Essen-Werden. Die Zirkusfamilie Neigert richtet den Weihnachtscircus in Essen aus. Feiert man überhaupt Weihnachten, wenn man täglich arbeiten muss?

Zum sechsten Mal findet ab 21. Dezember 2023 der Weihnachtscircus in Essen-Werden statt. Organisiert und ausgetragen wird er in Eigenregie von der Familie Neigert. Wie ist es, ein Familienunternehmen zu betreiben und gleichzeitig auf engstem Raum zusammenzuwohnen?

  • Zirkusfamilie Neigert richtet zum sechsten Mal den Weihnachtscircus in Essen-Werden aus
  • Es gibt tägliche Aufführungen, auch an Weihnachten und Silvester
  • Familie lebt seit der Kindheit ohne festen Wohnsitz und in Wohnwagen

„Involviert sind wir eigentlich alle“, sagt die 25-jährige Justine Neigert und meint damit das Zirkusgeschäft. Sie ist das zweitälteste Kind vom strategischen Kopf der Familie, ihrem Vater Karl Neigert. Bei den Neigerts hat jedes Familienmitglied eine eigene Rolle: Justine übernimmt etwa die Aufgabe, als Direktorin durch die Zirkusshow zu führen. Ihr Vater Karl spielt den Weihnachtsmann, mit dem Kinder im Vorzelt vor der Show Selfies machen können. Ihre Mutter Stefanie arbeitet im Ticketverkauf. Auch ihre vier Brüder sind entweder selbst in der Show integriert – als Feuerspucker, Artisten oder Clowns – oder kümmern sich im Hintergrund um Organisatorisches.

Zirkusfamilie: Warum jedes Familienmitglied einen eigenen Wohnwagen hat

Aktuell besteht das Familienunternehmen Neigert aus zwölf Mitgliedern – dazu zählen aber nicht nur Eltern und Kinder, sondern unter anderem auch Schwager, Onkel und die Cousine. Justine Neigert und ihre Brüder bilden die sechste Generation der Zirkusfamilie. Inzwischen gebe es sogar noch mehr Nachwuchs: Neigerts jüngster Neffe ist gerade zwei Monate alt, erzählt sie. Der Familiensitz der Neigerts befindet sich im hessischen Wetzlar, aber eigentlich lebt die Familie größtenteils in Wohnwägen.

Justine Neigert moderiert auch in diesem Jahr den Weihnachtscircus in Essen-Werden. Unser Foto zeigt sie 2018.
Justine Neigert moderiert auch in diesem Jahr den Weihnachtscircus in Essen-Werden. Unser Foto zeigt sie 2018. © FUNKE Foto Services | Dana Schmies

Das Leben im Wohnwagen unterscheidet sich laut der 25-Jährigen nicht groß von dem anderer Menschen. „Wie Privatleute in ihren Häusern eigene Zimmer haben, haben wir halt eigene Wohnwagen“, erklärt Neigert. So habe jedes Familienmitglied Privatsphäre und einen Rückzugsort. Darüber hinaus gebe es einen großen Gemeinschaftswohnwagen für die ganze Familie, in dem zusammen gegessen und gemeinsame Zeit verbracht werde. An Weihnachten passiere das zum Beispiel – denn wenn die Weihnachtsshow am 24. Dezember gegen Nachmittag beendet sei, beginne auch für Familie Neigert das Weihnachtsfest. Dann setze die Familie sich zusammen, esse gemeinsam und packe Geschenke aus.

Dafür, dass der Kühlschrank stets gefüllt sei, sorgten ihre Eltern. Sie seien auch die Personen, die das Geld der Familie im Blick hätten. Eigenes Gehalt bekommen die Familienmitglieder keines ausgezahlt – worüber Neigert aber nicht traurig sei, denn „alles, was ich brauche, habe ich wirklich da.“

Wieso die Familie Neigert keine externen Mitarbeitenden einstellt

Die Neigerts sind ein Familienunternehmen im engsten Sinne: eine Großfamilie, die zusammen arbeitet und zusammen wohnt. Und das sei auch der Grund, warum das Unternehmen als Familie so gut funktioniert. Externe Mitarbeitende einstellen? Unvorstellbar, sagt Neigert: „Wir sind halt ein eingespieltes Team.“ Das System lasse praktisch keine weiteren Mitarbeiter zu. Die einzige Ausnahme: Für den Weihnachtscircus, der dieses Jahr zum sechsten Mal stattfindet, holt die Familie stets talentierte Artisten aus der ganzen Welt nach Essen, um die Familie bei ihrem Zirkusprogramm zu unterstützen. Dieses Jahr kommt etwa ein Artist aus Mexiko angereist, um Teil des Zirkusprogramms zu sein.

