Essen. Ministerin Ina Brandes lobt in Essen die Stärken der Uniklinik. Etwaige Schwächen sind beim Empfang der Stiftung Universitätsmedizin kein Thema.
Es sollte um medizinische Forschung gehen, um die heilsame Wirkung von Kunst und das Engagement der Stiftung Universitätsmedizin Essen: Die dankte mit ihrem Sommerempfang am Montag (18. 9.) im Museum Folkwang Spendern und Sponsoren, zeigte, wie segensreich deren Geld eingesetzt wird. Mitten drin die Landesministerin für Kultur und Wissenschaft, Ina Brandes (CDU), die zuletzt mit weniger erfreulichen Nachrichten aus dem Kosmos der Universitätsmedizin Essen konfrontiert war.
Patientin vergaß beim Malen die anstrengende Chemotherapie
Nun aber ging es um jene Extras, die weder durch Krankenversicherung noch durch Kliniketat gedeckt sind – und die manche Patienten doch als lebenswichtig erfahren. Wie jene Krebspatientin, die während der Chemotherapie düstere Phasen durchlebte und erst ablehnte, als die Kunsttherapeutin sie zum Malen einlud. Zu geschwächt habe sie sich gefühlt, um mitzukommen, den unvermeidlichen Infusionsständer an ihrer Seite. Doch sie ging mit, malte. „Du vergisst beim Malen die Infusion, schaltest völlig ab, siehst nicht mehr diese weißen Wände – das motiviert Dich.“
Musik half Henri durch den schweren Klinikalltag
Und Motivation wird gebraucht, um die Kraftanstrengung zu erbringen, die manche Behandlung bedeutet, um mit den Rückschlägen klarzukommen – und mit dem schieren Klinikalltag. Als grau, belastend, erschlagend habe sie den oft erlebt, erzählt Friederike Goeke. Drei Monate alt war ihr Baby Henri, als er das erste Mal in die Uniklinik kam, vier Jahre lang sollten Krankenhausaufenthalte sein Leben bestimmen. „Wenn in diesen Alltag ein Mensch mit einem Instrument kommt, weckt das Hoffnung, Lichtblicke.“ Ihr Sohn sei in den sanften Klang der Sansula gehüllt gewesen – und er liebe Musik bis heute. „Es war ein Geschenk, von der Musiktherapie profitieren zu können.“
Stiftung Universitätsmedizin fördert Angebote der Uniklinik
Die Stiftung Universitätsmedizin Essen ist mit dem Anspruch angetreten, „gemeinsam Gesundheit fördern – über die medizinische Grundversorgung hinaus“. So will sie helfen, wichtige Förderprojekte und wegweisende Ideen an der Uniklinik Essen zu realisieren. Ihr Engagement reicht von Motivbildern für Patientenzimmer über Sporttherapie für krebskranke Kinder bis zur Erforschung seltener Krankheiten.
Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine unterstützt die Stiftung das Land und die betroffenen Menschen: Sie hat Hilfstransporte mit medizinischem Material ermöglicht und krebskranke Kinder zur Weiterbehandlung an die Uniklinik Essen geholt. Weitere Infos: www.universitaetsmedizin.de/
Selbstverständlich werde die Arbeit wissenschaftlich begleitet, ihre Wirksamkeit untersucht, betont der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Jochen A. Werner: So sei Universitätsmedizin. Ob es Musik-, Kunst- und Kreativtherapie eines Tages als Regelleistung geben werde, hält Werner für mehr als ungewiss. Umso froher mache es ihn, dass man sie an der Uniklinik mit Hilfe der Stiftung Universitätsmedizin auf eine solide Basis gestellt und im Zentrum für künstlerische Therapien zusammengefasst hat. „Wenn man die Geschichten hört, weiß man, wie viel Liebe den Patienten da entgegengebracht wird.“
Personalisierte Medikamentengabe für Kinder
Die Liebe zu ihren jungen, nierentransplantierten Patienten hat wohl auch Prof. Dr. Thurid Ahlenstiel-Grunow von der Klinik für Kinderheilkunde II der Universitätsmedizin Essen auf ihr Forschungsprojekt gebracht, für das sie an diesem Abend ausgezeichnet wird: Damit Spenderorgane nicht abgestoßen werden, müssen die Kinder sogenannte Immunsuppressiva nehmen, doch bei gleicher Dosierung hatte das höchst unterschiedliche Folgen: „Einige Kinder machten schwerste Infektionen durch, während andere Abstoßungsreaktionen hatten“, beobachtete die Medizinerin besorgt.
Mit Prof. Dr. Felix Nensa vom Essener Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM) leitete sie ein Forschungsteam, zu dem auch Dr. Johannes Holle von der Charité Berlin und Prof. Dr. Burkhard Tönshoff von der Uniklinik Heidelberg gehörten. Gemeinsam untersuchten sie, wie man mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz passgenaue Dosierungen für jeden Patienten entwickeln kann: „Mit unserem Forschungsprojekt wollen wir im Sinne der Präzisionsmedizin einen neuen Schritt der personalisierten immunsuppressiven Therapie einleiten – nach dem Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich“, erklärt Prof. Dr. Thurid Ahlenstiel-Grunow.
Ministerin lobt das starke Netzwerk der Universitätsmedizin
Im besten Fall könne man so die Komplikationen nach Nierentransplantationen reduzieren und das Überleben des transplantierten Organs verlängern. „Langfristig wollen wir die Lebensqualität, Entwicklung und Lebenserwartung der transplantierten Kinder verbessern.“
Dafür verleiht Wissenschaftsministerin Ina Brandes der Forschungsgruppe den mit 200.000 Euro dotierten „Hermann-Seippel-Preis“. Der Deutsche Forschungspreis für Kinderheilkunde würdigt das Projekt, „das die Überlebenschancen der Patienten entscheidend verbessert“. Mit dem Preisgeld könne das Team seinen innovativen Ansatz weiterverfolgen, von dem dann auch Transplantierte anderer Organe profitieren sollen. Besonders hebt die Ministerin die bundesweite Zusammenarbeit hervor, „das starke Netzwerk“, das die Uniklinik für ihr Forschungsvorhaben geknüpft habe. Ina Brandes spricht von einer „Stärke der Universitätsmedizin Essen“. Etwaige Schwächen sind an diesem Abend kein Thema.