Essen. Die Zahl der Wohnmobile in Essen hat sich seit 2019 verdoppelt. Offizielle Stellplätze gibt es kaum. Darum führt das zu Beschwerden.
Der allgemeine Camping-Boom hat schon vor Corona eingesetzt, durch die Pandemie hat er aber so richtig an Fahrt aufgenommen. Auch auf Essener Straßen sind deutlich mehr Wohnmobile als vor Corona unterwegs. Das führt mitunter zu Beschwerden, besonders in Wohnstraßen, wo der Parkdruck sowieso hoch ist.
Wohnmobile dürfen in Essen überall geparkt werden
Stadtsprecherin Jacqueline Schröder erklärt, dass die Auswertung der Fahrzeugstatistik in Bezug auf die Anzahl von Wohnmobilen nur bedingt möglich ist, da es Wohnmobile in verschiedenen Fahrzeugklassen und Fahrzeugarten gibt. Unter der Fahrzeugklasse M1 und der Aufbauart SA (Wohnmobil) seien Ende 2019 1105 Fahrzeuge zugelassen gewesen. Unter derselben Fahrzeugklasse und Aufbauart seien es jetzt, knapp zwei Jahre und eine Pandemie später, 2175 Fahrzeuge, also etwa doppelt so viele.
Und wenn diese nicht gerade unterwegs sind, parken sie. Anders als Wohnwagen, also Campinganhänger ohne Motor, dürfen Wohnmobile im öffentlichen Straßenverkehr dort geparkt werden, wo es nicht ausdrücklich durch Schilder untersagt ist. Das führt nach Angaben der Stadt hin und wieder zu Beschwerden. Jacqueline Schröder: „Hintergrund ist, dass die Wohnmobile als störend empfunden werden, da sie Parkraum einnehmen.“ Sie würden aber in der Regel von Anwohnern zur Vor- oder Nachbereitung des Urlaubs dort geparkt und nicht vor Ort touristisch genutzt. Aber auch von Anwohnern länger geparkte Wohnmobile könnten Grund einer Meldung sein.
Beschwerden in Essen-Karnap und Heisingen über geparkte Wohnmobile
An der Lohwiese in Essen-Karnap etwa stehen manchmal sechs bis zehn Wohnmobile, einige nur über Nacht, andere monatelang. „Die Anwohner nervt das“, weiß Thorsten Kaiser vom Karnaper Bürgerbündnis über die Situation an der Lohwiese. Wer guckt schon gerne aus seinem Wohnzimmerfenster auf einen großen weißen Karton? Dem Ordnungsamt sind aber die Hände gebunden, denn verboten ist es nicht – es sei denn, entsprechende Schilder weisen ein Parken nur für Pkw aus oder die Wohnmobile verengen die Straße zu sehr: „Andere Verkehrsteilnehmer beziehungsweise der Verkehrsfluss dürfen nicht behindert werden“, erklärt Polizeisprecher Till von der Meden. Die Beamten waren am 23. Oktober tatsächlich an der Lohwiese im Einsatz, Anwohner hatten eine eingeschlagene Scheibe an einem der Wohnmobile gemeldet.
Vor einigen Monaten hatten sich auch Anwohner am Baderweg und der Straße Lelei in Heisingen beklagt: Zunehmend würde die Straße zum Dauerparkplatz für gewerbliche Fahrzeuge und Anhänger, sowie für Wohnwagen und Wohnmobile unbekannter Besitzer. Den Anwohnern stünden dadurch kaum noch Parkplätze zur Verfügung. Die Bezirkspolitiker schlugen vor, die Straßen nur noch für Pkw-Parken freizugeben, das lehnte die Verwaltung jedoch ab.
Drei Tage Urlaub für Wohnmobilisten nahe der Essener Philharmonie möglich
Der Wohnmobil-Boom zeigt sich jedoch nicht nur in Wohnstraßen, sondern bietet der Stadt auch die Möglichkeit, sich dieser Zielgruppe touristisch mehr zu öffnen. Während das Parken nämlich erlaubt ist, ist das Campieren zu touristischen Zwecken im öffentlichen Raum des Essener Stadtgebiets verboten, wie die Stadt mitteilt. Anhalten, Grill raus und Beine hochlegen, ist also nicht erlaubt – zumindest nicht auf städtischem Grundstück. Mit einer Ausnahme: Fünf offiziell für Wohnmobile ausgewiesene Stellplätze gibt es an der Baedeckerstraße in der Nähe der Philharmonie. Mit Parkschein dürfen Wohnmobilisten dort für drei Tage Urlaub machen. Es gibt auch einen kostenpflichtigen Stromanschluss. Kommerzielle Anbieter sind unter anderem der Knaus-Campingpark im Löwental (Werden) und das Bootshaus Ruhreck in Überruhr.
„Der nächste größerer Stellplatz ist im Revierpark Nienhausen, direkt hinter der Stadtgrenze in Gelsenkirchen“, erklärt Jacqueline Schröder – sieben Kilometer von der Karnaper Lohwiese entfernt. Dort gebe es nicht nur einen Stromanschluss, sondern auch die Möglichkeit zur Ver- und Entsorgung.