Essen-Vogelheim. Die Umleitung der A42-Sperrung zwischen Bottrop-Süd und Kreuz Essen-Nord führt mitten durch Vogelheim. Dort sind einige Anwohner mächtig sauer.
Manche Vogelheimer bezeichnen sich als Inselbewohner. Die Wohnbebauung in dem Essener Stadtteil ist umgeben von Firmen und Industrie. Lkw-Verkehr ist man hier demnach gewohnt. Jetzt kommt aber noch eine Schippe drauf, denn die A42 bleibt zwischen der Anschlussstelle Bottrop-Süd und dem Autobahnkreuz Essen-Nord vorläufig gesperrt und die Umleitung führt direkt durch den Stadtteil im Essener Norden.
„Als Anwohner ist das fürchterlich“, sagt Peter Wallutis, der sich schon seit Jahrzehnten über die Verkehrsbelastung speziell auf der Hafenstraße beklagt, an der er wohnt. Fährt ein Lkw vorbei, bebt der Wohnzimmerboden zwar nur leicht, da jetzt der Lkw-Verkehr aber gar nicht mehr abreißt, bebt er eigentlich dauerhaft. Die Fahrbahndecke sei zudem kein Zuckerbelag, die Lärmbelastung entsprechend hoch.
Je später der Tag, desto mehr Stau im Essener Norden
Die Sperrung der Autobahn ist jetzt Dauerthema im Stadtteil. Die Brücke, die über den Rhein-Herne-Kanal führt, ist beschädigt, muss erneuert werden. Der Verkehr wird derzeit umgeleitet. Morgens sei die Situation laut Wallutis noch erträglich („Viele nehmen jetzt vor Weihnachten vielleicht Resturlaub“), je später der Tag, desto kleiner sind jedoch die Lücken. Wallutis erzählt, dass er am Montagnachmittag (18.12.) für eine Strecke von vier Kilometern nach Altenessen 45 Minuten gebraucht habe. Theoretisch zu schaffen ist das auch in 17 Minuten – wenn die Umleitung von der Autobahn nicht wäre. Diese leitet sämtlichen Verkehr direkt durch den Ortskern und verstopft diesen.
Die komplette Berichterstattung zur A42-Sperrung mit Hintergründen, Interview und Fotos finden Sie hier: waz.de/thema/a42-sperrung/
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Sascha Havixbeck wohnt seit elf Jahren in Vogelheim und kennt viele Schleichwege: „Die kennen aber leider auch andere“, hat er festgestellt. Wer durch Wohnstraßen fährt, muss trotzdem irgendwann wieder auf die Vogelheimer Straße als offizielle Umleitung. Dort werde dann niemand mehr hineingelassen, die Stimmung sei teilweise aggressiv. Seine Lösungsvorschläge klingen verzweifelt: Entweder um 4.30 Uhr losfahren, oder einen Helikopter mieten.
Andere Ideen nennt Peter Wallutis, bezeichnet sie allerdings als Forderungen:
- Tempo 30 auf der Hafenstraße
- Die Ampelschaltung an der Kreuzung Vogelheimer Straße/Gladbecker Straße anpassen, damit sich der Stau nicht über die komplette Vogelheimer Straße zieht. Für eine Umprogrammierung seien in der Regel mehrere Wochen an Vorlauf notwendig, hatte die Stadt zuletzt erklärt.
- Messungen von Lärm- und Feinstaub, um eine rechtliche Grundlage zu haben.
- Den Schwerlastverkehr durch den Stadthafen umleiten und damit die Vogelheimer Straße entlasten.
Essener beklagt fehlende Unterstützung von Stadt und Politik
Die Straße durch den Hafen heißt „Am Stadthafen“ und ist nur für Werksverkehr freigegeben. Das entsprechende Schild wird bei einem Ortsbesuch von vielen Lkw- und Autofahrern schlicht ignoriert. Ein Lkw mit Duisburger Kennzeichen nutzt den Weg genau wie ein Autofahrer aus Recklinghausen. „Die meisten nutzen das hier wie eine normale Straße“, sagt Wallutis und ergänzt, dass das im Prinzip die nackte Verzweiflung sei: „Die Lkw fahren hier nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil sie einen Auftrag haben.“ Man würde also nur legalisieren, was sowieso schon passiert. Zuletzt hatte die Stadt erklärt, dass diese Lösung nicht möglich sei, da es sich nicht um öffentlich gewidmete Straßen, sondern um Privatstraßen handele.
Das lässt Wallutis ebenso wenig gelten, wie Karl-Heinz Kirchner, der sich für seinen Stadtteil auch in der Bezirksvertretung 5 einsetzt. Der SPD-Politiker ist mächtig sauer. Seit der Sperrung bekomme er täglich Anrufe von Vogelheimern und werde angesprochen. Er selbst würde jedoch niemanden bei der Stadt erreichen, um seine Ideen und Forderungen zu platzieren. „Ich sehe keine Unterstützung, weder von der Stadt, noch von der Politik“, sagt der Vogelheimer, der sich jetzt mit Gleichgesinnten zusammentun will, um den Druck zu erhöhen: „Wir werden für unsere Forderungen einstehen, protestieren und auf die Straße gehen.“ Im Zweifel wolle er sich auch ankleben: „Es kann nicht sein, dass man uns so alleine lässt.“
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