Essen-Frohnhausen. Der Stadtteil Essen-Frohnhausen hat spannende Hinterhöfe, wenig bekannte Ecken und viel Geschichte. Auf Tour mit Stadtführer Ingo Pohlmann.
Wie sah das Leben in den Fünfziger Jahren in Essen-Frohnhausen aus? Stadtführer Ingo Pohlmann zeigt das mit seinen Rundgängen. Die Teilnehmenden sagen am Ende: „Das war nicht nur interessant – das war auch lecker!“
Wo waren damals welche Läden, welche Werkstätten? Pohlmann ist für seine Tour zuvor ins Stadtarchiv gestiegen, hat sich Firmennamen notiert und alles mit Adressbüchern der Zeit abgeglichen. Pohlmann zählt auf: „Dort, wo heute der Bioladen ist, war früher Tapeten Schmale, dahinten der Schneider Kalbitzer, hier ein Gärtnereibedarf. Dort drüben war Kaisers Kaffeehaus, gegenüber Metzger Schocke.“
Zwischendurch steht immer noch ein Haus schief
Wir gehen vom Frohnhauser Markt in die Pollerbergstraße, dort verdichten sich Industrie- und Zeitgeschichte. Hier stand eine der sieben Kruppschen Konsumanstalten in Frohnhausen und Pohlmann erinnert an das unrühmliche Ende des „Konsums“ im Co-Op-Skandal. Ein schiefstehendes Haus zeigt auf, wie Frohnhausen von Bergsenkungen betroffen war: „Hier wurde noch bis in die 1930er Jahre Kohle abgebaut.“ Der Mülheimer Bergwerksverein, der auch zahlreiche Häuser im Quartier besaß, existierte bis 1966. In der ehemaligen Gaststätte „Schloßkeller“ werde demnächst die „Frohnhauser Sudwerkstatt“ eröffnen mit selbst gebrautem Bier, gibt eine Teilnehmerin zu verstehen.
In der Hausnummer 17 saß die Deutsch-Schwedische Gesellschaft. Die Hunger leidenden Kinder bekamen die legendäre „Schwedenspeisung“. Sie bestand aus Fleischsuppe, Gebäck und ein bisschen Obst. Pohlmann verzieht das Gesicht: „Und aus Lebertran.“ An der Kölner Straße führt er durch ein Tor in einen Innenhof: „Hier war nach dem Krieg die Mechanische Wäschefabrik Heinrich Rautenberg.“ Überhaupt waren die Frohnhauser Hinterhöfe nicht wie in Berlin zu Wohnzwecken, sondern mit Gewerbe bebaut. Es gab Sattlereien, Schlossereien und Schmieden wie die von Meister Hans Wessling: „Der beschallte dann die ganze Nachbarschaft.“
Schauspieler Heinz Drache: Er wuchs in Essen-Frohnhausen auf
Nach dem Krieg waren hier unzählige Tante-Emma-Läden und Milchgeschäfte: „Kühlschränke in Wohnungen waren noch nicht Standard.“ Pohlmann weist auf die Mülheimer Straße: „Dort war das Haushaltswarengeschäft von Wilhelm Drache.“ Sohn Heinz war in den 1950er Jahren in zahlreichen TV-Hauptrollen, zum Beispiel in vielen Edgar-Wallace-Filmen, zu sehen. So richtige Berühmtheit erlangte er 1962 als Kriminalinspektor Harry Yates im sechsteiligen Straßenfeger „Das Halstuch“.
Am Ende serviert Fleischermeister Frank Zech am Frohnhauser Markt das Wirtschaftswunder-Menü: Soleier, kesselfrische Fleischwurst mit Kartoffelsalat und Endivien-Durcheinander, Wackelpudding und „Milchmädchen“-Kondensmilch. Dazu noch ein Drink von der benachbarten „Cocktailpost“.
Frank Zech ist Gastgeber mit Leib und Seele, sieht sich aber auch in der Pflicht, etwas zu tun für „seinen“ Stadtteil. Er ist überzeugt davon, dass es „nur förderlich ist, wenn wir Frohnhausen beleben. Wenn wir die Nachbarschaft wieder zusammenbringen, zu wieder mehr miteinander.“ Das eigens zur Veranstaltung kreierte Logo wurde vom benachbarten „Goldfarb Tattoo“ entworfen, was das Gemeinsame noch einmal unterstreicht.
Die Teilnehmer an diesem spannenden Frohnhauser „Doppelpack“ sind jedenfalls begeistert und recken den Daumen hoch: „Sehr informativ und total lecker.“
Kontakt Ingo Pohlmann: 01575-20 10 754; nächste Termine: www.stadtfuehrungen-essen.de
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