Essen. Im Corona-Jahr 2021 gibt es zwar weniger überschuldete Menschen in Essen als die Jahre zuvor. Doch die Unterschiede in der Stadt sind eklatant.

Überraschung im Corona-Jahr: Anders als von Experten erwartet, ist die Zahl der überschuldeten Menschen in Essen deutlich zurückgegangen. Das geht aus dem Schuldneratlas hervor, den die Auskunftei Creditreform jetzt vorgelegt hat.

Die massive Kurzarbeit mit Lohneinbußen habe sich damit doch nicht so stark ausgewirkt, wie gedacht, meinte Creditreform-Geschäftsführer Philipp Böhme. Im Gegenteil: Wer in eher prekären Branchen wie der Gastronomie gearbeitet habe, sei eben woanders in Lohn und Brot gekommen - meist bei besserer Bezahlung. Hinzu komme, dass viele Haushalte in der Corona-Zeit durch Urlaubsverzicht etc. weniger Geld ausgegeben haben.

Schuldnerquote in Essen sinkt auf 12,94 Prozent

Laut Creditreform können aktuell rund 63.000 Essener und Essenerinnen über 18 Jahre ihre Rechnungen nicht bezahlen. Das sind 7000 weniger als noch vor Corona. Die so genannte Schuldnerquote sank recht deutlich auf 12,94 Prozent. 2020 betrug sie noch 14,17 Prozent und im Vor-Corona-Jahr 2019 14,23 Prozent.

Als überschuldet gilt eine Person, wenn deren Einkommen nicht mehr ausreicht, in absehbarer Zeit Rechnungen oder Kredite zu begleichen bzw. zu bedienen. Die Experten von Creditreform sprechen dann von „schweren Zahlungsstörungen“, die ihnen die Kreditinstitute oder Versandhäuser melden.

Dennoch geben Experten keine Entwarnung. „Über 60.000 Menschen, die in Essen als überschuldet gelten, ist immer noch eine sehr hohe Zahl“, sagte der Geschäftsführer der Essener Schuldnerhilfe, Philipp Hennen. Die Schuldnerhilfe bemerkt indes keinen Rückgang. Der Andrang auf die Beratungsangebote sei ungebrochen, so Hennen. Derzeit ist die Beratung coronabedingt nur mit vorheriger Terminabsprache möglich. Offene Sprechstunden gibt es nicht. Die Folge „Montagmorgen sind die Termine für die Woche schon nach spätestens 20 Minuten ausgebucht“, berichtete Hennen.

Essen belegt vorletzten Platz der Großstädte

Creditreform sieht zwar in Essen wie im gesamten Ruhrgebiet eine leichte Entspannung der Schuldenlage, allerdings gehört Essen mit seiner Schuldnerquote von 12,94 Prozent hinter Duisburg (16,16 Prozent) zu den deutschen Großstädten mit über 400.000 Einwohnern, die die höchsten Raten haben.

Die Unterschiede im Stadtgebiet sind wie in den Vorjahren weiterhin eklatant. Nach wie vor ist Heisingen der Postleitzahlenbereich, wo anteilsmäßig die wenigsten überschuldeten Personen leben. Mit einer Quote von 3,84 Prozent und damit minus 0,6 Punkte zum Vorjahr ist es sogar der Stadtteil, der ruhrgebietsweit am besten da steht.

Dagegen liegt die Schuldnerquote im Postleitzahlenbereich 45139 (Ostviertel/Frillendorf) bei 23,84 Prozent und somit um 0,91 Prozentpunkte höher als vergangenes Jahr. Damit ist dieser Bereich nun der Schuldenbrennpunkt in Essen und der mit der fünftschlechtesten Quote im Ruhrgebiet. Es ist auch das einzige Postleitzahlengebiet, wo der Anteil der Schuldner gestiegen ist. Eine Erklärung dafür hat Creditreform allerdings nicht.

Die Stadtteile mit den höchsten Schuldnerquoten

  • PLZ 45139: Frillendorf, Huttrop, Ostviertel, Südostviertel - 23,84 Prozent
  • 45143: Altendorf, Bochold, Westviertel - 23,46 Prozent
  • 45127: Ostviertel, Südviertel, Westviertel, Stadtmitte - 22,86 Prozent
  • 45326: Altenessen-Nord, -Süd - 20,24 Prozent
  • 45356: Bergeborbeck, Bochold, Borbeck-Mitte, Dellwig, Gerschede, Vogelheim – 18,34 Prozent

Die Stadtteile mit den geringsten Schuldnerquoten

  • PLZ 45259: Heisingen – 3,84 Prozent
  • 45149: Haarzopf, Fulerum, Margarethenhöhe – 4,64 Prozent
  • 45134: Bredeney, Bergerhausen, Stadtwald, Rellinghausen – 4,94 Prozent
  • 45133: Bredeney, Rüttenscheid, Schuir, Stadtwald – 5,24 Prozent
  • 45239 : Bredeney, Fischlaken, Heidhausen, Schuir, Werden – 5,27 Prozent
  • 45289: Burgaltendorf – 5,68 Prozent

Philipp Böhme von Creditreform mag momentan keine Prognose darüber abgeben, wie nachhaltig der jüngste Rückgang ist. Neben Corona gibt es noch Entwicklungen, die unabhängig von Corona zu einer Entspannung geführt haben. Dazu zählt zum einen, dass es seit diesem Jahr eine verkürzte Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren gibt. Zum anderen würden Onlinehändler mittlerweile strenger die Bonität ihrer Kunden prüfen. „Beide Themen werden bleiben“, so Böhme.