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Streit gebe es in der Familie Neigert kaum. „Aneinander ecken tun wir in den seltensten Fällen“, so Neigert. Man reiche sich die Hand und helfe sich, wo immer es möglich sei. Von Vorteil sei, dass die ganze Familie freiwillig im Zirkusgeschäft involviert sei. Aussteiger gebe es keine – obwohl ihr Vater sie und ihre vier Geschwister stets ermutigt hätte, einen anderen Job zu erlernen. Daran habe aber keines von den Neigert-Geschwistern ernsthaftes Interesse gehabt, sagt die 25-Jährige. „Man ist da ja reingeboren, in dieses Leben“, sagt sie. „Wenn man das so kennt, dann kann man sich eigentlich gar nichts anderes vorstellen.“ Zum ersten Mal in der Manege gestanden habe sie im Alter von vier Jahren.

Zirkusfamilie Neigert: Kinder besuchen spezielle Zirkusschule in NRW

Die Schule besuchten alle Familienmitglieder – allerdings keine reguläre Schule, sondern eine Schule speziell für Zirkuskinder. Das funktionierte so, dass ein Lehrer dreimal in der Woche zum aktuellen Standort der Kinder kam und ihnen Unterricht gab. Für die restlichen beiden Wochentage gab es dann ordentlich Hausaufgaben – mehr Hausaufgaben als an einer regulären Schule, betont Neigert. Die Abschlussarbeiten wurden am Ende des Jahres im nordrhein-westfälischen Hilden geschrieben, dafür mussten alle Zirkuskinder regelmäßig nach Hilden reisen.

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In der Zirkusschule konnten die Kinder alle Abschlüsse erwerben: Hauptschule, Realschule, sogar das Abitur. Justine Neigert absolvierte so den Realschulabschluss, ihre vier Brüder machten den Hauptschulabschluss. Genutzt hätten sie ihre Qualifikation bisher nicht, denn der Zirkus sei ihre Leidenschaft: „Ich persönlich möchte mir nichts anderes vorstellen und bei meinen Geschwistern ist das auch so“, erklärt die 25-Jährige.

Weihnachtscircus 2023 in Essen-Werden: Shows finden ab 21. Dezember täglich statt

Und wie beginnt ein typischer Tag in der Zirkusfamilie Neigert? „Morgens um kurz vor sieben klingelt der Wecker, dann treffen wir uns meist im Stall und kümmern uns, dass die Tiere Wasser und Heu haben“, sagt Neigert. Die Familie halte aktuell vier große Haflinger, drei kleine Ponys, fünf Ziegen, drei Lamas, sechs Tauben und drei Königspudel. Nicht alle von ihnen seien Teil des Weihnachtscircus in Essen-Werden. Hinter dem Hauptzelt befindet sich ein Tierzelt, daneben ist ein Auslaufgehege für die Tiere aufgebaut. „Dann werden die Tiere geputzt und ins Auslaufgehege gebracht“, sagt Neigert. „Wenn man sie abends wieder reinholt, kann man sie dann noch mal putzen.“

Den Tag verbringe die Familie meist damit, Vorbereitungen zu treffen, zu proben oder eben in Circus-Shows aufzutreten. Die Vorfreude auf den diesjährigen Weihnachtscircus der Familie, der vom 21. Dezember bis zum 7. Januar in Essen-Werden auf dem Gelände des Knaus Campingparks stattfindet, sei groß: „Wir haben ein neues und spannendes Programm vorbereitet“, so Neigert. Im Detail verraten wolle sie das Programm aber noch nicht. „Dafür müssen die Leute schon vorbeikommen.“

Die Shows finden täglich statt

Die Vorstellungen im Weihnachtscircus in Essen-Werden finden vom 21. Dezember bis zum 7. Januar täglich statt – montags bis freitags um 15 Uhr, samstags um 15 Uhr und 19 Uhr, am Sonntag, den 7. Januar 2024 um 11 und 15 Uhr. An Heiligabend und Silvester, beides Sonntage, gibt es jeweils nur eine Aufführung um 13 Uhr.

Die Preise für Eintrittskarten für Kinder liegen bei 16 bis 24 Euro je nach Kategorie, ob Loge oder Parkett, bei Erwachsenen liegen sie zwischen 18 und 26 Euro. Donnerstags ist Familientag, dann kosten alle Plätze im Parkett 10 Euro und in der Loge 15 Euro.

Der Vorverkauf läuft bereits. Eintrittskarten werden täglich von 10 bis 13 Uhr am Eingang des Campingplatzes in Essen-Werden, im Löwental 67, verkauft. Vor Ort ist keine Kartenzahlung möglich.

Weitere Informationen gibt es unter den Info-Hotlines 0162 5389874 oder 01578 9312166.