Essen. Ministerinnen bekräftigen Beschluss, das Fotoinstitut gegen den Expertenrat in Düsseldorf anzusiedeln. Neue Gründungskommission nimmt Arbeit auf.

Es soll eine „frohe Botschaft“ für den Fotostandort NRW sein, für die Stadt Essen allerdings ist es eine bittere Absage: In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) und Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) am Montagmorgen (18. September) die Gründungskommission für das Deutsche Fotoinstitut in Düsseldorf vorgestellt. Damit steht nun auch endgültig fest: Das Institut von bundesweiter Bedeutung kommt in die Landeshauptstadt und nicht nach Essen – entgegen der Empfehlung von Experten und einer seit langem vorliegenden Machbarkeitsstudie.

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Die Entscheidung, die der Haushaltsausschuss in Berlin Ende vergangenen Jahres zugunsten Düsseldorfs getroffen und damit „zum dritten Mal bekräftig habe“, so Roth, sei „in Kenntnis aller Vorarbeiten und Studien“ getroffen worden, betonte die Kulturstaatsministerin. Es sei eine „bewusste Entscheidung des Parlaments auf inhaltlicher Grundlage“ getroffen worden. Was diese inhaltlichen Grundlagen sind und warum man sich trotz der vielen für Essen sprechenden Argumente eben für Düsseldorf entschieden habe, ließ die Ministerin erneut offen.

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„Die Entscheidung für Düsseldorf ist eine rein politische“

Die Entscheidung, das Deutsche Fotoinstitut in NRW anzusiedeln, ist für NRW-Kulturministerin Ina Brandes „nur folgerichtig“. Damit würde nicht nur der Einfluss solch prägender Protagonisten wie die Düsseldorfer Fotografen Bernd und Hilla Becher deutlich, „die neue Maßstäbe für die künstlerische Fotografie“ gesetzt hätten, sondern auch die Bedeutung einer so maßgeblichen Ausbildungsstätte wie der Essener Folkwang Universität der Künste, sagt NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU. Brandes betonte dabei einmal mehr, das neu zu schaffende Institut solle eine „wissenschaftliche Einrichtung sein, kein Museum“.

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Umso erstaunter zeigt man sich deshalb von Seiten der Folkwang Universität der Künste, dass wissenschaftliche Aspekte bei den Ausführungen der Ministerinnen keine Erwähnung gefunden hätten. Die weite Spannbreite des Sujets von der dokumentarischen bis zur journalistischen und angewandten Fotografie werde ausgeblendet, fürchtet Folkwang-Professorin Elke Seeger. Allem Anschein nach gehe es allein um die künstlerischen Belange der Fotografie, wie es die Konzepte des Star-Fotografen und Düsseldorfer Fotoinstitut-Initiators Andreas Gursky in der Vergangenheit erkennen ließen.

„Wir haben eine Verantwortung, Bilder zu bewahren“

„Wir haben eine Verantwortung, Bilder zu bewahren. Wenn Bilder verschwinden, verschwindet ein Stück kollektiven Gedächtnisses“, mahnt hingegen Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter. Einzelne Museen widmeten sich zwar schon der Archivierung und Restaurierung bedeutender Fotokonvolute, „meist aber mit spezifischem Sammlungsprofil. Es fehlt die übergreifende Programmatik“, sagt Gorschlüter, vielleicht sogar eine „nationale Perspektive“. Ob diese nun von der Gründungskommission im wie von Claudia Roth gewünschten „intensiven Dialog“ mit der Fotoszene entwickelt werden kann, muss sich zeigen.

Die Essener Bürgerinitiative Deutsches Fotoinstitut: zeigt sich jedenfalls enttäuscht: „Die Entscheidung, das Foto-Institut des Bundes in Düsseldorf anzusiedeln, ist eine rein politische gewesen. Dabei sind die Belange und die Kompetenz der Fotostadt Essen nicht berücksichtigt worden. Wir wissen, dass maßgebliche Fotografen der Fotokunst-Szene diesen Entschluss bedauern. Die Standortfrage ist aber leider abschließend beantwortet“, heißt es in Stellungnahme, und weiter: „Wir befürchten, dass die Essener Expertise und insbesondere die der Folkwang Universität der Künste nicht ausreichend eingebunden wird. Und wir sind empört darüber, dass weder die Kultur-Staatsministerin Claudia Roth noch die NRW-Kulturministerin Frau Brandes eine Begründung dafür liefern konnten, dass die beiden vorhandenen Gutachten, die sich für Essen als Standort aussprechen, bei der Entscheidung komplett ignoriert wurden“, so Richard Kiessler, Sprecher der Bürgerinitiative.

OB Thomas Kufen sagt: „Weder Ort noch konkrete Inhalte stehen fest“

Das ist die Gründungskommission

Zur Gründungskommission des Deutschen Fotoinstituts gehören neben Peter Gorschlüter, Direktor des Essener Folkwang-Museums, auch die Düsseldorfer Museumsleiter Susanne Gaensheimer (Kunstsammlung NRW), Felix Krämer (Museum Kunstpalast), Katrin Pietsch (Foto-Restauratorin Universität Amsterdam), Christian Scheidemann (selbstständiger Restaurator New York), Inka Schube (Kuratorin am Sprengel-Museum Hannover) und Moritz Wegwerth (Fotograf und Vorsitzender des Düsseldorfer Vereins zur Gründung und Förderung eines Deutschen Fotoinstituts).

Oberbürgermeister Thomas Kufen zeigt sich im Anschluss an die Düsseldorfer Pressekonferenz nicht sonderlich überrascht. „Weder Ort noch konkrete Inhalte zum geplanten Fotoinstitut stehen fest. Aus meiner Sicht wird sich die Gründungskommission nochmals mit den Ergebnissen der damaligen Expertenkommission beschäftigen müssen“, sagt Kufen. „Wir bringen uns weiterhin mit unserer Expertise und unseren Institutionen ein. Stadtrat und Verwaltung haben noch einmal bekräftigt, Essen als Fotostadt weiterhin stärken zu wollen. Von mir selbst wird deshalb in der kommenden Ratssitzung ein Haushalt eingebracht, der 250.000 Euro für Maßnahmen vorsieht, um in Forschung und Lehre, Archivierung und Kuratierung von Fotokunst am Standort Essen zu investieren – die Fortschreibung des Haushaltes im Jahr 2025 wird die gleiche Summe enthalten. Maßgeblich beteiligt werden dabei die Essener Institutionen wie das Museum Folkwang, das Historischen Archiv Krupp, die Folkwang Universität der Künste und die Stiftung Ruhr Museum. Essen wird sich weiterhin als Fotostadt profilieren.“

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