Essen-Werden. Das ging schnell: Wer die Hinweisschilder zum früheren Bischöflichen Tagungszentrum „Kardinal-Hengsbach-Haus“ in Essen-Werden überklebt hat.
Es war nur eine Frage der Zeit: Nachdem die Kardinal-Hengsbach-Statue in der Innenstadt Ende September in einer kurzfristigen morgendlichen Aktion demontiert wurde und Oberbürgermeister Thomas Kufen im Rat die Umbenennung des Kardinal-Hengsbach-Platzes angekündigt hat, soll auch der Name „Kardinal-Hengsbach-Haus“ nicht länger Teil des öffentlichen Lebens in der Stadt Essen sein. Seit einigen Tagen sind nämlich die entsprechenden Hinweise an der Ruhrtalstraße und der Dahler Höhe im Stadtteil Werden überklebt. Ein Gleiches gilt für den markanten roten Aufsteller vor dem Haus selbst.
Der Eigentümer ist überrascht über die verklebten Schilder
Da sich das einstige Bischöfliche Tagungszentrum nun schon seit längerem nicht mehr in Besitz des Bistums Essen befindet, habe man mit dieser Aktion nichts zu tun, erklärt Ulrich Lota, Pressesprecher des Bistums, auf Nachfrage dieser Redaktion. Er verweist auf den neuen Eigentümer.
Doch auch dieser ist von der aktuellen Sachlage offensichtlich überrascht worden. „Wir haben nicht darauf hingewirkt, dass der Name geschwärzt wird“, sagt Hans Reidick, Geschäftsführer des Essener Projektentwicklers FC Real Estate, der das Areal im Frühjahr 2022 erworben hatte. Dennoch habe man tatsächlich vor, den Namen des Hauses in Kürze „zu neutralisieren“. Dies biete sich durch den Besitzerwechsel an. Befördert werde das Vorhaben sicherlich nun durch die Schwere der Vorwürfe gegen den bisherigen Namensgeber: Der Gründer des Ruhrbistums, Kardinal Franz Hengsbach, soll vor Jahrzehnten junge Frauen sexuell missbraucht haben.
Suche nach einem neuen Namen gemeinsam mit dem Bistum
Das Gebäudeensemble soll einen neuen Namen erhalten. Welcher das sein wird, sei noch nicht entschieden, es sei ein offener Diskussionsprozess. „Denn das wollen wir aus Rücksicht auf die Vergangenheit des Hauses gemeinsam mit dem Bistum abstimmen“, betont Hans Reidick.
Priesterseminar und Tagungsstätte
Das Haus wurde 1959 auf dem ehemaligen Grundstück der jüdischen Bankiersfamilie Hirschland erbaut und diente als Priesterseminar. Später wurde die Anlage bischöfliches Tagungshaus. 2022 verkaufte das Bistum Essen die Einrichtung an einen Projektentwickler.
Das Teehaus und der Pergolagarten auf dem Areal stehen unter Denkmalschutz, ebenso der ehemalige Kutschenhof der Hirschlands.
Die Zukunft des nun erst einmal namenlosen Hauses steht indes bis mindestens Ende April 2024 fest: So lange ist der Mietvertrag mit der Stadt Essen über die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft terminiert. Derzeit werde sogar über eine erneute Verlängerung des erstmals 2022 abgeschlossenen Vertrages verhandelt, informiert Architekt Reidick.
Dies sei eine für den Eigentümer komfortable Lösung, „bis sich die Lage auf dem Immobilien- und Baumarkt wieder normalisiert hat und die Firmen nach vorne schauen lässt.“ Denn die aktuelle Situation mit hohem Zinssatz, Fachkräfte- und Materialmangel sowie einer weiterhin unklaren Lage auf dem Energiemarkt durch den Ukraine-Krieg sei für die Realisierung von Bauvorhaben überhaupt nicht förderlich. Reidick: „Bis auf wenige Ausnahmen halten sich alle mit ihren Projekten zurück.“
Zukunft des Haues und Standortentwicklung sind noch offen
Was die spätere Nutzung des Gebäudes und des 45.000 Quadratmeter großen Geländes betreffe, so gingen die Überlegungen von FC Real Estate weiterhin in verschiedene Richtungen, teilt Architekt Hans Reidick mit. Die weitläufigen Gebäude der ehemaligen Tagungseinrichtung könnten zum Beispiel von Firmen aus dem Gesundheits- oder Bildungswesen genutzt werden. „Wir haben unterschiedlichste Interessenten – und viel Zeit.“
Verkehrsbehörde hat der aktuellen Diskussion Rechnung getragen
Keine Zeit verstreichen lassen, hat indes die Stadt. Wie Pressesprecherin Silke Lenz erklärt, sei die Beschilderung in Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion von der Verkehrsbehörde abgeklebt worden: „Da ohnehin eine Entwicklung der Immobilie nach dem zurückliegenden Verkauf des ehemaligen Eigentümers ansteht und auch die Namensgebung sich ändern wird, weicht auch die Beschilderung.“ Nicht geklärt werden konnte bislang, ob für das Abkleben am Eingangsschild ebenfalls die Stadt verantwortlich ist.
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