Essen. OB Thomas Kufen findet bei einer Solidaritätsveranstaltung für Israel in der Neuen Synagoge klare Worte und warnt vor Aufrufen zum „Völkermord“.

Nach mehreren Pro-Palästina-Demonstrationen im Essener Stadtgebiet in den letzten Tagen hat Oberbürgermeister Thomas Kufen deutliche Worte gefunden, um die Solidarität der Stadt Essen mit Israel zu bekräftigen. In einer Veranstaltung in der Neuen Synagoge erklärte ein erkennbar, ergriffener Kufen am Sonntag: „Wer jetzt die Befreiung Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan“ fordert, der ruft zum Völkermord an Israel auf. So etwas darf in Deutschland und in Essen von niemandem ausgesprochen werden.“

Kufen sprach auf Einladung der jüdischen Kultusgemeinde. In der Neuen Synagoge an der Sedanstraße/Ruhrallee kamen am Mittag Vertreter der Essener Stadtspitze, Essener Abgeordnete aus Berlin und Düsseldorf sowie hochrangige Kirchenvertreter zusammen.

„Antisemitismus gibt es mitten in unserer Gesellschaft in allen Bereichen“

Kufen stellte klar, dass „wir sehr wohl zwischen Palästinensern und der Terrororganisation Hamas unterscheiden“ und räumte ein, dass es auch einen „eingewanderten Antisemitismus“ gebe. „Doch immer noch gibt es Antisemitismus auch in der Mitte unserer Gesellschaft, in allen Teilen. Im politischen Spektrum links und rechts, und selbst in der Community von Schwulen und Lesben, und das macht mich fassungslos“, sagte der Oberbürgermeister vor etwa 100 geladenen Gästen. Kufen bezog sich dabei auf einen Vorfall in Berlin im Sommer, als es zu antisemitischen Zwischenfällen bei einer Parade von Homosexuellen kam. Israel wurde dort unter anderem als „Apartheidstaat“ bezeichnet.

Kufen erinnerte an den Anschlag auf die Alte Synagoge in Essen im November 2022 – wer vor fast einem Jahr auf die Eingangstür des Rabbinerhauses geschossen hat, ist bis heute nicht klar. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Deutschland habe sich innerhalb der letzten zwölf Monate um 240 Prozent gesteigert: „Das jüdische Leben in Deutschland“, schlussfolgerte der Oberbürgermeister, „ist seit Jahrzehnten nicht mehr so bedroht gewesen wie heute. Das beschämt mich zutiefst als Oberbürgermeister der Stadt Essen.“

Ukraine-Flaggen überall in der Stadt – warum keine israelischen?

Besonders die Schulen und andere Bildungsträger seien heute aufgerufen, jungen Menschen zu erklären, welche besondere Rolle Deutschland spielt bei der Bedeutung des Nahost-Konflikts. Kufen mahnte, dass es eine „besondere Kraft, Ausdauer und ein gemeinsames Ziel“ geben müsse: „Und das heißt Frieden.“

Eine Besucherin der Solidaritätsveranstaltung bemängelte, dass nach dem Angriff der Hamas Anfang Oktober die großen Kultur-Institutionen in Essen keine öffentlichen Solidaritätsbekundungen pro Israel vollzogen hätten. „Wenn ich das vergleiche mit der Solidarität, die die Ukraine zum Start des russischen Angriffskriegs erhielt, bin ich enttäuscht“, meldete sich die Frau zu Wort. Viele Ukraine-Flaggen seien seitdem im Stadtgebiet zu sehen, doch von Israel-Flaggen fehle jede Spur.

Kufen erklärte, dass vor dem Rathaus sehr wohl direkt nach dem Angriff der Hamas erst die Flagge Tel Avivs gehisst worden sei, anschließend die israelische Flagge. Dass Kultur- und Jugend-Einrichtungen ebenfalls deutlich Farbe bekennen sollten – diesen Appell nahm er mit und versprach, „mit den entsprechenden Vertretern ins Gespräch zu kommen“.

Im Foyer der Neuen Synagoge sind seit dem Überfall der Hamas zahlreiche E-Mail-Schreiben aufgehängt – Nachrichten von Bürgerinnen und Bürgern an die jüdische Gemeinde. Sie alle haben unaufgefordert ihre Solidarität bekundet und konkrete Hilfsangebote übermittelt.

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