal komme ich erst 300 Meter vor der Gladbecker Straße zum Stehen. Vor mir ein Lkw aus Holland, der fährt wohl sonst nicht hier lang. Ob das auch für den Autotransporter hinter mir gilt? Der kommt aus Litauen. An Wochenenden ist am Autokino Gebrauchtwagenmarkt.
Die komplette Berichterstattung zur A42-Sperrung mit Hintergründen, Interview und Fotos finden Sie hier: waz.de/thema/a42-sperrung/
- Drei Monate Vollsperrung - Chronologie eines Desasters
- A42-Sperrung: Essener Spediteur spricht von „Katastrophe“
- Um die geplante Lkw-Waage gibt es Streit
- Im Stau auf der A42-Umleitung: Es gibt kein Entkommen
Ich schaue auf die Uhr. Es dauert sechs Minuten, bis ich in die Kreuzung einfahre und nach links auf die Gladbecker Straße abbiege und weiter in Richtung A42 fahren kann. Bald darauf geht es auf die Autobahn. 17 Minuten habe ich für die Umleitung gebraucht. Ist das alles?
Am Nachmittag sieht die Welt ganz anders aus. Die Bottroper Straße ist zwar noch frei, auf dem Sulterkamp behindert nur ein langsam fahrender Bagger den Verkehr. Von weitem aber sehe ich schon die Blechschlange auf der Vogelheimer Straße. An der Kreuzung werfe ich wieder einen Blick in die Hafenstraße. Lkw reiht sich dort an Lkw.
Auf der Vogelheimer Straße geht es nur im Schritttempo weiter. Die meiste Zeit bewegt sich gar nichts. Ein Krankenwagen kommt uns mit Blaulicht entgegen. Nur gut, dass der nicht in die andere Richtung muss.
Laut Ruhrbahn kam es in den vergangenen Tagen auf vielen Buslinien im Essener Norden zu Verspätungen
Nach 20 Minuten verliert der Fahrer vor mir die Nerven, er wendet und fährt zurück. Kurz darauf biegt ein Kastenwagen mit Handwerkerwerbung nach links ab in eine Seitenstraße, mitten hinein ins Wohngebiet voller Einbahnstraßen. Zwei Pkw folgen dem Wagen. Offenbar versuchen sie, den Stau irgendwie zu umfahren, um bald darauf wieder auf der Vogelheimer Straße zu landen. Es gibt kein Entkommen aus diesem Stau. Wer es eilig hat, kommt ins Schwitzen. Weiter vorne fährt ein Lkw, auf dem Hänger transportiert er eine Fasssauna. Wie passend.
Die Blechlawine schiebt sich an Häusern und Haltestellen vorbei, an denen Menschen auf den Bus warten. Laut Ruhrbahn kam es in den vergangenen Tagen wegen der Vollsperrung auf mehreren Buslinien zu Verspätungen von 15 bis 20 Minuten. Seitdem laufe es weitgehend normal. Kann das sein? Wohl kaum. Ein Bus ist nicht zu sehen. Der muss weiter hinten in der Schlange stehen.
Jenseits der Umleitung sind auch andere Straßen im Essener Norden zeitweise völlig überlastet
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt endlich die Gladbecker Straße in Sicht. Bevor ich in die Kreuzung einfahre, schaue ich noch einmal auf die Uhr. Fast eine Stunde habe ich diesmal für die gleiche Strecke wie am Morgen gebraucht, davon 50 Minuten allein für nicht einmal 1500 Meter auf der Vogelheimer Straße. Abenteuerlich.
Auf dem Rückweg zur Redaktion, sehe ich, dass sich der Verkehr auch auf anderen Straßen in Richtung Altenessen staut, auf der Krablerstraße und auf der Hövelstraße. Und das soll bis zum Frühjahr so weitergehen? So lange bleibt die A42 laut Autobahn GmbH noch gesperrt. Ein Albtraum.
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