Essen. Sie wünschen sich Schokolade, Socken, Kuscheldecken oder Krimis: An zwei Weihnachtsbäumen finden Sie Wunschzettel der Essener Senioren.
Heinz-Otto (74) wünscht sich ein Buch mit Volksliedern, die 81-jährige Annelore einen kleinen Weihnachtsengel und Wilhelm (87) Stoppersocken und ein Rätselheft. Diese und viele andere Wünsche von Senioren haben ihre Betreuer jetzt notiert und hoffen auf möglichst viele Essener und Essenerinnen, die ihnen bei der Wunscherfüllung helfen.
Die beiden Bäume mit den Wunschzetteln stehen in der Einhorn-Apotheke am Markt in der Innenstadt und in der Zentrale der FUNKE-Mediengruppe.
Senioren in Essen wünschen sich Handschuhe, Wolle, Pralinen und Lebkuchen
„Schon im August hatten wir die ersten Anfragen, ob es in diesem Jahr wieder einen Wunschbaum geben wird“, berichtet Birte Barleben. Die Apothekerin hat den Baum erstmals im Jahr 2017 aufgestellt und damals gleich die Herzen vieler Menschen berührt. Diese fasste es an, dass sich die teils hochbetagten Menschen Kleinigkeiten wünschten wie eine warme Mütze, ein Duschgel oder eine Topfpflanze.
Notiert hatten die bescheidenen Wünsche die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Caritas-SkF-Essen gGmbH (CSE), die über ihre stadtweit ein halbes Dutzend Pflegezentren mehr als 1000 pflegebedürftige Menschen zu Hause betreut. Bei vielen sei die Rente so niedrig, dass sie sich ganz alltägliche Dinge nicht leisten könnten, stellten die Teams fest. So entstand die Idee, ihnen zu Weihnachten einmal ihre persönlichen Wünsche zu erfüllen. Birte Barleben ließ sich sofort dafür gewinnen und hat seither Jahr für Jahr einen Wunschbaum aufgestellt.
Viele alte Menschen haben keine Angehörigen, die sie beschenken
Hingen zum Start vor sechs Jahren 118 Wünsche im Baum in der Einhorn-Apotheke, sind es inzwischen mehr als doppelt so viele. Und noch einmal so viele Zettel hängen nun im Wunschbaum im Foyer der FUNKE-Mediengruppe, der inzwischen auch schon fest zur Vorweihnachtszeit gehört. Da liest man, dass sich der 92-jährige Horst zum Fest Wein und Kekse wünscht. Die fünf Jahre jüngere Annemarie hätte am liebsten „selbstgebackene Plätzchen“, Karl-Heinz (90) würde sich über Lebkuchen freuen, Dorothea (87) fände auch Christstollen lecker. Kleine Genüsse, die viele vermutlich mit den Weihnachtsfesten aus den Kindertagen oder der Zeit mit der eigenen Familie verbinden.
Senioren schreiben fast 600 Wunschzettel
Die ambulanten Pflegezentren der Caritas-SkF-Essen gGmbH, das Caritas-Stift Lambertus, die Tagespflege Edith Stein, eine Demenzbetreuung, das Betreute Wohnen und das Hospiz Cosmas und Damian wollen in diesem Jahr zum sechsten Mal mit den Wunschbäumen für leuchtende Augen sorgen: Die Pflegekräfte der Einrichtungen haben die Menschen, die sie betreuen, befragt und fast 600 kleine Wünsche notiert.
Ab Freitag, 24. November 2023, können sich die Essener und Essenerinnen einen Wunschzettel von einem der Bäume nehmen, um den Wunsch zu erfüllen. Die Wunschbäume stehen in der Einhorn-Apotheke (Markt 5 in der Innenstadt) sowie in der Zentrale der FUNKE-Mediengruppe (Jakob-Funke-Platz 1). Das Geschenk im Wert von maximal 20 Euro soll unverpackt in einer Geschenktüte bis zum 12. Dezember wieder dort abgegeben. Bitte befestigen Sie die Karte so an der Geschenktüte, dass sie gut sichtbar ist.
Oft sind die Wünsche nicht nur Ausdruck von Geldknappheit und erzwungener Sparsamkeit, sondern erzählen auch von Einsamkeit, glaubt Birte Barleben. „Die einen können sich bestimmte Dinge nicht leisten, die anderen haben keine Angehörigen mehr, die für sie ein Geschenk besorgen und verpacken.“ Aber die Wunscherfüller, die in ihre Apotheke kommen, haben genau daran offenbar große Freude. Zwar sollen die Gaben nicht eingewickelt, sondern lose in eine Geschenktüte gesteckt werden, doch häufig machen sich die Schenkenden Mühe mit der Gestaltung, legen noch ein kleines Extra dazu oder schreiben eine persönliche Karte.
95-Jähriger wünscht sich einen Ball
„Die Menschen lesen den Wunschzettel und versetzen sich offenbar in die Person hinein, die da einen Wunsch notiert hat“, sagt CSE-Geschäftsführer Andreas Bierod. Sie können sich etwa Gedanken machen über die 88 Jahre alte Irina, die einen Fotorahmen aus Holz haben möchte, über den 95-Jährigen, der sich einen Ball und ein Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel wünscht oder den 82 Jahre alten Herrn, der gern einen Spielzeugzug mit Schiene hätte.
Andere haben Malbücher für Erwachsene notiert, Rätselbücher, Puzzle oder Geduldsspiele. Bei Büchern reicht die Bandbreite vom Katzenbuch über Kriminalromane und Comics bis zu einem Buch über die Polizei und eins mit dem Titel „Aufwachsen in Essen“. Mehrfach wird Wolle zum Stricken gewünscht, einmal „etwas vom BVB oder Marzipan“. Wie schon in den Vorjahren zählen Duschgels, Shampoos, Aftershave, Körperlotion, Kuscheldecken, Wollsocken und warme Handschuhe zu den Top-Wünschen.
Christel hätte gern eine Nagelbürste, Rita eine Gesichtscreme
Auch Fruchtsäfte, Tee oder Schokolade und Pralinen werden notiert. Nachttischlampen stehen hoch im Kurs. Die 90 Jahre alte Christel hätte gern eine Nagelbürste und Rita (87) eine Gesichtscreme. Auch Haarreifen, Spangen, Parfum, Nagellack und eine kleine Handtasche werden von den alten Damen auf ihren Wunschzetteln notiert: ein Hauch von Luxus für den Lebensabend.
An den beiden Wunschbäumen hängen indes nicht ausschließlich Wünsche von alten oder sehr alten Menschen. Denn inzwischen nehmen insgesamt elf Einrichtungen der Caritas-SkF-Essen gGmbH an der Wunschbaum-Aktion teil; darunter auch das Hospiz Cosmas und Damian. Hier werden Menschen betreut wie der 27 Jahre alte Michael, der sich eine Kuscheldecke wünscht, ein Puzzle und einen Krimi, oder Chantal (31), die sich über Schokolade und Stoppersocken freuen würde. Es könnten ihre letzten Weihnachtswünsche sein.
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