Düsseldorf. NRW-Kulturministerin Ina Brandes sagt zu, dass das oft diskutierte Deutschen Fotoinstituts in Düsseldorf schneller als in zehn Jahren fertig ist.

NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) legt sich fest: „Es wird sicherlich keine zehn Jahre dauern, bis das Deutsche Fotoinstitut fertiggestellt ist“, sagte sie am Montag bei der Vorstellung der Gründungskommission für eben dieses Institut in Düsseldorf. Man müsse ja nicht unbedingt an einen Neubau denken, die Nutzung eines Gebäudes im Bestand komme ebenso in Frage. Auch Kultur-Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte zuvor bereits betont, dass das Institut „ein Vorbild für Nachhaltigkeit“ sein solle: „Klimaschutz muss deshalb bei Bau und Betrieb von Anfang an mitgedacht werden!“

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Doch bis von einem Betrieb die Rede sein kann, wird es noch dauern: Die Gründungskommission, die ursprünglich im Januar zum ersten Mal zusammenkommen sollte und eigentlich zehn Mitglieder haben sollte, kann erst jetzt ihre Arbeit aufnehmen – und hat nur sieben Köpfe. Dem Vernehmen nach hat sich das Kultur-Staatsministerium eine Absage nach der anderen aus der Foto-Szene eingehandelt. Dort ist die Verärgerung über die politische Entscheidung für Düsseldorf und gegen Essen, das von zwei Experten-Gutachten als besser geeigneter Standort klassifiziert worden war, immer noch groß.

Gründungskommission mit Susanne Gaensheimer, Peter Gorschlüter und Felix Krämer

Claudia Roth betonte, der Haushaltsausschuss des Bundestages habe dreimal den Beschluss für ein Foto-Institut in Düsseldorf gefasst, zuletzt „bewusst in Kenntnis aller vorhandenen Studien.“ Es sei aber höchste Zeit gewesen, die Standort-Debatte zu beenden; aus Nord- und Süddeutschland habe es bereits Avancen gegeben für den Fall, dass man sich in NRW nicht einigen könne: „Aber dann wäre das gesamte Projekt Fotoinstitut auf den Prüfstand gestellt worden“ – was das bei der derzeitigen Haushaltslage bedeute, könne man sich ausrechnen.

Die Mitglieder der Gründungskommission für das Bundesinstitut für Fotografie (von links), Moritz Wegwerth, Fotograf, Christian Scheidemann, Restaurator, Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung NRW, Felix Krämer, Leiter des Museums Kunstpalast in Düsseldorf und Peter Gorschlüter, Direktor des Museums Folkwang.
Die Mitglieder der Gründungskommission für das Bundesinstitut für Fotografie (von links), Moritz Wegwerth, Fotograf, Christian Scheidemann, Restaurator, Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung NRW, Felix Krämer, Leiter des Museums Kunstpalast in Düsseldorf und Peter Gorschlüter, Direktor des Museums Folkwang. © dpa | Henning Kaiser

Der Kommission gehörten nun an: Susanne Gaensheimer (Direktorin der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf), Peter Gorschlüter (Direktor des Folkwang Museums), Felix Krämer (Direktor des Museums Kunstpalast Düsseldorf), Katrin Pietsch (Foto-Restauratorin Universität Amsterdam), Christian Scheidemann (selbstständiger Restaurator New York), Inka Schube (Kuratorin am Sprengel-Museum Hannover) und Moritz Wegwerth (Fotograf und Vorsitzender des Düsseldorfer Vereins zur Gründung und Förderung eines Deutschen Fotoinstituts). Die Kommission hat nach Angaben der Ministerinnen keinen zeitlichen Rahmen für ihre Arbeit gesetzt bekommen, die präziseste Auskunft dazu lautete: „zügig“. Es gehe um eine „breitestmögliche Expertise“ und einen „sehr breiten Dialog mit der gesamten Foto-Szene“.

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Erst wenn die Kommission die Grundzüge des Instituts festgelegt hat, sollen Fragen der Trägerschaft und der Betriebskosten geklärt werden. Ministerin Roth nannte, was die Konzeption angeht, das Deutsche Literaturarchiv in Marbach als denkbares Vorbild. Dort werden Nachlässe von Autorinnen und Autoren gesammelt, betreut und erforscht; kleine Ausstellungen und Vorträge, Diskussionen etc. machen die Arbeit Fachleuten und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich. Claudia Roth sprach von einem „Kulturprojekt von internationaler Strahlkraft“ und benutzte innerhalb weniger Sätze dreimal das Wort „lebendig“.

