Essen. Überschuldung: Die Unterschiede in Essen sind riesig. In zwei Stadtteilen kann jeder Vierte seinen Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen.
Wohnen, Heizen und Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Vor allem Haushalte in Essen mit geringem Einkommen spüren das. So ist die sogenannte Schuldnerquote nach einem Rückgang in den vergangenen Jahren nun wieder gestiegen. Das zeigt der aktuelle Schuldneratlas der Auskunftei Creditreform. Demnach können 12,52 Prozent der erwachsenen Essener und Essenerinnen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Sie gelten als überschuldet. Das betrifft laut Creditreform rund 60.300 Menschen in der Stadt.
Dennoch hält sich der Anstieg der verschuldeten Bürger in Grenzen. Vergangenes Jahr lag die Quote mit 12,45 Prozent nur leicht unter der dieses Jahres. Angesichts der explodierten Lebenshaltungskosten überrascht diese moderate Entwicklung. Doch Jan Stenmans von Creditreform Essen warnt vor einer trügerischen Entspanntheit: „Das schlägt nicht so schnell durch.“ Heißt: Viele Haushalte zehren ihr Erspartes auf, versuchen lange, ihre Schulden noch irgendwie zu bezahlen. Sie suchen erst dann Hilfe, wenn es fast zu spät ist.
Verbraucherzentrale: Wer Schulden hat, sollte sich früh Hilfe suchen
Die Verbraucherzentrale NRW rät deshalb auch, sich möglichst frühzeitig bei einer öffentlich anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle kostenlos Hilfe holen, etwa bei den Wohlfahrtsverbänden, Kommunen oder den Verbraucherzentralen. „Denn meist schafft man den Weg aus den Schulden nicht alleine“, meint Christoph Zerhusen, Jurist und Überschuldungsexperte der VZ NRW .
Creditreform unterdessen erwartet, dass die Schuldnerzahlen auch in Essen in den kommenden Jahren wieder deutlich ansteigen werden. Das hänge vor allem mit den gestiegenen Bauzinsen zusammen, meint Jan Stenmans. Er rechnet damit, dass in nächster Zeit viele Immobilienfinanzierungen platzen. Das betrifft diejenigen, die vor zehn Jahren in der Zinstiefphase Eigentum erworben haben, und nun vor einer Umschuldung mit deutlich höheren Zinsen stehen. Die Zinslast dürfte für den einen oder anderen zu hoch werden. „Das wird kommen. Das knallt dann voll rein“, meint Stenmans. Die häufigsten Ursachen, warum Menschen in die Überschuldung rutschen, sind jedoch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung.
Schuldner-Anteil in Essen: Stadtteile mit der niedrigsten und höchsten Quote
Mit einer Schuldnerquote von 12,52 Prozent liegt Essen deutlich über dem Bundesschnitt von 8,15 Prozent. Im Ruhrgebietsvergleich wiederum bedeutet das Mittelfeld. Städte wie Oberhausen, Duisburg und Herne schneiden schlechter als Essen ab. Die rote Laterne trägt Gelsenkirchen mit 16,62 Prozent.
Allerdings sind die Unterschiede im Stadtgebiet von Essen äußerst groß (siehe Grafik). Creditreform wertet die Quoten nicht für Stadtteile aus, sondern nach Postleitzahl-Bezirken. In Heisingen sind demnach nur 3,57 Prozent der Erwachsenen überschuldet. Damit ist der Stadtteil nicht nur in Essen der mit dem geringsten Anteil, auch ruhrgebietsweit hat Heisingen hinter Bochum-Stiepel die geringste Quote. Ähnlich positiv schneiden Fulerum, Haarzopf, Margarethenhöhe, Bergerhausen, Bredeney, Rellinghausen, Stadtwald, Rüttenscheid und Schuir ab.
Die Brennpunkte, wo die meisten Menschen in Essen mit Geldnöten leben, befinden sich dagegen nördlich der Autobahn 40. In der Vergangenheit war es über viele Jahre die Stadtmitte, wo der Anteil überschuldeter Haushalte am höchsten war. Das hat sich nun etwas verschoben. Im aktuellen Schuldneratlas sind es Frillendorf und Huttrop. Dort können 25,22 Prozent der erwachsenen Bürger ihren Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen – das ist jeder Vierte. Das ist auch die vierthöchste Quote im gesamten Ruhrgebiet.
Ähnlich dramatisch ist die Situation in Altendorf (23,7 Prozent), in der Stadtmitte und im Nordviertel (21,88) sowie in Altenessen-Nord und Altenessen-Süd (19,63). In den beiden letztgenannten Stadtteilen leben auch rein zahlenmäßig die meisten überschuldeten Menschen. Es sind über 4400 Personen.
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