Peter Gorschlüter zitiert Humphrey Bogart aus „Casablanca“

Ina Brandes stellte klar, dass es nicht um ein neues Museum geht, sondern um eine wissenschaftliche Einrichtung mit einem Forschungs- und einem Archivbereich, in der das fotografische Erbe der Republik gesichert werden soll. Museums-Chefin Susanne Gaensheimer sprach zudem davon, dass es auch um die Zertifizierung etwa digitaler Fotografie sowie um „neue Impulse für die Restaurierung des sensiblen Mediums Fotografie“ gehe. Ihr Kollege Peter Gorschlüter vom Essener Museum Folkwang zitierte, sicher auch mit dem Blick auf die Auseinandersetzung zwischen Düsseldorf und Essen, Humphrey Bogart aus Casablanca: „Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ – der Satz falle am Schluss ja auch zwischen jahrelangen Rivalen. Gorschlüter erinnerte daran, dass der 1942 in den USA angelaufene Film erst zehn Jahre später in der jungen Bundesrepublik in die Kinos kam, und zwar in einer Fassung, aus der alle Anspielungen auf das Nazi- und das Vichy-Regime herausgeschnitten worden seien; die Originalfassung war in Deutschland erst 1975 zu sehen: schon das lehre, wie wichtig das Bewahren des kulturellen Erbes und der Originale sei. Gorschlüter fügte eine Songzeile aus „As Time Goes By“ hinzu: „Die wesentlichen Dinge entfalten ihre Bedeutung im Laufe der Zeit.“

Hier eine kurze Chronik der Debatten um das Deutsche Fotoinstitut:

Sommer 2019: ein von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) veranstaltetes Symposium in Berlin ergibt, dass es den Bedarf für ein Foto-Institut des Bundes gibt, das nach Vorbild des Marbacher Literaturarchivs die Nachlässe von Fotografinnen und Fotografen sammelt

– November 2019: der Haushaltsausschuss des Bundestages gibt in einer nächtlichen 41,5 Millionen Euro frei für ein Foto-Institut des Bundes in Düsseldorf; betrieben wird die Initiative dazu vom Düsseldorfer Star-Fotografen Andreas Gursky, dem es vor allem um Standards und Techniken zur Reproduktion und zum Erhalt von digitaler Fotografie geht

– März 2020: eine von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) eingesetzte Kommission von Fotografie-Fachleuten plädiert wegen der bereits vorhandenen Kompetenzen, Institutionen und Sammlungen für Essen als Standort eines Fotoinstituts

– März 2021: eine Machbarkeitsstudie plädiert dafür, das Foto-Institut in Essen anzusiedeln; die Kosten dafür werden auf 125 Millionen Euro beziffert; 50 Stellen sind vorgesehen, die Fertigstellung sei bis 2027 denkbar; die Lösung in Düsseldorf mit dem vorgeschlagenen Standort Hofgarten würde klar teurer werden

– August 2021: ein geplantes Vermittlungstreffen im Bundeskanzleramt kurz vor der Bundestagswahl, zu dem Kultur-Staatsministerin Monika Grütters (CDU) die streitenden Städte sowie NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) eingeladen hatte, wird von der Düsseldorfer Delegation unter Oberbürgermeister Stephan Keller boykottiert.

– November 2022: wiederum in einer Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses wird beschlossen, die 2019 zugesagte Summe des Bundes auf 43 Millionen Euro zu erhöhen

– Dezember 2022: das NRW-Kulturministerium kündigt an, noch im Januar werde die Gründungskommission für das geplante Institut zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten

– März 2023: Kultur-Staatsministerin Claudia Roth umreißt in einer Rede zum „European Month of Photography einen maximal großen Aufgaben-Katalog für das künftige Bundesinstitut für Fotografie

– September 2023: Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) kündigen an, dass die siebenköpfige Gründungskommission für das Fotoinstitut in Düsseldorf ihre Arbeit aufnehmen soll.